Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Frust nach Davis-Cup-Aus
Deutsche Tennis-Herren spielen nun gegen den Abstieg
(dpa) - Boris Becker lehnte konsterniert an einer Werbebande, Alexander Zverevs Blick ging ins Leere, Daniel Altmaier weinte – das überraschende Aus im Davis Cup traf Deutschlands Tennis-Herren bis ins Mark. Nach vielen erfolgreichen Jahren, in denen Deutschland Stammgast bei der Endrunde des Wettbewerbs war, geht es für Zverev und Co. nach dem 2:3 gegen die Schweiz in Trier nun im September nur um den Verbleib in der Weltgruppe. Eine schmerzhafte Erkenntnis – aber auch eine, die den Trend im deutschen Herren-Tennis bestätigt.
Abgesehen von den Erfolgen im Davis Cup hat das deutsche HerrenTennis hinter Zverev den Anschluss an die Weltspitze verloren. Dies wurde schon deutlich, als Zverev wegen seiner schweren Fußverletzung ausfiel. Der Olympiasieger hat als einziger Topspieler in den vergangenen Jahren mit seinen Leistungen viel kaschiert. Hinter Zverev klafft ein Loch. Unter den Top 100 stehen nur noch Oscar Otte (80.) und Daniel Altmaier (91.) – zu wenig für den immer noch größten Tennisverband der Welt.
„Das ist nicht unser Anspruch“, sagte DTB-Präsident Dietloff von Arnim, der Altmaier nach dessen Niederlage im entscheidenden Einzel gegen den Schweizer Routinier Stan Wawrinka auf dem Weg zur Pressekonferenz erst einmal väterlich in den Arm nahm. Altmaier ist mit 24 Jahren der einzige noch etwas jüngere Spieler neben Zverev, der zumindest teilweise gehobeneren Ansprüchen genügt.
Dahinter kommt aktuell nichts. Der in Trier verletzt fehlende Jan-Lennard Struff, sonst ein verlässlicher Punktelieferant im Davis Cup, ist 32, der aktuell seine Form suchende Oscar Otte 29. Spieler mit Perspektive aus dem Nachwuchs sucht man vergebens.
So bleibt nur Zverev, der nach seiner Fußverletzung noch einen langen Weg zu alter Stärke vor sich hat. In Trier zeigte der 25-Jährige beim Sieg gegen Wawrinka am Freitag eine starke Leistung, die Hoffnung auf mehr machte. „Das war meine beste Leistung seit der Verletzung“, sagte Zverev. Am Samstag blieb er aber bei der Niederlage im Spitzeneinzel gegen Marc-Andrea Hüsler dagegen wieder weit unter seinen Möglichkeiten.
Das Ziel Davis Cup müssen Zverev und Co. für dieses Jahr ad acta legen. „Das ist bitter“, sagte Teamchef Michael Kohlmann, der sich im Moment der großen Enttäuschung aber wieder kämpferisch zeigte. „Die Schweiz war einen Tick besser. Unsere Träume werden wir aber trotzdem nicht fallen lassen“, sagte Kohlmann mit Blick auf den ersten Team-Titel seit 1993.