Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
CDU will Verbrenner-Aus verhindern
Landespartei stimmt sich bei Klausur auf Europa- und Kommunalwahl ein
- Ab 2035 dürfen in der EU keine Diesel- oder Benzin-Verbrenner mehr zugelassen werden. Doch das will die CDU BadenWürttemberg verhindern. Sie fordert, das Aus für Verbrenner zu verschieben. In der EU werden ab 2035 nur noch Verbrennermotoren zugelassen, die mit klimaneutralen, synthetisch hergestellten Treibstoffen angetrieben werden.
„Transformation braucht auch Taktgefühl und nicht nur den Holzhammer der Verbote. Deshalb ist für uns sehr klar, dass das Verbrennungsmotorverbot aus Europa auch wieder geändert werden muss", sagte CDU-Landeschef Manuel Hagel am Samstag bei einer Klausurtagung seiner Partei im Kloster Schöntal (Hohenlohe-Kreis). Das Problem sei nicht der Verbrennungsmotor, sondern, womit man ihn betreibe. Es gelte, die Potenziale von EFuels, Refuels und Wasserstoff weiter zu erforschen. Dazu brauche es aber Anreize statt Verbote.
Das sei auch wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg zu erhalten. „Dafür braucht unsere Automobilindustrie nicht immer neue Regeln, sondern Freiraum für Kreativität“, erklärte Hagel. Die SüdwestCDU will nun darauf drängen, dass ein Stopp des VerbrennerAus Teil des Wahlprogramms der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) wird – und bei einem Wahlsieg auch kommt.
Zuvor hatte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, mit den rund 150 Amts- und Mandatsträgern der CDU diskutiert. Auch sie betonte: „Ein Enddatum für den Verbrenner ist aus unserer Sicht nicht so entscheidend wie die Frage, was auf dem Weg dahin passieren muss.“So müsse etwa das Ladesäulennetz EU-weit dringend schneller wachsen. Schon heute gebe es etwa die Technologie, um ganze Flotten mit einem E-Motor zu betreiben – es fehle aber an der nötigen Infrastruktur.
„In den kommenden drei Jahren stehen in der Automobilindustrie Investitionen von rund 380 Milliarden Euro an“, sagte Müller. Deshalb sei es jetzt wichtig, den Standort Deutschland für die Unternehmen wieder attraktiver zu machen – etwa durch weniger Bürokratie
und Vorgaben beim Datenschutz. Sonst werde zum Beispiel die Technologie für autonomes Fahren anderswo entwickelt.
„Deutschland kann in der Welt nur politisch relevant bleiben, wenn wir unsere Wirtschaftsstärke erhalten. Doch aktuell verliert der Standort dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit“, mahnte Müller. Das liege unter anderem daran, dass zahlreiche Handelsabkommen gescheitert seien oder trotz jahrelanger Verhandlungen nicht zustande kämen.
So haben zum Beispiel beim Abkommen Mercosur zwischen EU und Lateinamerika die Grünen in Deutschland massive Bedenken, weil aus ihrer Sicht wirksame Klauseln zum Schutz vor Entwaldung fehlen. In anderen Fällen gibt es Kritik an Freihandelsabkommen, weil sie nach Ansicht der Skeptiker zu wenige Standards etwa für den Schutz von Arbeitern festschreiben.
Im Kloster Schöntal trifft sich die Landes-CDU traditionell zum
Jahresauftakt – an diesem Wochenende zum ersten Mal unter Führung des Ehingers Hagel. Er steht seit 2021 an der Spitze der CDU-Fraktion im Stuttgarter Landtag, im November 2023 folgte er Landesinnenminister Thomas Strobl als Chef der badenwürttembergischen CDU.
Hagel gilt damit als Favorit für die Spitzenkandidatur der Christdemokraten im Landtagswahlkampf 2026. Hagel selbst verweist aber stets darauf, dass in dieser Frage noch nichts abschließend entschieden sei und dies ein Landesparteitag klären müsse.
Die CDU Baden-Württemberg liegt in Umfragen seit Ende 2022 vor den Grünen, bei der jüngsten Wählerbefragung durch das Meinungsforschungsinstitut Allensbach im Januar baute die Union den Vorsprung auf zehn Prozent aus und erreichte 32 Prozent Zustimmung. Dabei profitiert die Partei auch von den sinkenden Zustimmungswerten der AmpelKoalition in Berlin. Und noch ein
weiterer Umstand bef lügelt die Hoffnung der CDU, 2026 nach 15 Jahren hinter den Grünen wieder zur stärksten politischen Kraft im Land zu werden: Bei den dann stattfindenden Landtagswahlen tritt der amtierende Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht mehr an. Noch ist unklar, wer statt ihm die Partei in den Wahlkampf führen soll. Als ein möglicher Kandidat gilt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.
Die Kommunal- und Europawahlen im Juni dieses Jahres sollen dem neuen CDU-Führungsteam als wichtiger Testlauf für den Wahlkampf in Baden-Württemberg dienen. Bei den Kommunalwahlen 2019 verlor die CDU zwar Stimmen und Sitze in Gemeindesowie Kreisräten, während die Grünen zulegten. Dennoch hat die Union in den Gemeindeparlamenten mehr als 4000 Sitze und damit deutlich mehr als die Grünen (1344), in jenen auf Kreisebene 642 (Grüne 386).