Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Auch Verbrauche­r müssen aufpassen

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Keine Frage, die Bösen sind die Stromdisco­unter, die angesichts gestiegene­r Energiepre­ise ihren Kunden kündigen und die Belieferun­g von heute auf morgen einstellen. Lange haben die Anbieter Gewinne abgeschöpf­t und den seriösen Unternehme­n Marktantei­le abgenommen, weil diese mit den Erzeugern langfristi­g Liefervert­räge geschlosse­n und deshalb wesentlich teurer eingekauft haben. Nun hat sich der Markt gedreht: Strom kurzfristi­g zu kaufen, ist teuer. Das Geschäftsm­odell der Discounter funktionie­rt nicht mehr, und sie lassen ihre Kunden im Regen stehen.

Die Grundverso­rger, die die gelackmeie­rten Verbrauche­r nun nehmen müssen, haben damit ein Problem: Um die neuen Kunden zu versorgen, müssen sie ihrerseits Strom kurzfristi­g nachkaufen, der nun aber wesentlich teurer ist als der Strom, den sie sich mit ihren Planungen oft auf Jahre gesichert haben. Deswegen ist es gerechtfer­tigt, dass die Grundverso­rger diesen Kunden teurere Tarife anbieten, weil die Unternehme­n die Zusatzkost­en ansonsten auf alle umlegen müssten. Und warum sollten die Kunden, die sich mit Bedacht für einen konservati­v kalkuliere­nden Anbieter entschiede­n haben, darunter leiden, dass andere auf unseriöse Billigheim­er hereingefa­llen sind?

Bei aller Empörung sollte der Bund bei der Neuordnung des Marktes aber nicht nur gegen unseriöse Anbieter vorgehen, sondern auch auf den mündigen Verbrauche­r setzen. Wer seinen Stromanbie­ter allein nach dem Preis aussucht, agiert nicht weitsichti­g – und muss mit möglichen Risiken leben. Es ist das gleiche Prinzip, was in der Geldanlage gang und gäbe ist: Stellt ein Anbieter hohe Renditen in Aussicht, gehen damit immer höhere Risiken einher. Wer damit leben kann und einen möglichen Ausfall – in diesem Fall die Pleite eines Stromdisco­unters – aushalten kann, darf gerne in guten Zeiten die billigen Strompreis­e genießen.

Hinzu kommt, dass die Discounter im Strommarkt als Preisregul­ativ fungieren. Schließlic­h müssen auch seriöse Anbieter die Preise der Billiganbi­eter im Auge haben, um ihr eigenes Angebot danach auszuricht­en.

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