Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Genug der Ziele, jetzt zählen Taten
Rekordhitze im Sommer, ausgetrocknete Flüsse, Überschwemmungen durch Starkregen: Das ist auch im Südwesten längst Realität. Die von Menschen verursachte hohe und weiter steigende Konzentration der Treibhausgase in der Erdatmosphäre befeuert den Klimawandel, die Folgen sind sicht- und spürbar. Diese Realität kann niemand leugnen, der zwischen fundierten Fakten und gefühlten Wahrheiten zu unterscheiden vermag. Deshalb ist zunächst jede politische Anstrengung zu begrüßen, die dazu beiträgt, den CO2-Ausstoß zu reduzieren – in unser aller Sinne, vor allem aber in dem unserer Kinder und deren Nachkommen.
Erfreulich also, dass Baden-Württemberg sein Klimaschutzgesetz erneut verschärft und es so weiterentwickelt, dass auch die Anpassung an den Klimawandel in den Blick rückt. Erreicht ist damit aber noch gar nichts. Für selbstzufriedenes Schulterklopfen ist es viel zu früh.
Grüne und CDU sind hervorragend darin, Ziele zu formulieren – etwa das Land bereits 2040 klimaneutral zu machen und damit fünf Jahre früher als der Bund dies vorsieht. Und sie zeigen Einfallsreichtum, indem sie viele Maßnahmen zum Klimaschutz anderen auftragen. So müssen etwa Häuslebauer längst PVAnlagen auf ihr Dach montieren lassen. Den Ärger über eine zusätzliche Abgabe für mehr und besseren Nahverkehr vor Ort will das Land genauso in die Gemeinderäte verlagern wie die Frage, ob Bürger gezwungen werden sollen, ihr bestehendes Haus ans Fernwärmenetz anzuschließen. An anderer Stelle wirkt das Land indes mutlos. Lediglich 1,8 Prozent der Landesfläche sollen für Windräder reserviert werden – exakt so viel, wie der Bund vorgibt. Dabei betonen Experten, dass in der Regel 30 Prozent dieser Flächen nicht bebaut werden können.
Ziele hat Grün-Schwarz zudem inzwischen genug gesetzt, es wird Zeit für Taten – vor allem eigene. Hierfür wird vor allem ein Aspekt im neuen Klimaschutzgesetz entscheidend sein: das Klima-MaßnahmenRegister. Statt Ziele soll es ganz konkrete Schritte enthalten, durch die jedes einzelne Ministerium in seinem Zuständigkeitsbereich den CO2-Ausstoß in einem vorgegebenen Umfang bis 2030 reduzieren soll. Wie scharf die darin enthaltenen Maßnahmen sind, wird sich aber erst zeigen, wenn das Land das Register in den kommenden Wochen vorstellt. Ob sie auch wirken, zeigt sich erst in Jahren.