Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Windpark vom Antrag zur Genehmigung
Betreiber haben Anspruch auf Genehmigung – Doch die hängt an Faktoren
- Bevor überhaupt ein Windrad gebaut wird, muss jeder Windpark ein Genehmigungsverfahren durchlaufen. Im Landkreis Ravensburg ist das Landratsamt die Genehmigungsbehörde, wo alle Fäden zusammenlaufen und am Ende grünes Licht gegeben wird, wenn rechtlich alles einwandfrei ist. Im August 2022 hat die Kreisbehörde die Genehmigung für den Windpark in Hoßkirch mit sechs Anlagen erteilt. Derzeit durchläuft der Windpark Röschenwald zwischen Mochenwangen und Zollenreute mit vier geplanten Anlagen das Verfahren. Dabei hat ein Windpark sogar einen rechtlichen Anspruch auf Genehmigung, doch die hängt von diversen Faktoren ab.
Vergleichbar ist dieser Rechtsanspruch auf eine Genehmigung mit dem eines schwäbischen Häuslebauers, der in einem Wohngebiet sein Einfamilienhaus baut. Auch dieser hat einen Rechtsanspruch auf eine Baugenehmigung, gleichwohl sich die Rahmenbedingungen hier unterscheiden.
Denn anders als bei einem Einfamilienhaus, bei dem der Bebauungsplan schon eine rechtliche Grundlage bildet, gibt es diesen bei einem Windpark nicht. Die Windparkbetreiber – wie etwa die Windenergie Bodensee-Oberschwaben (WKBO), die im Röschenwald plant – schließen einen Pachtvertrag mit dem Grundstückseigentümer, planen, lassen Gutachten erstellen und reichen ihre Anträge beim Landratsamt ein.
Dort sind zwei Mitarbeiterinnen im Team von Lena Held, der Sachgebietsleiterin für Immissionsschutz, Abwasser und Abfall, für die Genehmigung der Windparks zuständig. Vom Antragseingang bis zur Genehmigung wird hier entschieden, ob und wenn ja, wie gebaut werden darf.
Elf Monate hat es gedauert, bis das Genehmigungsverfahren für den
Windpark Hoßkirch abgeschlossen wurde. Das ist vergleichsweise schnell. Hoßkirch ist nach den zwei Windrädern in Bad Wurzach der zweite Windpark, der im Landkreis Ravensburg gebaut wird. Doch im Fall des Windparks im Röschenwald rechnet man mehr Zeit. „Wir haben dort eine aktive Bürgerinitiative und rechnen mit Einwendungen“, sagt Lena Held. Denn während des Genehmigungsprozesses kann jede Bürgerin und jeder Bürger seine Stellungnahme abgeben, die dann vom Landratsamt geprüft werden muss. Im Fall von Hoßkirch waren es laut Held gerade einmal zwei Einwendungen. Zudem wurde der Prozess im Vorfeld vom Forum Energiedialog vom Land Baden-Württemberg begleitet. Dieses Forum ist auch beim Windpark im Altdorfer Wald eingebunden.
Konkret gegliedert ist das Genehmigungsverfahren in mehrere Phasen:
1. Einreichung:
Bevor der Windparkplaner einen Genehmigungsantrag stellt, muss er gewisse Unterlagen einreichen. Dazu zählen neben Kartenmaterial zum Standort der Anlagen auch sämtliche technische Details sowie Gutachten, unter anderem Gutachten zu den Themen Schall, Artenschutz oder Schattenwurf. Aber auch naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen müssen bereits festgehalten werden, wenn beispielsweise Bäume gefällt werden müssen.
2. Prüfung auf Vollständigkeit
Geht ein Antrag beim Landratsamt ein – zuständig ist das Bau- und Umweltamt –, wird zunächst geprüft, ob alle erforderlichen Unterlagen eingereicht worden sind. Alle Dokumenten für einen Windpark füllen etwa zwei dicke Aktenordner, wie Lena Held berichtet. Gearbeitet werde mittlerweile aber vor allem mit den digitalen Unterlagen.
