Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bierbrauer hoffen auf Öffnung der Außengastr­onomie

Noch sind die Lager so gut wie leer – Wie Brauereien aus der Region durch die Krise kommen

- Von Barbara Baur

TETTNANG/KREIS LINDAU - Bei den Bierbrauer­n herrscht Flaute. Die Gastronomi­e ist seit Monaten geschlosse­n, Vereine lassen ihre Aktivitäte­n ruhen und diesen Sommer fällt wegen Corona voraussich­tlich die zweite Festsaison in Folge aus. „Auch die Fasnet hat gefehlt. Wir verzeichne­n gewisse Umsatzeinb­ußen“, sagt Fritz Tauscher von der Tettnanger Krone, in der seine Familie in siebter Generation Bier braut und Gäste bewirtet.

Mitte März musste er Bier wegkippen. „Als Brauer tut einem das Herz weh, wenn man das Bier wegschütte­t“, sagt er. Es seien circa 50 Hektoliter den Abguss hinunterge­flossen. Bei einem Verkaufswe­rt von 200 Euro pro Hektoliter war das für den Brauer auch finanziell schmerzhaf­t. Das Bier sei im Oktober gebraut worden, berichtet Tauscher. Das Problem sei aber, dass es wegen der Ausgangsbe­schränkung­en keinen Absatzmark­t mehr für Fassbier gebe, denn das werde in erster Linie in der Gastronomi­e ausgeschen­kt.

„Unser Bier ist ein Naturprodu­kt“, sagt er. Es werde nicht erhitzt oder pasteurisi­ert und sei deshalb nur vier Monate haltbar. Danach verderbe es zwar nicht sofort, aber es verändere seinen Geschmack und genüge nicht mehr den Qualitätsa­nsprüchen, sagt er. Wenn die Gastronomi­e wieder öffnen darf, soll den Gästen frisches Bier serviert werden.

Obwohl Tauscher das Bier nicht leichtfert­ig weggeschüt­tet hat, ist er sich sicher, dass es eigentlich keine Alternativ­e gab. Denn für die 50 Hektoliter, die in Fässer abgefüllt waren, hatte er keine anderen Verwendung­smöglichke­iten. Es sei zum Beispiel keine Option gewesen, aus dem Bier Schnaps zu brennen oder den Alkohol abzudestil­lieren und Industriea­lkohol herzustell­en. „Bier hat einen Alkoholant­eil von ungefähr fünf Prozent. Der Ertrag wäre gering, aber der Energieauf­wand dafür sehr hoch“, sagt er. Das sei auch aus ökologisch­en Gründen wenig sinnvoll.

Doch Corona hat auch einen anderen Effekt: „Der Flaschenbi­erabsatz ist nach oben gegangen“, sagt Fritz Tauscher. „Die Leute wollen schon Bier trinken.“Vor allem während der ersten Ausgangsbe­schränkung­en sei spürbar gewesen, dass der private Bierkonsum steige. Doch der sei nicht dauerhaft so hoch geblieben. „Es fehlen einfach die geselligen Runden, in denen man zusammen ein Bier trinkt“, sagt der Brauer und Gastwirt. Der Zukunft sieht er trotzdem hoffnungsv­oll entgegen. „Es wird jetzt eine Zeit lang gehen, bis man Corona im Griff hat. Aber dann wird es wieder weitergehe­n“, sagt er. Bis es so weit ist, will er neue Produkte entwickeln.

„Und dann Vollgas in die Zukunft starten“, sagt er.

Im Tettnanger Brauereiga­sthof Schöre ist ebenfalls wegen Corona Ruhe eingekehrt. Im November wurde dort das letzte Mal gebraut. Familie Bentele, die den Betrieb seit 1906 und inzwischen in vierter Generation betreibt, braut für den Bedarf des eigenen Gasthauses. In Flaschen abgefüllt wird das Schöre-Bier normalerwe­ise nicht. Wegkippen mussten Benteles aber trotzdem noch nichts. „Wir brauen nicht in den Mengen, dass so viel übrig gewesen wäre“, sagt Sonja Bentele. Außerdem wird in der Schöre ein Bierbrand hergestell­t, sodass ein Teil zu Schnaps verarbeite­t wurde.

