Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Angehörige schildern den Unfallhergang
Klinikum Friedrichshafen richtet Spendenkonto ein – Baby und Beifahrerin geht es besser
FRIEDRICHSHAFEN - Bei einem Autounfall am Klinikum wurde am Freitag der 39-jährige Fahrer getötet, seine hochschwangere Schwester verstarb am darauffolgenden Tag. Das mit Notkaiserschnitt geholte Baby wird zur Zeit noch in einer Spezialklinik in Ulm versorgt, eine weitere Beifahrerin liegt im Krankenhaus. Unfallursache war nach Aussagen der Familie ein Herzinfarkt des Fahrers, den er bereits auf Höhe des Parkhauses erlitten habe. Deshalb habe er verkrampft auf dem Gaspedal gestanden.
Nezrin A. ist am Montag äußerlich gefasst. Sein Bruder Denis hat durch den Unfall am Freitag seine Frau Ramona und seinen Schwager verloren. Sein neugeborenes Kind ist stabil und wird nach Aussagen der Familie noch diese Woche nach Friedrichshafen gebracht. Ramona war am Freitag auf dem Weg ins Klinikum Friedrichshafen, um ein Beratungsgespräch zu führen, da am Montag, 10. Mai, der reguläre Entbindungstermin gewesen wäre – ein planmäßiger Kaiserschnitt. Um nicht mit Bahn und Bus fahren zu müssen, hatte ihr Bruder angeboten, sie zu fahren.
Nezrin A. fällt es nicht leicht, die Geschichte zu schildern, die sich dann in der Zufahrt zur Klinik abgespielt hat. Auf Höhe des Parkhauses habe der Bruder von Ramona einen Herzinfarkt oder Herzanfall erlitten und sei verkrampft auf dem Gaspedal stehen geblieben. Das kann die Polizei noch nicht bestätigen, geht aber davon aus, dass ein solcher Grund die Ursache für den Unfall gewesen sein könnte. Näheres sei erst nach einer unter Umständen noch durchzuführenden Obduktion des Fahrers feststellbar, sagt eine Sprecherin der Polizei.
„Ramona hat sich abgeschnallt und wollte zwischen den Sitzen nach der Handbremse greifen“, erzählt Nezrin A. Das ist ihr nicht mehr gelungen. Beim Aufprall wurde ihr Körper zwischen die Sitze gedrückt. „Sie hat sehr viel Blut verloren, musste viele Bluttransfusionen bekommen, hat es aber trotzdem nicht mehr geschafft.“
Denis A. findet kaum Worte. Seine Frau ist tot und hinterlässt eine fünfjährige Tochter und einen elfjährigen Sohn. Die Familie aus dem Bodenseekreis hatte für die Ankunft des Babys bereits alles hergerichtet. Es hätte alles so schön werden können. Jetzt wohnt Denis A. mit den beiden Kindern und der Mutter seiner Frau bei seinem Bruder. Die Mutter, die bei dem Unfall ihren Sohn und ihre Tochter verloren hat, ist selbst schwer krank, kümmert sich aber um die Enkel.
Wie es weitergehen soll, wissen sie alle nicht. Nezrin musste sich im Internet bereits üble Beschimpfungen anhören. „Das klammern wir gerade aus, da wollen wir nichts mit zu tun haben“, sagt Nezrin A. Und es bleiben Fragen. „Gibt es einen Gott? Wie sollen wir das den Kindern erklären? Die Fünfjährige hat ihrer Mama etwas zu Muttertag gebastelt. Wir haben ihr erzählt, dass das die Mama bestimmt vom Himmel aus sehen kann. Was fühlt das Baby, wenn es größer wird? An seinem Geburtstag sind seine Mutter und sein Onkel gestorben.“Nezrin A. will jetzt nur seinem Bruder und den Kindern helfen, ihnen Unterstützung geben, so gut es geht. Die Familie kann sich helfen, aber unter Umständen gehört da mehr dazu.
„Ein Mensch verliert, vermutlich auf Grund eines gesundheitlichen Problems, auf dem Weg ins Klinikum, die Kontrolle über sein Auto und prallt in eine Mauer. Der Ausgang des Unfalls ist unfassbar tragisch, auch für die Mitarbeitenden des Klinikums Friedrichshafen“, schreibt am Montag die Sprecherin des Klinikums Friedrichshafen, Medizin-Campus Bodensee (MCB), Susann Ganzert. Der MCB hat ein Spendenkonto eingerichtet.