Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Details zu den archäologischen Ausgrabungen in Bad Waldsee
Erste Funde und Erkenntnisse vorgestellt – Stadtmauer um 1500 umgekippt – Öffentliche Veranstaltung geplant
BAD WALDSEE - Bei den archäologischen Grabungen auf der Baustelle des Verwaltungsneubaus am Stadtsee sind interessante Fundstücke zu Tage getreten. Andreas Heine vom Fachbereich Bauen und Stadtentwicklung hat die Gemeinderäte jüngst über Details informiert.
Wie bereits berichtet sind bei den Grabungen Stadtmauerreste aus drei Jahrhunderten entdeckt worden. Heine führte die Funde und Erkenntnisse entsprechend der Zeiträume einzeln auf. Und so begann er mit dem Zeitraum des Hochmittelalters. Dieser Epoche zuordnend seien Pfosten und Gruben vorgefunden worden, „die für eine hochmittelalterliche Besiedlung des 12./13. Jahrhunderts, also vor der Stadtgründung, sprechen“.
Weiter ging es mit Zeitraum der Stadtgründung in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts (blau eingefärbte Fläche im Bild). Zu jener Zeit wurde die erste Stadtmauer errichtet. „Das Südosteck der Stadt wird von einem großen, arbeitseinheitlich mit der Stadtmauer errichteten Gebäude eingenommen, dessen Nordbegrenzung gerade noch erfasst werden konnte“, war während der Präsentation auf der Großbildleinwand im Haus am Stadtsee zu lesen. Es ist im Außenmaß gut 12,50 Meter lang und wohl mehr als 9 Meter breit. Es sei gut denkbar, dass das Barockkloster sich auf die westliche Außenmauer stützt – in diesem Fall wäre der Grundriss quadratisch. „Wegen der mäßigen Fundamenttiefe bei großem Gebäudegrundriss ist nicht von einem Turm auszugehen, sondern eher von einem repräsentativen Adelssitz oder dergleichen, wie sie etwa in Mengen die Stadtecken markieren.“
Geschirr- und Ofenkeramik sowie Tierknochen aus dem 13./14. Jahrhundert wurden ebenfalls gefunden. Generell habe es insgesamt sehr viele Funde aus dem Spätmittelalter und der frühen Neuzeit gegeben. Unter den Fundstücken befinden sich eine vollständig erhaltene Ofenkachel, eine Napfkachel und Fragmente einer frühen Tabakpfeife.
Heine widmete sich anschließend dem Zeitraum der Stadterweiterung um 1403 (grün gefärbter Bereich). „Im Zuge der Stadterweiterung um die Wurzacher Vorstadt wird die östliche Stadtgrenze um neun Meter Richtung See verlegt. Das neu gewonnene Gelände wird stellenweise mit Wackenschüttungen, eventuell auch Holzsubstruktionen befestigt“, ging aus der Präsentation hervor. In den Aufschüttungen habe es unter anderem Hinweise auf eine Glasproduktion gegeben, die wohl im 14. Jahrhundert außerhalb der Stadt zu verorten gewesen sein könnte. „Das massive Eckhaus der Stadtgründungzeit wird niedergelegt, an seine Stelle tritt ein dreizoniger Bau, im Erdgeschoss dürfte ein Kachelofenstandort an der Mitte der westlichen Außenwand zu rekonstruieren sein.“
Im Anschluss berichtete Heine vom Abkippen der neuen Stadtmauer um 1500 beziehungsweise dem frühem 16. Jahrhundert (gelb-grüner Bericht): „Möglicherweise in Zusammenhang mit menschengemachten Änderungen des Seespiegels kippt die neue Stadtmauer um oder kurz nach 1500 in Richtung See, ohne vollständig kaputtzugehen. Die in Mitleidenschaft gezogenen Häuser scheinen repariert worden zu sein, die Stadtmauer selbst wird außen mit Stützpfeilern gesichert.“Binnen kurzer Zeit seien die spätmittelalterlichen Gebäude innerhalb der Stadt dann doch aufgegeben worden, ihre Nutzung schien nicht weit in das 16. Jahrhunderts hineingereicht zu haben.
In der Folge sei wieder auf „sicherem Terrain“gebaut worden. Der Nachfolgebau wurde daher wieder auf die ältere Stadtmauer beziehungsweise die Fundamente des alten Eckbaus gebaut. Dieser Bau blieb bestehen bis zur Gründung des Franziskanerklosters 1650.
Und so ging Heine auf eben jene Zeit der Gründung des Franziskanerklosters ein (roter Bereich). Mit dem Bau des Franziskanerklosters wird das Areal neu strukturiert. Die marode Stadtmauer wird aufgegeben. Das Kloster nutzt erneut die sicheren Fundamente der Stadtgründungszeit: „Die Südostecke der ehemaligen Altstadt wird von einem zweischiffigen Bau mit zwei Pfeilern in der Symmetrieachse eingenommen. Das zugehörige Kopfsteinpflaster verweist auf eine eher wirtschaftliche Nutzung, zum Beispiel als Küche.“
Zu guter Letzt ging Heine auf den Gefängnisbau-Zeitraum im 19. Jahrhundert ein (oranger Bereich). Im südlichen Hofbereich sei wohl in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit dem abgerissenen Gefängnis ein neuer Großbau einhergegangen. „Es sind Fundamente der Nordund Westwand sowie einer Innenhofumgrenzung erkennbar. Stellenweise ist noch der Kunststeinboden erhalten“, geht aus der Präsentation hervor. Das Gefängnis war etwa 19 Meter lang.
Gleich mehrere Stadträte informierten sich danach, was mit dem Mauerüberresten geschieht. Heine ließ wissen, dass die Erkenntnisse der Ausgrabungen während einer öffentlichen Veranstaltung gegen
Ende des Jahres noch vorgestellt werden sollen. Andererseits machte er deutlich, dass „die alten Stadtmauern in den Bestand integriert und unter einer Bodenplatte geschützt werden“. Rita König warb dafür, die Überreste mittels eines Glasbodens anschaulich zu machen. Heine entgegnete, dass das Landesdenkmalamt dies nicht befürwortet, da eine bestmögliche Lagerung nur komplett geschützt unter der Erde gewährleistet sei. An den Ausgrabungen waren neben der Stadt Bad Waldsee und dem Landesdenkmalamt auch Sören Frommer von der Firma „Historische Archäologie“beteiligt.