Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bierbrauer hoffen auf Öffnung der Außengastronomie
Noch sind die Lager so gut wie leer – Wie Brauereien aus der Region durch die Krise kommen
TETTNANG/KREIS LINDAU - Bei den Bierbrauern herrscht Flaute. Die Gastronomie ist seit Monaten geschlossen, Vereine lassen ihre Aktivitäten ruhen und diesen Sommer fällt wegen Corona voraussichtlich die zweite Festsaison in Folge aus. „Auch die Fasnet hat gefehlt. Wir verzeichnen gewisse Umsatzeinbußen“, sagt Fritz Tauscher von der Tettnanger Krone, in der seine Familie in siebter Generation Bier braut und Gäste bewirtet.
Mitte März musste er Bier wegkippen. „Als Brauer tut einem das Herz weh, wenn man das Bier wegschüttet“, sagt er. Es seien circa 50 Hektoliter den Abguss hinuntergeflossen. Bei einem Verkaufswert von 200 Euro pro Hektoliter war das für den Brauer auch finanziell schmerzhaft. Das Bier sei im Oktober gebraut worden, berichtet Tauscher. Das Problem sei aber, dass es wegen der Ausgangsbeschränkungen keinen Absatzmarkt mehr für Fassbier gebe, denn das werde in erster Linie in der Gastronomie ausgeschenkt.
„Unser Bier ist ein Naturprodukt“, sagt er. Es werde nicht erhitzt oder pasteurisiert und sei deshalb nur vier Monate haltbar. Danach verderbe es zwar nicht sofort, aber es verändere seinen Geschmack und genüge nicht mehr den Qualitätsansprüchen, sagt er. Wenn die Gastronomie wieder öffnen darf, soll den Gästen frisches Bier serviert werden.
Obwohl Tauscher das Bier nicht leichtfertig weggeschüttet hat, ist er sich sicher, dass es eigentlich keine Alternative gab. Denn für die 50 Hektoliter, die in Fässer abgefüllt waren, hatte er keine anderen Verwendungsmöglichkeiten. Es sei zum Beispiel keine Option gewesen, aus dem Bier Schnaps zu brennen oder den Alkohol abzudestillieren und Industriealkohol herzustellen. „Bier hat einen Alkoholanteil von ungefähr fünf Prozent. Der Ertrag wäre gering, aber der Energieaufwand dafür sehr hoch“, sagt er. Das sei auch aus ökologischen Gründen wenig sinnvoll.
Doch Corona hat auch einen anderen Effekt: „Der Flaschenbierabsatz ist nach oben gegangen“, sagt Fritz Tauscher. „Die Leute wollen schon Bier trinken.“Vor allem während der ersten Ausgangsbeschränkungen sei spürbar gewesen, dass der private Bierkonsum steige. Doch der sei nicht dauerhaft so hoch geblieben. „Es fehlen einfach die geselligen Runden, in denen man zusammen ein Bier trinkt“, sagt der Brauer und Gastwirt. Der Zukunft sieht er trotzdem hoffnungsvoll entgegen. „Es wird jetzt eine Zeit lang gehen, bis man Corona im Griff hat. Aber dann wird es wieder weitergehen“, sagt er. Bis es so weit ist, will er neue Produkte entwickeln.
„Und dann Vollgas in die Zukunft starten“, sagt er.
Im Tettnanger Brauereigasthof Schöre ist ebenfalls wegen Corona Ruhe eingekehrt. Im November wurde dort das letzte Mal gebraut. Familie Bentele, die den Betrieb seit 1906 und inzwischen in vierter Generation betreibt, braut für den Bedarf des eigenen Gasthauses. In Flaschen abgefüllt wird das Schöre-Bier normalerweise nicht. Wegkippen mussten Benteles aber trotzdem noch nichts. „Wir brauen nicht in den Mengen, dass so viel übrig gewesen wäre“, sagt Sonja Bentele. Außerdem wird in der Schöre ein Bierbrand hergestellt, sodass ein Teil zu Schnaps verarbeitet wurde.
Der Gasthof bietet derzeit Speisen zum Mitnehmen an – und dank Corona auch Bier. „Wir mussten improvisieren, weil es bei uns eigentlich kein Flaschenbier gibt“, sagt Sonja Bentele. Deshalb gibt es das Bier aktuell nur literweise, und zwar in Milchflaschen. Dafür sei es relativ günstig, sagt sie. Die Flaschen werden direkt, bevor die Kunden sie mitnehmen, am Zapfhahn gefüllt. Jetzt, wo eine Öffnung der Außengastronomie immer wahrscheinlicher wird, soll in der Schöre auch wieder frisches Bier gebraut werden. „Wir fangen jetzt an, damit wir etwas vorrätig haben, sobald wir wieder öffnen dürfen“, sagt sie. Denn schließlich müsse das Bier noch lagern, bevor es getrunken wird.
Die Inselbrauerei Lindau habe ihre Verluste der vergangenen Monate durch den Verkauf von Flaschenbier über den Handel nicht ausgleichen können, sagt
Schlechter.
Doch nun ist wieder Betriebsamkeit in der Brauerei eingekehrt. „Aktuell sind wir bereits mitten in den Vorbereitungen. Die ersten Bestellungen für kommenden Montag sind bereits eingegangen“, sagt er mit Blick auf die Öffnung der Außengastronomie. Das Landratsamt Lindau hatte am Freitag, nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis seit Ende April dauerhaft unterhalb der 100er-Marke gelegen hatte, die Öffnung der Außengastronomie ab dem 10. Mai gestattet.
Auch Meckatzer Löwenbräu in Heimenkirch bereitet sich auf die Öffnung der Außengastronomie vor. „Im November haben wir die Gastronomie zum letzten Mal beliefert“, berichtet der geschäftsführende Gesellschafter Michael Weiß. Als die Gastronomie kurz darauf geschlossen wurde, hat die Brauerei ihr Bier wieder zurückgenommen. Inzwischen wurde es entsorgt. „Bier wird nicht schlecht. Es ist dann einfach nicht mehr so frisch, aber immer noch genießbar“, sagt er über das Mindesthaltbarkeitsdatum. „Aber da machen wir keine Kompromisse.“
Bei Meckatzer, wo seit 1738 gebraut wird, macht das Fassbier, das die Brauerei direkt an die Gastronomie und zu Großveranstaltungen liefert, 35 Prozent aus. Seit den Schließungen ist dieser Geschäftszweig auf null zurückgegangen. Der Einzelhandel laufe dafür ganz ordentlich. „Wir haben eine gute Marktposition und sind im Bereich Allgäu/Oberschwaben/Bodensee Marktführer“, sagt Weiß. „Die Entwicklung im Einzelhandel läuft für uns gut, aber das gleicht nicht annähernd das Defizit aus dem Gastro- und Festebereich aus.“
Die Lagerhallen von Meckatzer waren bis vor Kurzem leer. Seit ungefähr zwei Wochen bereitet sich die Brauerei aber auf eventuelle Lockerungen vor und füllt wieder Bier in Fässer ab. Für das Brauverfahren benötigt Meckatzer zehn Tage, die Gärung benötigt weitere sechs Wochen. „Wir müssen gut planen, damit wir liefern können, sobald es geht“, sagt Weiß.
Nicht dass es so laufe wie in England, wo den Pubs das Bier ausging. Er geht davon aus, dass die Menschen regelrecht hinausströmen, sobald die Ausgangsbeschränkungen gelockert werden. „Ich rechne mit einem sehr guten Sommer und hoffe, dass wir ihn so überstehen, dass wir lieferfähig bleiben.“
Vorstand
Lorenz