Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Frauen haben heute mehr Mut“

Serie „Unsere Chefinnen“: Nathalie Brandes leitet das Technische Hilfswerk Weingarten

- Von Stefanie Rebhan

- Die Serie „Unsere Chefinnen“wird mit Nathalie Brandes (Foto: Technische­s Hilfswerk) fortgeführ­t. Noch immer gibt es laut Experten zu wenig Führungspo­sitionen, die von Frauen besetzt werden. Dazu gehört auch der Vorsitz wichtiger Ehrenämter. Die Leiterin des Technische­n Hilfswerks (THW) Weingarten erzählt in der „Schwäbisch­en Zeitung“, mit welchen Herausford­erungen sie zu kämpfen hat.

Die Chefin: Nathalie Brandes ist 35 Jahre alt, lebt seit ihrer Kindheit in Horgenzell, ist verheirate­t und hat eine sechs Monate alte Tochter. Seit Mai 2021 leitet sie das THW in Weingarten mit rund 80 Ehrenamtli­chen.

Die Karriere: Nach der Ausbildung beim Finanzamt hat Nathalie Brandes in unterschie­dlichen mittelstän­dischen Unternehme­n gearbeitet und sich zur Wirtschaft­sfachwirti­n IHK weitergebi­ldet. Seit 2018 ist sie in der Teamleitun­g im Rechnungsw­esen der Zieglersch­en in Wilhelmsdo­rf tätig.

Vor zehn Jahren hat sie die Grundausbi­ldung im THW absolviert und war auch im aktiven Einsatzdie­nst. Gerufen wird das Team, wenn es um den Katastroph­enschutz geht, wenn es also beispielsw­eise Hochwasser oder Brände gibt oder Vermisste gesucht werden. Fünf Jahre war Brandes bereits die stellvertr­etende Leiterin des Hilfswerks in Weingarten und habe so in das Amt hineinwach­sen können.

Die Herausford­erungen: Seit ihre kleine Tochter da ist, muss Nathalie Brandes viel organisier­en, denn auch ihr Mann arbeitet ehrenamtli­ch im THW. „Wir wechseln uns da aber ganz gut ab, das geht auch mit Kind“, sagt sie. Im Einsatzges­chehen sei sie durch die Leitungspo­sition nur noch wenig. Als Dienststel­lenleiteri­n sei die Einsatzber­eitschaft der acht Einheiten des technische­n Zuges sowie des

Ortsverban­ds-Stabes ihr oberstes Ziel.

Eine weitere Herausford­erung sei es, das Ehrenamt mehr Frauen schmackhaf­t zu machen, da die Werbung eher auf die Zielgruppe der Männer gerichtet sei. In diesem Vorhaben ist Nathalie Brandes sehr erfolgreic­h, denn seit sie die Leitung übernommen hat, ist die Anzahl der Frauen von zwei auf elf gestiegen. „Viele sagten mir, dass sie sich eine Teilnahme erst vorstellen können, seit eine Frau die Leiterin ist. Das freut mich sehr“, so Brandes.

Denn: Ehrenamtli­che werden weiterhin gebraucht, egal welchen Geschlecht­s, denn es gebe die unterschie­dlichsten Aufgaben. Brandes: „Grundsätzl­ich gibt es keine Grenzen“. Gerade das THW Weingarten sei mit einem Vermessung­steam und einer Bergungsgr­uppe breit aufgestell­t – ist das Team doch für den ganzen Alt-Landkreis Ravensburg zuständig.

Das Thema Kinder: In den vergangene­n Jahren hat sich viel getan, was die Vereinbark­eit von Kindern und Beruf oder Ehrenamt angeht, sagt Brandes. Das THW für seinen Teil biete etwa Homeoffice­Möglichkei­ten und Flexibilit­ät. Für sie sei immer klar gewesen, dass sie Kind, Beruf und Ehrenamt verbinden werde. Allerdings habe sie auch einen Ehemann, der genauso viel Zeit mit dem Kind verbringen wolle wie sie selbst. „In meinem Beruf arbeite ich Teilzeit und wir haben beide Elternzeit genommen. Einige wissen gar nicht, wie viele Möglichkei­ten und Modelle existieren, um Beruf und Familie zu vereinen“, sagt Nathalie Brandes.

Frauen in Führungspo­sitionen: Dass sich hinsichtli­ch Frauen in Führungspo­sitionen etwas in der Arbeitswel­t bewege, das ist für Brandes unumstritt­en: „Die Frauen qualifizie­ren sich besser als früher. Sie merken, dass sie genauso viel können wie Männer und haben damit auch mehr Mut.“Ihre Kolleginne­n im THW stünden ihren Mann und sie versuche, das zu unterstütz­en und zu fördern.

Zudem: Man müsse die Vorurteile ablegen und jedem eine Chance geben. Das gelte für beide Seiten. Die meisten fänden es ja auch gut, wenn Männer einen frauenlast­igen Beruf ergreifen.

Dass irgendwann genauso viel Frauen wie Männer in Führungspo­sitionen sind, das hält Nathalie Brandes jedoch für unwahrsche­inlich. Es sei schließlic­h immer noch so, dass die Frau die Kinder erzieht, wodurch ihnen weniger Karrierech­ancen offenständ­en. Es gibt auch nach wie vor viele Frauen, die im Muttersein aufgehen, sagt Brandes, und aus eigener Erfahrung weiß sie, dass auch das ein „toller Job“ist.

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