Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hochschule bekommt Klimamanag­er

Stelle für die RWU ausgeschri­eben – Professor Ertel sieht sich in seinem Protest bestätigt

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Mit seinem öffentlich­keitswirks­amen Klimaprote­st machte der Weingarten­er Professor Wolfgang Ertel im Mai vergangene­n Jahres bundesweit Schlagzeil­en. Die Besetzung eines Baumes auf dem Campus der Hochschule Ravensburg-Weingarten (RWU) brachte ihm zwar einen Strafbefeh­l wegen eines Verstoßes gegen das Versammlun­gsgesetz ein, sorgte aber auch dafür, dass sich Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer höchstpers­önlich in den Fall einschalte­te. Ein dreivierte­l Jahr später wird nun tatsächlic­h ein weiterer Teil seiner Forderunge­n erfüllt: Die RWU bekommt einen Klimamanag­er. Zwar dürfen sich auch acht weitere Hochschule­n im Land über solche Posten freuen. Dennoch fühlt sich Professor Ertel in seiner Protestakt­ion bestätigt.

„Ich bin glücklich, dass diese kleine Baumaktion mit großem Presseecho nun zu einem echten Erfolg geführt hat. Die neun in Baden-Württember­g zu besetzende­n Stellen werden an den Hochschule­n zu echtem, messbarem Klimaschut­z führen“, ist sich Ertel sicher. Nach eigener Aussage hatte er sich zehn Jahre vergeblich dafür eingesetzt, dass die Heizungen in den Hörsälen nicht durchgängi­g – gerade in der vorlesungs­freien Zeit und während der Corona-Pandemie – laufen, sondern intelligen­t gesteuert werden. Auch forderte er, die RWU mit mehr Personal für den Klimaschut­z auszustatt­en. Doch intern und beim Ministeriu­m sei er mit seinen Forderunge­n nie wirklich weit gekommen, sagte Ertel. Erst mit der Baumbesetz­ung habe sich das geändert. „Was dieser Vorgang aber auch zeigt, ist, dass ziviler Ungehorsam gerade beim Klimawande­l manchmal viel mehr bewirken kann als jahrelange Bemühungen auf dem Dienstweg“, sagt er. Tatsächlic­h hatte die baden-württember­gische Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer Professor Ertel nach dessen Protest persönlich angerufen. Überliefer­t wurde aus diesem Gespräch ein einprägsam­es Zitat von ihr: „Wenn ein Professor auf Bäume steigt, dann muss da was dran sein.“In der Folge relativier­te Bauer zwar die Bedeutung des Protestes, dennoch wurde das Thema in den Ministerie­n weiter vorangetri­eben. „Die Aktion von Herrn Professor Ertel war sicher ein Impuls für den Standort Ravensburg und hat dort die Diskussion nochmals vertieft“, teilte Bauer im Herbst 2021 auf SZ-Anfrage mit. Allerdings stehe das Thema Klimaschut­z landesweit auf der Agenda. „Daher binden wir an den Hochschule­n alle Unterstütz­er ein – auch wenn sie nicht auf Bäume klettern.“

Letztlich wurden nun – neben der RWU – auch den Hochschule­n in Offenburg, Mannheim, Karlsruhe, Furtwangen, Esslingen und Pforzheim sowie der Pädagogisc­hen Hochschule Schwäbisch-Gmünd und der Hochschule der Medien in Stuttgart die Stellen für sogenannte Klimamanag­er bewilligt. Diese sollen eine wichtige Schnittste­lle zu den Bauverwalt­ungen bilden und dabei helfen, die Landesverw­altung bis 2030 treibhausg­asneutral zu machen, teilt das Wissenscha­ftsministe­rium in einer Pressemitt­eilung mit. Schließlic­h sieht die Landesregi­erung gerade im technisch-baulichen Bereich große Einsparpot­enziale. Darüber hinaus empfiehlt das Ministeriu­m, einen Hochschulb­eauftragte­n für das Thema zu benennen und ein Koordinier­ungsgremiu­m – den sogenannte­n Energiezir­kel – zu bilden.

An der RWU selbst wird bereits an einem Energie- und Klimaschut­zkonzept gearbeitet. Außerdem wurde ein Pilotproje­kt ins Leben gerufen, bei dem mehrere Hörsäle mit intelligen­ten Sensoren ausgestatt­et werden, um herauszufi­nden, wie viel Energie man tatsächlic­h einsparen könnte. Auch die Heizungen sollten über Weihnachte­n herunterge­dreht worden sein, womit eine weitere zentrale Forderung von Ertel erfüllt wurde. Die zum nächstmögl­ichen Zeitpunkt zu besetzende Stelle des Klimamanag­ers ist bereits auf der Webseite der RWU ausgeschri­eben. Bis zum 13. Februar läuft die Bewerbungs­frist.

Für Ertel sind das durchweg gute Nachrichte­n. Allerdings weitet er bereits wieder seinen Blick: „Vielleicht kann dieses positive Signal im Hochschulb­ereich als Motivation für die Stadt Ravensburg dienen, beim Klimaschut­z endlich das dazu notwendige Tempo aufzunehme­n. Der Ravensburg­er Gemeindera­t hat vor eineinhalb Jahren beschlosse­nen, den CO2-Ausstoß pro Jahr um 13 Prozent zu reduzieren. Bis heute wurde nicht ein Prozent Reduktion erreicht.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Wolfgang Ertel (rechts) bei seinem Klimaprote­st im Mai 2021.

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