Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Viele Verletzte, hoffnungsvolle Nachwuchsspieler – und ein bemerkenswertes Goalieduell
Die Ravensburg Towerstars nach der DEL2-Saison 2020/2021 in der Einzelkritik – Zwei Talente wagen den Sprung in die DEL
RAVENSBURG - Mit vier Rückkehrern aus dem Meisterjahr verstärkt, starteten die Ravensburg Towerstars im November furios in die DEL2-Saison, brachen fürchterlich ein, erholten sich und schafften es am Ende – nach dem fast schon obligatorischen Trainerwechsel – doch noch knapp in die Play-offs. An guten Einzelspielern mangelte es in Ravensburg eigentlich nur zum Schluss, als die Verletztenliste absurd lang wurde. Mannschaftlich geschlossen wirkten aber nur die Zeit bis kurz vor Weihnachten und die Endphase der Corona-Saison 2020/ 2021. Die Einzelkritik:
Trainer
Rich Chernomaz: Ein schlimmes 1:7 in Frankfurt war Mitte Februar die eine Niederlage zu viel für den Meistercoach der Saison 2018/2019. Es schien, als habe der große Motivator Chernomaz den Zugriff auf die Mannschaft nahezu restlos verloren. Die Fans trauerten ihm trotzdem nach. Dass er die Towerstars zum Titel führte, wird ihm niemand vergessen.
Marc Vorderbrüggen: Als Co-Trainer durfte er von Chernomaz lernen, um als Interimslösung von jetzt auf gleich die große Verantwortung über eine verunsicherte Mannschaft zu übernehmen. Vorderbrüggen rechtfertigte das Vertrauen, auch wenn es am Ende der Hauptrunde knapp wurde mit der Qualifikation für die Playoffs. Führte die Mannschaft bis ins Halbfinale. Wird wieder Co-Trainer. Ganz sicher wird er das aber nicht den Rest seiner Karriere bleiben.
Goalies
Jonas Langmann: Kam mit dem exzellenten Ruf des Meistergoalies von seinem missglückten Ausflug nach Nürnberg zurück. Verletzte sich in der Vorbereitung schwer. War überraschend schon im Januar wieder auf dem Eis. Zeigte selten sein ganzes Können. Verlor zum Saisonhöhepunkt das Duell gegen Schmidt.
Olafr Schmidt: Blieb in Ravensburg, obwohl Langmann zurückkehrte. War sehr wertvoll, als Langmann verletzt fehlte. War sehr wertvoll, als es in die Play-offs ging. Hielt überragend in den Serien gegen Tölz und Kassel. Wechselt zur kommenden Saison zum EV Landshut.
Niklas Treutle: Weil die DEL erst ganz spät startete, war Treutle für eine Ausleihe zu haben. Die Towerstars schlugen zu und waren froh, ihn wenigstens ein paar Spiele als Ersatz für den verletzten Langmann zu haben. Großartige Reflexe auf der Linie.
Verteidigung
Pawel Dronia: Der Abwehrchef. Absolut unverzichtbar. Wenn er auf dem Eis war, war alles gut. Wenn nicht, dann nicht. War vor allem zu merken, als er lange verletzt fehlte. Zu den Play-offs war er wieder fit und zeigte gewohnt starke Leistungen.
James Bettauer: Super Verpflichtung. Überragender Offensivverteidiger. Bildete mit Dronia eine erste Defensivreihe, die sich absolut sehen lassen kann. Zweimal länger verletzt, quälte sich in den Play-offs mit Schulterschmerzen. Hat verlängert.
Kilian Keller: Der Schmerzensmann. War wieder mal verletzt (nur 39 Saisonspiele), kämpfte sich aber zurück und warf sich immer voll rein. Ein unglücklicher Stockstich bei einem Bandencheck in den Play-offs beendete seine Saison vorzeitig. Will (und muss) nächste Saison stärker zurückkommen. Bleibt ein wichtiger Eckpfeiler der Towerstars.
Daniel Stiefenhofer: Ein Riese in der Abwehr. Harter Hund. Umso ärgerlicher, dass er sich gleich im ersten Play-off-Spiel verletzte.
Maximilian Kolb: Machte die gesamte Saison über Maximilian-KolbSachen. Verlässlich verteidigen, von Verletzungen verschont bleiben, aber auch: offensiv unauffällig bleiben.
Patrick Seifert: Erst wollten die Towerstars ihn nicht mehr, dann waren sie froh, dass er während der Saison verfügbar war. Einer der wenigen Ravensburger mit Konstanz. Half zudem als Nebenmann den Talenten Bergen und Sezemsky.
Eric Bergen: Einer der Spieler der Saison. Nutzte seine Eiszeit voll, um sich weiterzuentwickeln. Ihn stoppte nur sein Abitur, das in die entscheidende Saisonphase fiel. Die Zukunft gehört ihm. Bleibt den Towerstars als „Ravensburger Gesicht“erhalten.
Tim Sezemsky: Lange holte er sich wichtige Eiszeit in Lindau. Zur entscheidenden Saisonphase dauerhaft im Towerstars-Kader. Zeigte, warum sie in Ravensburg langfristig mit ihm planen. Mutige Auftritte in den Playoffs. Auch ihm gehört die Zukunft.
