Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Biden stoppt Ausbau von LNG-Exporten

Entscheidu­ng ist ein Rückschlag für Habeck – Große Abhängigke­it von den USA

- Von Andreas Becker

- Die US-Regierung von Präsident Joe Biden hat angekündig­t, ausstehend­e Genehmigun­gen für den Export von Flüssiggas (LNG) auf Eis zu legen. Es solle untersucht werden, wie sich Exporte auf Energiekos­ten, die Energiesic­herheit der USA und auf die Umwelt auswirken, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses am Freitag. Die Pause gilt für Exportproj­ekte in alle Länder, mit denen die USA kein Freihandel­sabkommen haben – also auch für Europa. Das Weiße Haus betonte jedoch, die Verbündete­n der USA würden weiterhin über die bestehende Infrastruk­tur beliefert.

Die Entscheidu­ng ist dennoch ein Rückschlag für die Bemühungen der deutschen Politik – allen voran von Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) –, die deutsche Energiever­sorgung mit

Flüssiggas zu sichern. Und sie bedeutet einen Kursschwen­k in der US-Außenpolit­ik, denn bislang hatten die USA stets darauf gedrungen, dass Europa das USFlüssigg­as importiert. In der Amtszeit von Präsident Donald Trump (2016-2020) hatte dieser sogar massiven Druck auf Deutschlan­d wegen seiner Gasabhängi­gkeit von Russland ausgeübt. Trump hatte seinerzeit mit Sanktionen wegen des Baus von Nord Stream 2 gedroht.

Nun, das Ende ist bekannt: Durch den Angriffskr­ieg Russlands auf die Ukraine und den daraus resultiere­nden Sanktionen blieb auch Nord Stream 2 auf der Strecke – die Pipeline wurde zwar baulich vollendet, doch Gas floss nie durch die Leitung. Inzwischen ist sie infolge der Unterwasse­r-Sprengunge­n aus dem Herbst 2022 weitgehend zerstört. Mit der neuen Entscheidu­ng der

US-Administra­tion gerät auch die Zukunft der in wenigen Monaten aus dem Boden gestampfte­n deutschen LNG-Terminals an Nord- und Ostsee ins Wanken. Diese waren teilweise unter großem Protest der einheimisc­hen Bevölkerun­g genehmigt worden – auf Rügen schwelt ein Konflikt über ein solches Terminal, das vor der Küste errichtet werden soll, noch immer.

Habeck hatte große Hoffnungen in die LNG-Importe aus den USA gesetzt. Zuletzt hatte der Bundeswirt­schaftsmin­ister immer wieder um sogenannte­s LNG aus den USA geworben, er war persönlich nach Washington gereist. Wie sehr Deutschlan­d beim LNG mittlerwei­le von den Vereinigte­n Staaten abhängig ist, zeigt sich in aktuellen Zahlen: Seit Beginn 2023 bezog Deutschlan­d laut dem Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft ganze 83 Prozent seines importiert­en Flüssiggas­es aus den USA.

Hintergrun­d der Debatten in den USA ist auch der Umweltschu­tz, denn gewonnen wird Flüssiggas größtentei­ls durch das umstritten­e Fracking. Die Deutsche Umwelthilf­e, die Deutschlan­ds LNG-Strategie seit jeher kritisiert, begrüßte die Entscheidu­ng daher. Indes kritisiert­e Joe Bidens Rivale, Vorgänger und demnächst wohl auch Herausford­erer um die US-Präsidents­chaft ab 2025, Donald Trump, den Schritt: „Joe Biden hat wieder einmal den radikalen Forderunge­n der Umweltextr­emisten in seiner Regierung nachgegebe­n“, sagte Trump und machte deutlich, dass er im Falle eines Wahlsiegs die Entscheidu­ng Bidens revidieren werde. Was die Versorgung mit bezahlbare­m Gas angeht, könnten Deutschlan­ds Hoffnungen demnächst also ausgerechn­et auf Donald Trump ruhen.

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FOTO: STEFAN SAUER/DPA Am LNG-Terminal in Lubmin wird noch gebaut. Mit der neuen Entscheidu­ng der US-Administra­tion gerät auch die Zukunft der Flüssiggas­terminals an Nord- und Ostsee ins Wanken.

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