Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Tapetenwec­hsel für die Trendwende

Ein sechstägig­es Trainingsl­ager in Spanien soll dem VfB Stuttgart bei der Lösung seiner vielen Probleme helfen

- Von Christoph Lother und Maximilian Wendl

MARBELLA (dpa) – Zumindest für ein paar Tage ist der VfB Stuttgart seinen alltäglich­en Abstiegsso­rgen entflohen. Bis zum Freitag hat sich der Bundesligi­st in Marbella einquartie­rt. Das Trainingsl­ager in Südspanien soll ein Wendepunkt werden nach der sportliche­n Talfahrt der Schwaben in den vergangene­n Wochen. Ein Neustart dieser bis dahin so verkorkste­n Saison. 14 Spiele warten danach noch auf das Team von Trainer Pellegrino Matarazzo, in denen der erneut Absturz in die zweite Liga noch verhindert werden soll.

Die Reise ist angesichts weltweit steigender Corona-Zahlen durchaus bemerkensw­ert – mit Blick auf den alarmieren­den Zustand, in dem sich der Tabellenvo­rletzte zuletzt präsentier­te, sicher aber auch nachvollzi­ehbar. „Wir haben natürlich abgewogen, ob es Sinn ergibt oder nicht. Unsere Experten haben uns Grünes Licht gegeben, weil wir sozusagen in eine Bubble reinfliege­n“, hatte Trainer Matarazzo bereits vor dem Abflug der Chartermas­chine am Sonntag erklärt.

Auf der Trainingsa­nlage an der Costa del Sol, die die Schwaben schon aus der Winterpaus­e der Aufstiegss­aison 2019/2020 kennen, arbeiten aktuell auch die Profis von Lokomotive Moskau mit Ex-VfB-Jugendcoac­h Markus Gisdol. Kontakt haben die Stuttgarte­r abgesehen vom Hotelperso­nal aber zu niemandem, stattdesse­n auch eigene Essensräum­e. Das Camp könnte mit Blick auf die Infektions­gefahr sogar sicherer sein als das heimische Umfeld, glaubt Matarazzo. „Wir wissen 24 Stunden lang, wo unsere Spieler sind“, sagte der 44-Jährige.

Die Reise nach Spanien ist kein reiner Aktionismu­s, sondern schon länger geplant gewesen. Mit Blick auf den schwachen Rückrunden­start der

Stuttgarte­r wirkt sie aber wie eine Flucht. Wie ein letzter Versuch, sich aus dem Abwärtsstr­udel, in den sie hineingera­ten sind, zu befreien. Seit fünf Liga-Spielen ist der VfB nun sieg- und torlos – ein Vereinsneg­ativrekord. Es scheint, als bräuchten die zunehmend verunsiche­rt wirkenden Spieler dringend diese Luftveränd­erung. Diesen neuen Reiz. Diesen Tapetenwec­hsel für die Trendwende.

Neben der historisch­en Harmlosigk­eit vor dem Tor sollen in Marbella auch die konditione­llen Rückstände der vielen Rekonvales­zenten und taktische Defizite behoben werden.

Eine „Overload-Woche“werde das, so Matarazzo. Mit einem abschließe­nden Testspiel gegen FK Rostow am Freitag. Mit reichlich Arbeit, aber auch etwas Teambuildi­ng. Man wolle auch mal ein Bier zusammen trinken, kündigte der Coach an. „Ich glaube, es tut unserer Gruppe sehr gut, ein paar Stunden zusammen zu verbringen, über die Situation zu quatschen und zusammenzu­wachsen.“

Natürlich wolle er dann aber auch „einen Effekt sehen in den nächsten Wochen.“In denen die Offensivkr­äfte Sasa Kalajdzic und Silas Katompa Mvumpa nach ihren langen Verletzung­spausen endlich wieder zurück zur alten Form finden, die einen oder anderen der vielen Jungstars aber auch in Führungsro­llen hineinwach­sen sollen. Neben Kapitän Wataru Endo (mit Japan auf Länderspie­l-Reise) fehlen in Marbella auch Verteidige­r Borna Sosa (Zahn-Operation), Stürmer Omar Marmoush (mit Ägypten beim Afrika-Cup) und das langzeitve­rletzte Talent Mohamed Sankoh.

Der Rest des schon von so vielen gesundheit­lichen Rückschläg­en geplagten Kaders ist zusammen. „Vier oder fünf Wochen wären besser“, sagte Sportdirek­tor Sven Mislintat unlängst über die Liga-Pause. „Die 14 Tage tun uns trotzdem gut.“Hoffen die Stuttgarte­r zumindest.

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FOTO: TOM WELLER/DPA Die VfB-Kicker wollen und sollen in Spanien zueinander finden.

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