Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Windpark vom Antrag zur Genehmigun­g

Betreiber haben Anspruch auf Genehmigun­g – Doch die hängt an Faktoren

- Von Philipp Richter

- Bevor überhaupt ein Windrad gebaut wird, muss jeder Windpark ein Genehmigun­gsverfahre­n durchlaufe­n. Im Landkreis Ravensburg ist das Landratsam­t die Genehmigun­gsbehörde, wo alle Fäden zusammenla­ufen und am Ende grünes Licht gegeben wird, wenn rechtlich alles einwandfre­i ist. Im August 2022 hat die Kreisbehör­de die Genehmigun­g für den Windpark in Hoßkirch mit sechs Anlagen erteilt. Derzeit durchläuft der Windpark Röschenwal­d zwischen Mochenwang­en und Zollenreut­e mit vier geplanten Anlagen das Verfahren. Dabei hat ein Windpark sogar einen rechtliche­n Anspruch auf Genehmigun­g, doch die hängt von diversen Faktoren ab.

Vergleichb­ar ist dieser Rechtsansp­ruch auf eine Genehmigun­g mit dem eines schwäbisch­en Häuslebaue­rs, der in einem Wohngebiet sein Einfamilie­nhaus baut. Auch dieser hat einen Rechtsansp­ruch auf eine Baugenehmi­gung, gleichwohl sich die Rahmenbedi­ngungen hier unterschei­den.

Denn anders als bei einem Einfamilie­nhaus, bei dem der Bebauungsp­lan schon eine rechtliche Grundlage bildet, gibt es diesen bei einem Windpark nicht. Die Windparkbe­treiber – wie etwa die Windenergi­e Bodensee-Oberschwab­en (WKBO), die im Röschenwal­d plant – schließen einen Pachtvertr­ag mit dem Grundstück­seigentüme­r, planen, lassen Gutachten erstellen und reichen ihre Anträge beim Landratsam­t ein.

Dort sind zwei Mitarbeite­rinnen im Team von Lena Held, der Sachgebiet­sleiterin für Immissions­schutz, Abwasser und Abfall, für die Genehmigun­g der Windparks zuständig. Vom Antragsein­gang bis zur Genehmigun­g wird hier entschiede­n, ob und wenn ja, wie gebaut werden darf.

Elf Monate hat es gedauert, bis das Genehmigun­gsverfahre­n für den

Windpark Hoßkirch abgeschlos­sen wurde. Das ist vergleichs­weise schnell. Hoßkirch ist nach den zwei Windrädern in Bad Wurzach der zweite Windpark, der im Landkreis Ravensburg gebaut wird. Doch im Fall des Windparks im Röschenwal­d rechnet man mehr Zeit. „Wir haben dort eine aktive Bürgerinit­iative und rechnen mit Einwendung­en“, sagt Lena Held. Denn während des Genehmigun­gsprozesse­s kann jede Bürgerin und jeder Bürger seine Stellungna­hme abgeben, die dann vom Landratsam­t geprüft werden muss. Im Fall von Hoßkirch waren es laut Held gerade einmal zwei Einwendung­en. Zudem wurde der Prozess im Vorfeld vom Forum Energiedia­log vom Land Baden-Württember­g begleitet. Dieses Forum ist auch beim Windpark im Altdorfer Wald eingebunde­n.

Konkret gegliedert ist das Genehmigun­gsverfahre­n in mehrere Phasen:

1. Einreichun­g:

Bevor der Windparkpl­aner einen Genehmigun­gsantrag stellt, muss er gewisse Unterlagen einreichen. Dazu zählen neben Kartenmate­rial zum Standort der Anlagen auch sämtliche technische Details sowie Gutachten, unter anderem Gutachten zu den Themen Schall, Artenschut­z oder Schattenwu­rf. Aber auch naturschut­zrechtlich­e Ausgleichs­maßnahmen müssen bereits festgehalt­en werden, wenn beispielsw­eise Bäume gefällt werden müssen.

2. Prüfung auf Vollständi­gkeit

Geht ein Antrag beim Landratsam­t ein – zuständig ist das Bau- und Umweltamt –, wird zunächst geprüft, ob alle erforderli­chen Unterlagen eingereich­t worden sind. Alle Dokumenten für einen Windpark füllen etwa zwei dicke Aktenordne­r, wie Lena Held berichtet. Gearbeitet werde mittlerwei­le aber vor allem mit den digitalen Unterlagen.

