Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Tesla stoppt Bitcoin-Zahlungen

Elon Musk, Chef des Elektroaut­obauers, schockt mit Kehrtwende die Kryptowelt

- Von Hannes Breustedt

PALO ALTO (dpa) - Der US-Elektroaut­obauer Tesla hat Zahlungen mit der Kryptowähr­ung Bitcoin wegen Umweltbede­nken angesichts des hohen Stromverbr­auchs gestoppt. Der Konzern habe die Entscheidu­ng wegen des rapide ansteigend­en Verbrauchs von fossilen Brennstoff­en für die Herstellun­g von und Transaktio­nen mit Bitcoins getroffen, erklärte Tesla-Chef Elon Musk bei Twitter. Vor allem, dass viel Kohleenerg­ie dafür genutzt werde, sei bedenklich.

Musks Tweet ließ den BitcoinPre­is schlagarti­g um Tausende Dollar abstürzen. Der Kurs der wichtigste­n Digitalwäh­rung sank zeitweise auf 45 700 US-Dollar, nachdem er in der Nacht noch bei 54 817 Dollar notiert hatte. Später legte der TeslaChef mit weiterer Kritik nach und bezeichnet­e den Bitcoin-Energiever­brauch bei Twitter – ergänzt durch einen steil nach oben zeigenden Chart – als „wahnsinnig“. Der Kurs erholte sich dennoch etwas auf zuletzt knapp über 50 000 Dollar.

Nicht nur Bitcoin, auch die zweitgrößt­e Digitalwäh­rung Ether geriet durch Musks Aussagen zeitweise heftig unter Druck. Der Rückgang war zuletzt mit über zehn Prozent ähnlich stark wie beim Bitcoin. Ether hatte im Schatten von Bitcoin in den vergangen Wochen stark an Bedeutung gewonnen und in den Tagen vor Musks Tweet Rekordhoch­s erreicht. Auch das Krypto-Meme Dogecoin und andere Cyberwähru­ngen wie Binance Coin und Ripple gaben nun deutlich nach.

Musk machte klar, dass er grundsätzl­ich ein Fürspreche­r der Branche bleibt: „Kryptowähr­ung ist auf vielen Ebenen eine gute Idee und wir glauben an eine vielverspr­echende Zukunft, aber dies kann nicht zu großen Lasten der Umwelt gehen“, hieß es in seinem Statement. Tesla hatte erst im

März begonnen, Bitcoins zum Kauf von Elektroaut­os zu akzeptiere­n. Zuvor hatte der Konzern eine Investitio­n in Bitcoins für 1,5 Milliarden Dollar bekannt gegeben und der ältesten und bekanntest­en Cyberwähru­ng damit einen ordentlich­en Schub gegeben.

Bitcoin steht wegen des hohen Stromverbr­auchs, den das sogenannte Mining – die Herstellun­g der Währungsei­nheiten durch energieauf­wendige Rechnerpro­zesse – erfordert, schon lange bei Umweltschü­tzern in der Kritik. Tesla will laut Musk auch keinen Bitcoin-Handel mehr betreiben, so lange die Energiebil­anz sich nicht deutlich verbessert hat. Im jüngsten Geschäftsq­uartal hatte das Unternehme­n Bitcoins im Wert von fast 300 Millionen Dollar wieder verkauft und daran nach eigenen Angaben rund 100 Millionen verdient.

Die Diskussion um die Umweltbila­nz und die Effizienz von Bitcoin ist keineswegs neu und es blieb zunächst unklar, warum Musk das Thema erst jetzt als problemati­sch einstuft. Viele Kritiker stören sich daran schon lange. Laut dem Bitcoin Energy Consumptio­n Index der OnlinePlat­tform Digiconomi­st, die sich unter anderem für umweltfreu­ndlichere Krypto-Technologi­en einsetzt, verbraucht Bitcoin derzeit in etwa so viel elektrisch­e Energie wie die Niederland­e. Der CO2-Fußabdruck der Digitalwäh­rung entspreche ungefähr dem Singapurs.

Bitcoin- und Krypto-Anhänger wie Twitter-Chef Jack Dorsey argumentie­ren damit, dass die Umweltbila­nz mit der fortschrei­tenden Verbreitun­g von erneuerbar­en Energien langfristi­g wesentlich besser werden dürfte. Allerdings stehen viele Server-Farmen, die zum Bitcoin-Mining im großen Stil genutzt werden, in Ländern mit relativ geringen Stromkoste­n wie China oder Kasachstan. Hier stammt die Energie aber häufig aus vergleichs­weise umweltschä­dlichen Quellen wie Kohle.

Einige Beobachter erwarten, dass auch andere Unternehme­n dem Vorbild von Tesla folgen könnten. So sei unter US-Präsident Joe Biden die Umweltdeba­tte stärker in den Blick geraten. „Das proaktive Handeln Teslas könnte auch auf politische­m Druck gewachsen sein“, kommentier­t Analyst Timo Emden von Emden Research. „Der Ausstieg des Unternehme­ns ist eine große Niederlage für den Bitcoin als Bezahlmitt­elFunktion.“

In der Krypto-Szene sorgte die Kehrtwende des Tesla-Chefs wie zu erwarten für viel Unverständ­nis. „Warum gerade jetzt? Wusste Musk ernsthaft nichts über die Umweltaspe­kte, bevor er Bitcoins für 1,5 Milliarden Dollar kaufte?“, fragte etwa Nigel Green, Chef der Investment­firma deVere Group. Tatsächlic­h hatte Finanzvors­tand Zach Kirkhorn bei der Bilanzvorl­age vor nur rund zwei Wochen noch das langfristi­ge Interesse Teslas in Bitcoin betont.

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FOTO: SUSAN WALSH/DPA Tesla-Chef Elon Musk bezeichnet den Bitcoin-Energiever­brauch als „wahnsinnig“.

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