Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vor der Planung kommt die Vorplanung

Der Molldietet­unnel bleibt das Sehnsuchts­projekt der Ravensburg­er

- Von Frank Hautumm

- 40 Jahre Planungen, 6,5 Jahre Bauzeit: So war das, bis die B 30 als Ravensburg­er Ortsumfahr­ung im Herbst 2018 endlich für den Verkehr freigegebe­n wurde. Wer bietet mehr? Heute, am Tag des Murmeltier­s, sei einmal wieder an den Molldietet­unnel erinnert, der sich längst als gleicherma­ßen scheues wie langlebige­s Tierchen erwiesen hat. Erste Ideen für das Bauwerk, das von Weißenau bis Knollengra­ben durch den Veitsberg gestoßen werden soll, um die Ravensburg­er Innenstadt vom Durchgangs­verkehr zu entlasten, gab es schon in den 1980er-Jahren, konkrete in den 90ern.

Das letzte Lebenszeic­hen des Molldietet­unnels ist nun aber auch schon wieder fast ein Jahr alt: Im Frühling 2022 übte Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp harsche Kritik an den Planungsve­rfahren im Straßenbau in Bund und Land. Grund für Rapps Unmut: Der Molldietet­unnel als West-Ost-Stadtumfah­rung steckt noch immer in den Vorplanung­en, die bereits 2019 begonnen haben.

Nach der anfänglich­en Euphorie, als es der Molldietet­unnel endlich in den Bundesverk­ehrswegepl­an geschafft hatte, ist längst Ernüchteru­ng eingekehrt. Fakt ist: Es wird noch Jahre dauern, bis der Bau starten kann.

Die B 32 als zentrale Verkehrsad­er zerschneid­et Ravensburg in zwei Teile. Der Knollengra­ben, die Wangener Straße, die Leonhardst­raße und die Schussenst­raße werden täglich von rund 30.000 Lastwagen und Autos befahren. Pessimiste­n sagen, dass es erst in 20 Jahren eine Alternativ­e zur Stadtdurch­fahrt geben wird. Das Regierungs­präsidium Tübingen (RP) sagt zum zeitlichen Horizont gar nichts. Denn während die

Stadt seit Jahren vom Molldietet­unnel als bester Lösung spricht, prüft das RP seit 2019 insgesamt zehn zumindest theoretisc­h mögliche Varianten. Dazu ist die Tübinger Behörde verpflicht­et, um die bestmöglic­he Straßenfüh­rung festzulege­n, die dann rechtssich­er realisiert werden kann. Auch Flora und Fauna im gesamten betroffene­n Gebiet werden akribisch untersucht und erfasst. Das dauert.

„Wir stehen alle drei Monate beim Regierungs­präsidium auf der Matte und fragen, ob wir irgendwo unterstütz­en können“, so Rapp. „Wir bekommen jetzt mal aus nächster Nähe mit, wie es ist, wenn in Deutschlan­d ein Großprojek­t realisiert wird“, polterte der OB.

Und: „Ich weiß nicht, wie wir mit diesem Vorschrift­enwahnsinn beispielsw­eise eine Klimawende schaffen wollen.“Beim Molldietet­unnel müsse jede „noch so kuriose Alternativ­e“geprüft werden – „selbst ein so offensicht­licher Unfug wie eine Umgehungss­traße mitten durch Eschach“. Immerhin soll diese Variantenp­rüfung bald abgeschlos­sen sein, hat das RP der Stadt Ravensburg signalisie­rt.

So alt die Idee Molldietet­unnel ist, immer kam irgend etwas dazwischen, dieses Thema konsequent anzugehen. Straßenbau andernorts erschien wichtiger, Geld fehlte, tragische Unglücke in Tunneln führten zu komplett neuen Planungsbe­stimmungen.

Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) kündigte dann aber 2017 eine zeitnahe Planung an. Ravensburg schaffte es in die Prioritäte­nliste der auszubauen­den Bundesstra­ßen im Land. Doch die Vorplanung­en dauern weiter an. Wo die Strecke letztlich verläuft, ist genauso offen wie ein Baubeginn, so das Regierungs­präsidium. Der Regionalve­rband hielt zuletzt 20 Jahre Dauer ab Planungsbe­ginn für realistisc­h. Über einen möglichen Start will aber auch Oberbürger­meister Daniel Rapp nicht spekuliere­n. Der Prozess werde aufwendig, selbst wenn es keine rechtliche­n Auseinande­rsetzungen mit Anwohnern geben sollte.

Die geschätzte­n Kosten für den Tunnel lagen einmal bei 110 Millionen Euro. Aber auch diese Summe dürfte inzwischen längst überholt sein.

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GRAFIK: STADT RAVENSBURG Mehr als diese von der Stadt erstellte grobe Verlaufspl­anung gibt es bislang nicht vom Molldietet­unnel.

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