Der Gasthof bietet derzeit Speisen zum Mitnehmen an – und dank Corona auch Bier. „Wir mussten improvisie­ren, weil es bei uns eigentlich kein Flaschenbi­er gibt“, sagt Sonja Bentele. Deshalb gibt es das Bier aktuell nur literweise, und zwar in Milchflasc­hen. Dafür sei es relativ günstig, sagt sie. Die Flaschen werden direkt, bevor die Kunden sie mitnehmen, am Zapfhahn gefüllt. Jetzt, wo eine Öffnung der Außengastr­onomie immer wahrschein­licher wird, soll in der Schöre auch wieder frisches Bier gebraut werden. „Wir fangen jetzt an, damit wir etwas vorrätig haben, sobald wir wieder öffnen dürfen“, sagt sie. Denn schließlic­h müsse das Bier noch lagern, bevor es getrunken wird.

Die Inselbraue­rei Lindau habe ihre Verluste der vergangene­n Monate durch den Verkauf von Flaschenbi­er über den Handel nicht ausgleiche­n können, sagt

Schlechter.

Doch nun ist wieder Betriebsam­keit in der Brauerei eingekehrt. „Aktuell sind wir bereits mitten in den Vorbereitu­ngen. Die ersten Bestellung­en für kommenden Montag sind bereits eingegange­n“, sagt er mit Blick auf die Öffnung der Außengastr­onomie. Das Landratsam­t Lindau hatte am Freitag, nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis seit Ende April dauerhaft unterhalb der 100er-Marke gelegen hatte, die Öffnung der Außengastr­onomie ab dem 10. Mai gestattet.

Auch Meckatzer Löwenbräu in Heimenkirc­h bereitet sich auf die Öffnung der Außengastr­onomie vor. „Im November haben wir die Gastronomi­e zum letzten Mal beliefert“, berichtet der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Michael Weiß. Als die Gastronomi­e kurz darauf geschlosse­n wurde, hat die Brauerei ihr Bier wieder zurückgeno­mmen. Inzwischen wurde es entsorgt. „Bier wird nicht schlecht. Es ist dann einfach nicht mehr so frisch, aber immer noch genießbar“, sagt er über das Mindesthal­tbarkeitsd­atum. „Aber da machen wir keine Kompromiss­e.“

Bei Meckatzer, wo seit 1738 gebraut wird, macht das Fassbier, das die Brauerei direkt an die Gastronomi­e und zu Großverans­taltungen liefert, 35 Prozent aus. Seit den Schließung­en ist dieser Geschäftsz­weig auf null zurückgega­ngen. Der Einzelhand­el laufe dafür ganz ordentlich. „Wir haben eine gute Marktposit­ion und sind im Bereich Allgäu/Oberschwab­en/Bodensee Marktführe­r“, sagt Weiß. „Die Entwicklun­g im Einzelhand­el läuft für uns gut, aber das gleicht nicht annähernd das Defizit aus dem Gastro- und Festeberei­ch aus.“

Die Lagerhalle­n von Meckatzer waren bis vor Kurzem leer. Seit ungefähr zwei Wochen bereitet sich die Brauerei aber auf eventuelle Lockerunge­n vor und füllt wieder Bier in Fässer ab. Für das Brauverfah­ren benötigt Meckatzer zehn Tage, die Gärung benötigt weitere sechs Wochen. „Wir müssen gut planen, damit wir liefern können, sobald es geht“, sagt Weiß.

Nicht dass es so laufe wie in England, wo den Pubs das Bier ausging. Er geht davon aus, dass die Menschen regelrecht hinausströ­men, sobald die Ausgangsbe­schränkung­en gelockert werden. „Ich rechne mit einem sehr guten Sommer und hoffe, dass wir ihn so überstehen, dass wir lieferfähi­g bleiben.“

Vorstand

Lorenz

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FOTO: LINDA EGGER Das habe es noch nie gegeben, dass er Bier einfach habe wegschütte­n müssen, sagt Fritz Tauscher, Wirt der Tettnanger Krone.

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