Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Künstler unter den Designern
Zum Tod des Modemachers „Manfred“Thierry Mugler
Gaga trugen seine Entwürfe. Auch ins Musikvideogeschäft wagte sich dieser Mann vor. Mit George Mi chael drehte er 1992 den Clip „Too Funky“, der den Kontrast zwischen Glamour auf dem Laufsteg und dem Chaos hinter den Kulissen vermitteln sollte. Dafür versammelte er Supermodels wie Linda Evangelista und Nadja Auermann.
Noch eine Leidenschaft entdeckte der Allrounder für sich. Als er 1976 bei einem Modeshooting des Fotografen Helmut Newton intervenierte, riet der ihm, doch selbst zu fotografieren. Auf den Dächern der Pariser Oper oder des New Yorker Chrysler Buildings setzte er fortan Musen wie Jerry Hall oder Iman in Szene. Das berühmte Foto mit einer in schwindelnder Höhe auf einem Ausläufer des Chrysler Buildings liegenden Frau machte er selbst. Hier sei nichts nachbearbeitet worden, versicherte Mugler: „Ich habe mein Leben riskiert – mehr als das Model.“Für die richtige Kameraperspektive legte er sich auf eine ausfahrbare Metallleiter und schwebte über dem Abgrund.
Überall gewann der Designer Mitarbeiter für die Umsetzung seiner Ideen, darunter Autolackierer, Lederhandwerker, Drucktechniker, Fotografen, Wissenschaftler und Künstler. Weibliche Cyborgs und karosserieverkleidete Geschöpfe waren für Mugler Vorboten der transhumanen Revolution, in deren Verlauf der menschliche Körper immer mehr mit Technik verschmilzt. In Kooperation mit Jean-Pierre Delcros, einem Spezialisten für Flugzeugbau, und dem Industriedesigner Jean-Jacques Urcun schuf der Couturier Roboterwesen. Als Inspiration für seine Arbeiten diente Mugler unter anderem der Maschinenmensch Futura aus „Metropolis“.
Der letzte Raum der Münchner Schau war dem Thema „Metamorphosen“gewidmet. Der Besucher glaubte in einem Zauberwald und dann wieder im Meer zwischen Fischschwärmen gelandet zu sein. Dazu Muglers Fantasiewesen. Das schönste Tier auf Erden war für ihn aber der Mensch. Auf die Frage, was er für Projekte habe, antwortete er zuletzt: „My Body“. Dabei ging es ihm nicht darum, jung und schön zu sein. Denn Kunst sei, so war Thierry Mugler überzeugt, allgegenwärtig. Sie könne schrecklich sein, aber dennoch handle es sich immer um Kunst. Sein Mythos wird weiterleben. (KNA)