Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Käpt’n Eisbärs achter Streich
Frank Hördler war bei allen Titeln der Berliner mit dabei
BERLIN (SID) - Die Stimme heiser, die Augen müde: Die Spuren der langen, ungewöhnlichen Partynacht konnte Frank Hördler nicht verbergen, als er bei der digitalen Meisterfeier der Eisbären Berlin Eishockey-Geschichte in Worte fasste. „Acht Titel, das ist verrückt“, sagte der Kapitän des Jubiläumschampions, „das ist Wahnsinn. Es war eine verrückte Reise.“Zum achten Mal hatte Käpt’n Eisbär am Abend zuvor den Silberpokal der Deutschen Eishockey Liga (DEL) in die Höhe gereckt – nach dem Finale um die 100. deutsche Meisterschaft. Am Ende einer besonderen Saison, die wegen der Corona-Pandemie lange unsicher war und dann in einem Wahnsinnstempo durchgepeitscht wurde – mit zuletzt 23 Spielen in 47 Tagen.
„Wir haben alle Widrigkeiten, Corona, keine Fans, alles was gegen diese Saison sprach, abgeschüttelt“, betonte der 36-Jährige. Dazu gehörte auch der Rahmen der Feierlichkeiten: Die DEL-Rekordmeister freuten sich allein in der Mannschaftskabine – mit Zigarren, Bier und Schampus bis in die frühen Morgenstunden. Am Samstag folgte statt Autokorso durch die Stadt eine virtuelle Feier über den YouTube-Kanal. Mittendrin Hördler, der als einziger Spieler acht DEL-Titel gewonnen hat und eigentlich – so sinnierte die Clublegende Sven Felski bei MagentaSport – den Pokal in sein Wohnzimmer stellen müsste. „Vielleicht kann man sowas anfertigen lassen“, meinte der ewige Eisbär, „und es am Ende der Karriere da reinstellen.“
Dieser Zeitpunkt ist aber noch nicht in Sicht. Nach 18 Profijahren will niemand im Club auf den zuverlässigen Verteidiger, den Führungsspieler ohne große Worte, den Olympiazweiten von 2018 verzichten. „Er kann bei uns so lange spielen, wie er will“, sagte Geschäftsführer Peter John Lee, „er ist ja Teil der Familie.“
Hördler steht wie kaum ein anderer für den früheren DDR-Serienmeister, der nach der Wiedervereinigung unter neuem Namen erst zum Kultclub und dann zur sportlichen Nummer 1 der DEL wurde. „Vom Scheißhaus ins Penthouse“, umschrieb der damalige Manager Lorenz Funk die Entwicklung Ende der 1990er-Jahre, als der ehemalige SC Dynamo erstmals ins Finale vorstieß.
Hördler ist vom goldenen Jahrgang 1985, der die Eisbären zur besten Adresse im deutschen Eishockey gemacht hat, der letzte Verbliebene. Mittlerweile ist der einstige Stasi-Verein zum deutschen Ableger des USUnterhaltungskonzerns AEG des Milliardärs Philip Anschutz geworden, der aus Los Angeles kontrolliert und mit Millionen alimentiert wird.
Hördler hat zwischen 2005 und 2013 die ersten sieben Meisterschaften miterlebt, sieht nun die eine oder andere Parallele zum Beginn der erfolgreichsten Phase. Trainer Serge Aubin habe „von seiner Art her viel Ähnlichkeit mit Don Jackson“. Mit dem Coach also, der damals als Eisbären-Cheftrainer für fünf Titel in sechs Jahren verantwortlich war.