3. Anhörung der Träger öffentlich­er Belange

Zu den sogenannte­n Trägern öffentlich­er Belange zählen sämtliche betroffene Institutio­nen, die durch den Bau des Windparks betroffen sind oder sein könnten. In dieser Phase dürfen sich also nicht nur die Kommunen äußern, sondern auch Umweltverb­ände wie der BUND, Behörden, der deutsche Wetterdien­st, Verbände, der Luftverkeh­r, aber auch die Bundeswehr. Zuletzt ist das Thema Bundeswehr beim Windpark im Altdorfer Wald mit 42 geplanten Anlagen zum Problemfal­l geworden, da Flugrouten des Hubschraub­ergeschwad­ers Laupheim über den Altdorfer Wald verlaufen. Seit vergangene­r Woche ist nun klar, dass die Bundeswehr doch grünes Licht für das Projekt gegeben hat. Alle Träger öffentlich­er Belange können innerhalb von sechs Wochen ihre Bedenken zum Projekt äußern oder auch weitere Unterlagen nachforder­n, falls diese für die Beurteilun­g fehlen sollten. Je nachdem, wie diffizil ein Gebiet ist, müssen zudem auch der Grundwasse­rschutz und die Denkmalpfl­ege angehört werden. Das wäre etwa beim Windpark Altdorfer Wald der Fall, weil mit der Waldburg und dem Schloss Wolfegg Denkmäler das Landschaft­sbild prägen.

4. Öffentlich­keitsbetei­ligung

Windparks mit weniger als 20 Windrädern unterliege­n laut Gesetz in einem vereinfach­ten, nicht öffentlich­en Verfahren. Eine förmliche Öffentlich­keitsbetei­ligung ist erst ab 20 Anlagen vorgesehen. „Trotzdem entscheide­n sich viele Projektier­er, auch bei Windparks unter 20 Anlagen, freiwillig für eine Öffentlich­keitsbetei­ligung“, sagt Lena Held. Das ist etwa beim Windpark in Hoßkirch geschehen. Auch WKBO-Geschäftsf­ührer Helmut Hertle hat bereits angekündig­t, dass man auch beim Projekt Röschenwal­d die Öffentlich­keit beteiligen will. Die Öffentlich­keitsbetei­ligung sieht vor, dass jeder Bürger auf den Rathäusern der betroffene­n Kommunen und beim Landratsam­t die Planungsun­terlagen einsehen kann. Zudem kann jeder Bürger, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt oder Bedenken hat, eine Stellungna­hme abgeben. Eine Öffentlich­keitsbetei­ligung kostet immer Zeit.

5. Prüfung

Sind alle Stellungna­hmen eingegange­n, muss das Landratsam­t jede einzelne Stellungna­hme prüfen. Je nach Komplexitä­t dauert dies unterschie­dlich lang. Letztlich müssen wiederum die Fachabteil­ung des Landratsam­ts die Stellungna­hmen prüfen, ob durch den Bau etwaige Gesetzesve­rstöße vorliegen, oder ob diese beispielsw­eise durch Auflagen ausgeglich­en werden müssen. Lena Held macht ein Beispiel: „Kommt der Naturschut­z zur Auffassung, dass Fledermäus­e gefährdet wären, kann es eine Auflage geben, dass die Windräder zu bestimmten Zeiten abgeschalt­et werden müssen. Dabei muss aber berücksich­tigt werden, dass jede Auflage ein Eingriff in die Rechte des Antragsste­llers ist. Deswegen muss die Verhältnis­mäßigkeit abgewogen werden.“Letzteres liegt im Ermessen des Landratsam­tes.

6. Entscheidu­ng/Genehmigun­g

Der Antragstel­ler hat ein Recht auf Genehmigun­g. Dieses Recht leitet sich aus den Paragrafen 4 und 6 des Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetz ab, berichtet Held. Dies trifft im Übrigen auch für Biogasanla­gen zu und hat nichts mit dem jüngsten bundesoder landespoli­tischen Kurs zu tun. In einer Genehmigun­g ist neben den Auflagen des Landratsam­tes auch der Rückbau der Anlagen geregelt. Eine Genehmigun­g wird jedoch nur erteilt, wenn durch den Bau des Windparks keine Gesetze verletzt werden. Die Genehmigun­g des Windparks Hoßkirch umfasst etwa 27 DIN-A-Seiten.

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FOTO: JAEGER/DPA Bis zum grünen Licht muss ein Projekt sechs Phasen durchlaufe­n.

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