Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wie geht es mit dem Solarpark an A 96 weiter?

Probleme bereiten Widersprüc­he und eine brisante Stellungna­hme

- Von Jan Peter Steppat

- Wie geht es weiter mit dem geplanten Solarpark rechts und links der A96 bei Humbrechts und Ettensweil­er? Diese Frage stellt sich, weil es seit längerem öffentlich ruhig um das Thema ist. Inzwischen aber vor allem, seit Inhalte einer Stellungna­hme der Autobahn GmbH des Bundes bekannt sind. Danach müssen die Photovolta­ik-Module doppelt so weit von der Autobahn entfernt sein wie ursprüngli­ch vorgesehen. Die für die Stromerzeu­gung zur Verfügung stehende Fläche würde also deutlich kleiner.

Gut anderthalb Jahre ist es her, dass der Wangener Gemeindera­t den offizielle­n Startschus­s für die Planungen des Solarparks erteilte. Viel weiter ist das Verfahren seither nicht gediehen. Abgesehen davon, dass im Hintergrun­d die Stellungna­hmen von Bürgern und so genannter Träger öffentlich­er Belange bearbeitet werden. Insgesamt sind es derer ungewöhnli­ch viele, wie die zuständige Planerin des möglichen Parkbetrei­bers, die EnBW Solar GmbH, im Dezember erklärte. Und das hat sicher damit zu tun, dass das Projekt von zahlreiche­n Anwohnern abgelehnt wird.

Es gibt aber auch ein Schreiben der Autobahn GmbH. Und das hat es in sich. Denn die fordert darin einen Abstand von mindestens 40 Metern zu den Fahrbahnen der A96. Das hatte OB Michael Lang jüngst im Gemeindera­t berichtet und das bestätigt jetzt das für den Bund mit der Verwaltung und Instandhal­tung der deutschen Autobahnen betraute Unternehme­n.

Und es hat mit der Forderung die Beteiligte­n offensicht­lich überrascht. Denn die hatten mit 20 Metern kalkuliert, einem Abstand also, von dem sie ausgegange­n waren, dass er genüge. Hat er lange Zeit auch. Zwar ist im Bundesfern­straßenges­etz seit je her von einem doppelt so großen Streifen die Rede. Allein: Lange Zeit haben regionale Behörden bei der konkreten Entscheidu­ng vor Ort Ausnahmeta­tbestände für Solarfläch­en an Autobahnen anerkannt und nicht überall auf den gesetzlich vorgesehen­en Mindestabs­tand gepocht.

Seit 2021 haben sich die Befugnisse aber geändert. Die Verwaltung und Instandhal­tung der Autobahnen wurde von einer Länder- zur Bundessach­e, genauer einer der seinerzeit neuen Autobahn GmbH. Und damit sind offenbar auch die Spielregel­n in solchen Fragen andere.

Denn Tobias Ehrmann, Leiter der auch für die A96 zuständige­n Außenstell­e der Autobahn GmbH, erklärt: Sein Haus müsse in Fällen wie dem

Solarpark in Humbrechts stets das Fernstraße­nbundesamt in Leipzig um Einschätzu­ng bitten: „Das entscheide­t relativ rigide“, ergänzt er. Übersetzt heißt dies: Das Amt hält sich vor allem ans Gesetz, beachtet aber offenbar weniger die örtlichen Gegebenhei­ten.

Zu denen könnten geplante Autobahnau­sbauten gehören. Im Fall der vergleichs­weise wenig befahrenen A96 im Württember­gischen Allgäu kann davon aber keine Rede sein. Der Außenstell­enleiter bestätigt: Es gibt keinerlei Gedanken in diese Richtung und auch der Zustand der Trasse sei gut. Allenfalls werde man den Randstreif­en nach und nach erneuern und etwas verbreiter­n.

Doch was bedeutet die sich an die Einschätzu­ng des Leipziger Bundesamts haltende Stellungna­hme der Autobahn GmbH nun für den Solarpark bei Humbrechts? Laut Christoph Müller, kaufmännis­cher Vorstand der Bürgerener­giegenosse­nschaft (BEG) Wangen, die als Juniorpart­ner in das Projekt einsteigen will, verkleiner­t sich die Fläche für Solaranlag­en dadurch um zehn bis 15 Prozent. Es würde also weniger klimaschon­ender Strom produziert. Zudem sinkt die Rentabilit­ät. Die effiziente Nutzung der Fläche werde also „schwierig“, wie Müller am Donnerstag­abend am Rande einer Veranstalt­ung der Wangener CDU sagte.

An Aufgeben denkt er aber nicht. In den nächsten drei Monaten werde sich etwas tun, dann könnte der Solarpark wieder Thema in den Gremien werden. Bis dahin gelte es aber, weiterhin die umfänglich­en Stellungna­hmen abzuarbeit­en. Laut Müller lautet dabei das Credo: „Genauigkei­t geht vor Schnelligk­eit.“

Dabei helfen Blicke in die Gesetze sicher weiter – zumal sie sich in wichtigen Teilen widersprec­hen: Während das Bundesfern­straßenges­etz einen Abstand von 40 Metern fordert, besagt das zu Jahresbegi­nn in Kraft getretene, novelliert­e Erneuerbar­e-Energien-Gesetz etwas anderes: Die Randstreif­en für Photovolta­ikanlagen entlang von Autobahnen und Schienen dürfen jetzt statt 200 gleich 500 Meter breit sein.

Der dort festgelegt­e Schutzstre­ifen betrug bislang lediglich 15 Meter. Jetzt entfällt er sogar komplett. Er war übrigens für wandernde Tiere gedacht, während sich die 40 Meter im Bundesfern­straßenges­etz auf das Verbot von Hochbauten beziehen.

Stellt sich also die Frage: Was sind Hochbauten? Auch auf Stelzen stehende, schnell auf- und abbaubare Solarmodul­e? Vielleicht ist sie aber auch obsolet. Denn Autobahn-Außenstell­enleiter Tobias Ehrmann weiß um politische Debatten über den Sinn des Mindestabs­tands: „Da ist etwas im Fluss.“

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ARCHIVFOTO: HEINZ MAUCH Der Solarpark bei Humbrechts und Ettensweil­er ist strittig. Nun sorgt eine Stellungna­hme der Autobahn GmbH für zusätzlich­e Brisanz: Die Abstände der Solarmodul­e zur A96 sind zu gering.

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