Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wangen hat Wohnraum für Störche
Vom Erstbezug über Singlenest bis zur altbewährten Familienbrutstätte ist alles dabei
WANGEN - Jetzt ist es amtlich, wieder einmal brüten mindestens zwei Storchenpaare in Wangen ihren Nachwuchs aus. Dabei haben sich die Tiere an bewährter und ganz neuer Stelle niedergelassen. Zudem sind weitere Brutpaare auch für diese Saison noch nicht ausgeschlossen. Ein Überblick.
„Wir haben in Wangen aktuell zwei brütende Storchenpaare“, bestätigt Georg Heine, Vorsitzender vom Naturschutzbund (Nabu) in Wangen. Die Bestätigung eines dritten Brutpaares könnte bald folgen. Seit Jahren hat der Vogelexperte die „Sommerresidenzen“von Meister Adebar im Allgäu im Blick. Von den vier bekannten, potenziellen Standorten für die Nester der großen Vögel auf dem Erba-Kamin, auf dem Kornhaus, auf dem Dach des Hauses Hubertus (Herrenstraße 14) sowie in Neuravensburg sind nach seiner Aussage bislang zwei von einem Brutpaar belegt. In Neuravensburg sieht es zudem nach einem „Erstbezug“aus.
„Auf dem Kornhaus brütet bislang noch kein Paar“, sagt der Vogelexperte. Zwar sei immer wieder ein Storch am Nest zu sehen, mache aber keine Anstalten, dieses auszubauen. Daher habe er die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass sich auch an dieser Stelle noch ein Paar niederlassen könnte. „Ihm scheint der Platz zu gefallen, aber vielleicht fehlt ihm einfach noch das passende Weibchen“, zieht Heine hier sein Schlüsse.
Sollte er die passende Gefährtin noch dieses Frühjahr finden, sei auch hier eine Brut noch nicht ausgeschlossen. Allerdings ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass aus der Singlewohnung noch in diesem Frühjahr ein Einfamilienquartier wird. Sollte es sich hier tatsächlich um ein junges Tier handeln, dem der Platz gefällt und dass noch keinen Partner hat, ist der Experte für die kommende Brutsaison aber optimistischer.
„Auf dem Erba-Kamin wird definitiv wieder gebrütet“, bestätigt Vogelexperte Georg Heine. Dies könne er spätestens seit seinem letzten Kontrollgang sagen. Bereits in den zurückliegenden Wochen konnte er hier das bruttypische Verhalten registrieren, weshalb hier auch bereits in etwa zwei Wochen mit einem Schlüpfen des Nachwuchses zu rechnen sei. „Sie haben früh angefangen und werden die ersten in Wangen sein“, rechnet er vor. Seit Jahren wird auf dem Erba-Kamin verlässlich gebrütet.
Aufgrund von Umbauarbeiten, war ein Nisten an dieser Stelle eine Zeit lang nicht möglich und der angebotene Ersatznistplatz wurde von den Tieren nicht akzeptiert. Nach dem Ende der Bauarbeiten sind die Tiere jetzt aber in der zweiten Saison in Folge wieder auf „ihrem“Turm.
„Auf dem Haus Hubertus in der Herrenstraße brütet ebenfalls sicher ein Paar seinen Nachwuchs aus“, weiß Heine nach seinem jüngsten Beobachtungsgang aus der Stadtmitte zu berichten. Aus dem Dachfenster eines Nachbarhauses konnte der Vogelexperte einen Blick auf das Nest werfen, welches das Paar sicher zwischen den Haken der „Lawinenfängern“angelegt hat. Seit Wochen waren die Tiere immer wieder auf den Dächern der Stadt gesichtet worden und hatten Anlass zu Spekulationen gegeben, ob und wenn ja, wo sich ein Paar einnisten könnte. Da der
Neubau etwas später fertig geworden ist, als das Nest auf dem ErbaKamin, rechnet er hier auch mit einem späteren Schlüpfdatum. Bis dahin könne man das Paar auf dem Dach aber sehr gut klappern hören, „was immer ein gutes Zeichen ist.“
„Wir sind seit einigen Tagen guter Dinge, dass der Horst auf der Weide von einem Storchenpaar angenommen worden sein könnte“, berichtet Neuravensburgs Ortsvorsteher Hermann Schad. Man sehe die Vögel immer wieder mit Nistmaterial zu der Plattform auf dem Baumstamm fliegen. „Aber ich glaube, sie sind noch nicht beim Brüten“, ordnet Schad das Treiben des Paares ein. Es wäre das erste Mal, dass sich ein Storchenpaar an diesem Platz niedergelassen hätte.
Vor zwei Jahren wurde die von den Vögeln selbstgewählte Brutstätte von der Spitze einer Mobilfunkantenne auf einem Neuravensburger Privathaus an diese Stelle verlegt. Im vergangenen Jahr war die Plattform dann leer geblieben.
Dass es sich bei dem jetzt beobachteten Storchenpaar um die Vögel handeln könnte, die ihren ursprünglichen Platz im Ort verloren hatten, glaubt Schad eher nicht.
Das umgesiedelte Paar sei am Ende im Winter gar nicht mehr weggeflogen „und hätte bestimmt schon vor einem Monat angefangen zu brüten“, erklärt Schad mit einem Schmunzeln und erinnert damit an die Episode, wie die Umsiedlung seinerzeit um eine Brutsaison verschoben werden musste, weil die Tiere bereits überraschend früh im Jahr ein Ei ins Nest gelegt hatten. „Ihre letzte Brut war so früh geschlüpft, da wurde anderenorts noch am Nest gebaut“, erklärt der Ortsvorsteher.
Alte Bekannte oder neu Zugereiste, das ist dem Ortsvorsteher dann aber auch nicht wichtig. „Wir haben die Plattform hier auf dem Stamm angebracht, damit sie auch genutzt wird und es wäre wirklich schön zu sehen, dass die Tiere sie erstmals annehmen.“