3. Anhörung der Träger öffentlicher Belange
Zu den sogenannten Trägern öffentlicher Belange zählen sämtliche betroffene Institutionen, die durch den Bau des Windparks betroffen sind oder sein könnten. In dieser Phase dürfen sich also nicht nur die Kommunen äußern, sondern auch Umweltverbände wie der BUND, Behörden, der deutsche Wetterdienst, Verbände, der Luftverkehr, aber auch die Bundeswehr. Zuletzt ist das Thema Bundeswehr beim Windpark im Altdorfer Wald mit 42 geplanten Anlagen zum Problemfall geworden, da Flugrouten des Hubschraubergeschwaders Laupheim über den Altdorfer Wald verlaufen. Seit vergangener Woche ist nun klar, dass die Bundeswehr doch grünes Licht für das Projekt gegeben hat. Alle Träger öffentlicher Belange können innerhalb von sechs Wochen ihre Bedenken zum Projekt äußern oder auch weitere Unterlagen nachfordern, falls diese für die Beurteilung fehlen sollten. Je nachdem, wie diffizil ein Gebiet ist, müssen zudem auch der Grundwasserschutz und die Denkmalpflege angehört werden. Das wäre etwa beim Windpark Altdorfer Wald der Fall, weil mit der Waldburg und dem Schloss Wolfegg Denkmäler das Landschaftsbild prägen.
4. Öffentlichkeitsbeteiligung
Windparks mit weniger als 20 Windrädern unterliegen laut Gesetz in einem vereinfachten, nicht öffentlichen Verfahren. Eine förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung ist erst ab 20 Anlagen vorgesehen. „Trotzdem entscheiden sich viele Projektierer, auch bei Windparks unter 20 Anlagen, freiwillig für eine Öffentlichkeitsbeteiligung“, sagt Lena Held. Das ist etwa beim Windpark in Hoßkirch geschehen. Auch WKBO-Geschäftsführer Helmut Hertle hat bereits angekündigt, dass man auch beim Projekt Röschenwald die Öffentlichkeit beteiligen will. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sieht vor, dass jeder Bürger auf den Rathäusern der betroffenen Kommunen und beim Landratsamt die Planungsunterlagen einsehen kann. Zudem kann jeder Bürger, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt oder Bedenken hat, eine Stellungnahme abgeben. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung kostet immer Zeit.
5. Prüfung
Sind alle Stellungnahmen eingegangen, muss das Landratsamt jede einzelne Stellungnahme prüfen. Je nach Komplexität dauert dies unterschiedlich lang. Letztlich müssen wiederum die Fachabteilung des Landratsamts die Stellungnahmen prüfen, ob durch den Bau etwaige Gesetzesverstöße vorliegen, oder ob diese beispielsweise durch Auflagen ausgeglichen werden müssen. Lena Held macht ein Beispiel: „Kommt der Naturschutz zur Auffassung, dass Fledermäuse gefährdet wären, kann es eine Auflage geben, dass die Windräder zu bestimmten Zeiten abgeschaltet werden müssen. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass jede Auflage ein Eingriff in die Rechte des Antragsstellers ist. Deswegen muss die Verhältnismäßigkeit abgewogen werden.“Letzteres liegt im Ermessen des Landratsamtes.
6. Entscheidung/Genehmigung
Der Antragsteller hat ein Recht auf Genehmigung. Dieses Recht leitet sich aus den Paragrafen 4 und 6 des Bundesimmissionsschutzgesetz ab, berichtet Held. Dies trifft im Übrigen auch für Biogasanlagen zu und hat nichts mit dem jüngsten bundesoder landespolitischen Kurs zu tun. In einer Genehmigung ist neben den Auflagen des Landratsamtes auch der Rückbau der Anlagen geregelt. Eine Genehmigung wird jedoch nur erteilt, wenn durch den Bau des Windparks keine Gesetze verletzt werden. Die Genehmigung des Windparks Hoßkirch umfasst etwa 27 DIN-A-Seiten.