Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Biden stoppt Ausbau von LNG-Exporten
Entscheidung ist ein Rückschlag für Habeck – Große Abhängigkeit von den USA
- Die US-Regierung von Präsident Joe Biden hat angekündigt, ausstehende Genehmigungen für den Export von Flüssiggas (LNG) auf Eis zu legen. Es solle untersucht werden, wie sich Exporte auf Energiekosten, die Energiesicherheit der USA und auf die Umwelt auswirken, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses am Freitag. Die Pause gilt für Exportprojekte in alle Länder, mit denen die USA kein Freihandelsabkommen haben – also auch für Europa. Das Weiße Haus betonte jedoch, die Verbündeten der USA würden weiterhin über die bestehende Infrastruktur beliefert.
Die Entscheidung ist dennoch ein Rückschlag für die Bemühungen der deutschen Politik – allen voran von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) –, die deutsche Energieversorgung mit
Flüssiggas zu sichern. Und sie bedeutet einen Kursschwenk in der US-Außenpolitik, denn bislang hatten die USA stets darauf gedrungen, dass Europa das USFlüssiggas importiert. In der Amtszeit von Präsident Donald Trump (2016-2020) hatte dieser sogar massiven Druck auf Deutschland wegen seiner Gasabhängigkeit von Russland ausgeübt. Trump hatte seinerzeit mit Sanktionen wegen des Baus von Nord Stream 2 gedroht.
Nun, das Ende ist bekannt: Durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und den daraus resultierenden Sanktionen blieb auch Nord Stream 2 auf der Strecke – die Pipeline wurde zwar baulich vollendet, doch Gas floss nie durch die Leitung. Inzwischen ist sie infolge der Unterwasser-Sprengungen aus dem Herbst 2022 weitgehend zerstört. Mit der neuen Entscheidung der
US-Administration gerät auch die Zukunft der in wenigen Monaten aus dem Boden gestampften deutschen LNG-Terminals an Nord- und Ostsee ins Wanken. Diese waren teilweise unter großem Protest der einheimischen Bevölkerung genehmigt worden – auf Rügen schwelt ein Konflikt über ein solches Terminal, das vor der Küste errichtet werden soll, noch immer.
Habeck hatte große Hoffnungen in die LNG-Importe aus den USA gesetzt. Zuletzt hatte der Bundeswirtschaftsminister immer wieder um sogenanntes LNG aus den USA geworben, er war persönlich nach Washington gereist. Wie sehr Deutschland beim LNG mittlerweile von den Vereinigten Staaten abhängig ist, zeigt sich in aktuellen Zahlen: Seit Beginn 2023 bezog Deutschland laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft ganze 83 Prozent seines importierten Flüssiggases aus den USA.
Hintergrund der Debatten in den USA ist auch der Umweltschutz, denn gewonnen wird Flüssiggas größtenteils durch das umstrittene Fracking. Die Deutsche Umwelthilfe, die Deutschlands LNG-Strategie seit jeher kritisiert, begrüßte die Entscheidung daher. Indes kritisierte Joe Bidens Rivale, Vorgänger und demnächst wohl auch Herausforderer um die US-Präsidentschaft ab 2025, Donald Trump, den Schritt: „Joe Biden hat wieder einmal den radikalen Forderungen der Umweltextremisten in seiner Regierung nachgegeben“, sagte Trump und machte deutlich, dass er im Falle eines Wahlsiegs die Entscheidung Bidens revidieren werde. Was die Versorgung mit bezahlbarem Gas angeht, könnten Deutschlands Hoffnungen demnächst also ausgerechnet auf Donald Trump ruhen.