Mike Card: Kam unter der Saison aus Bad Nauheim, weil den Towerstars die Verteidiger ausgingen. Fügte sich sehr gut ein, bearbeitete die Gegner mit Herzenslust. Ihn stoppte eine Leistenverletzung, bevor die Play-offs starteten. Wird nicht zurückkommen.
Sören Sturm: Als Topscorer der Vorsaison mit großen Erwartungen gestartet. Enttäuschte zu Beginn, sein Wechsel zur Jahreswende zum Erzrivalen ESV Kaufbeuren kam dennoch völlig überraschend.
Tim Bender: Auch der zweite Nürnberger Leihspieler mit Länderspielerfahrung überzeugte.
Sturm
Joshua Samanski: Weil in Kanadas Nachwuchsliga nicht gespielt wurde, kam er nach Ravensburg. Frühes Saisonhighlight war die U20-WM, bei der er sich allerdings mit dem Coronavirus infizierte. Festes Mitglied der ersten Reihe mit Hospelt und Henrion. Wurde der Shootingstar der Playoffs
und einer der Towerstars-Spieler der Saison. Traf oft in den Play-offs und legte auch noch den einen oder anderen Treffer vor. Steht vor einem Karrieresprung und wechselt zur neuen Saison in die DEL.
Justin Volek: Das Ravensburger Eigengewächs erlebte ebenfalls das frühe Saisonhighlight mit der U20-WM. Durfte in Krefeld zudem DEL-Luft schnuppern. Profitierte nach seiner Rückkehr zu den Towerstars aber nicht davon. Musste in der vierten Reihe ran. Erst in den Play-offs zeigte er, was er wirklich kann. Wechselt in die DEL. Ob das jetzt schon eine gute Idee ist, wird sich herausstellen.
Andrew Kozek: Kam während der Saison und traf immer wieder. Auch in den Play-offs. Gute Bilanz.
Olivier Hinse: Einer der Meisterrückkehrer. Galt als einer, der vor allem kämpft, aber wenig trifft. Der Eindruck bestätigte sich viel zu sehr. Traf fast gar nicht. Verletzte sich im ersten Play-off-Spiel.
Vincenz Mayer: Der Kapitän zeigte auch in seinem vierten Jahr, warum er der richtige Mann für dieses Amt ist. Ein echter Anführer. Strahlt unfassbare Ruhe aus. Mit dem Toreschießen klappte es nicht wirklich. Dafür zeigte er als Aushilfsverteidiger ganz starke Leistungen. Auch er verletzte sich in den Play-offs.
John Henrion: Erst als Chernomaz weg war, zeigte er, warum er geholt worden war. Bildete die Paradereihe in der zweiten Saisonhälfte mit Samanski und Hospelt. Traf in den Playoffs sechsmal und gab sieben Vorlagen – teaminterner Bestwert.
Robin Just: War aus privaten Gründen unglücklich in Ravensburg, wechselte Mitte Februar nach knapp vier Jahren bei den Towerstars zur Familie nach Bietigheim.
Kai Hospelt: Kam mit der Erfahrung von mehr als 900 DEL-Einsätzen aus Krefeld, weil es dort drunter und drüber ging. Brauchte etwas, um sich einzugewöhnen. Entwickelte sich aber zu einer väterlichen Figur, die mit Samanski und Henrion eine perfekte erste Reihe bildete.
Mathieu Pompei: Der Meisterrückkehrer war eine der Enttäuschungen dieser Saison. Funktionierte nur in der Kombination mit Driendl und Czarnik, danach gar nicht mehr. Immerhin traf er zweimal in den Playoffs. Nächste Saison muss mehr vom Kanadier kommen.
Sebastian Hon: Entwickelte sich gut, auch wenn er in 38 Spielen ohne Treffer blieb. Verletzte sich im Saisonendspurt.
Alexander Dosch: Ebenfalls gute Entwicklung, dazu erstmals DEL2Torschütze. Verletzte sich im Saisonendspurt.
Yannick Drews: Ein großer Kämpfer, der manchmal zu ungestüm war und unnötige Strafen kassierte. In den Play-offs wertvoll. Brach sich in Kassel den Daumen. Wäre am Sonntag deshalb zwölfter Ausfall gewesen.
Robbie Czarnik: Der Meisterrückkehrer war teaminterner Topscorer, der ligaweit aber einigen Konkurrenten den Vortritt lassen musste. Länger verletzt. Wenn Pompei und Driendl nicht um ihn herum waren, blieb er blass. Steigerte sich in den Play-offs. Da darf (und muss) gerne wieder mehr kommen in der neuen Saison.
Andreas Driendl: Lange mit dem roten Helm des Topscorers unterwegs. Spielte in der ersten Saisonhälfte eine starke erste Reihe mit Pompei und Czarnik. War dann zweimal verletzt. Fehlte sehr. Zukunft ungewiss.
David Zucker: Der Routinier glänzte vor allem zu Saisonbeginn. An Einsatz fehlte es bei ihm nie, richtig prägend war er besonders in den Playoffs aber nicht.
Philipp Kuhnekath: Half als Förderlizenzspieler der Krefeld Pinguine immer wieder aus.