Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Lisa Federle schreibt Bücher für die Seele

Die Notärztin stellte mit Bernd Kohlhepp ihr neues Buch „Vom Glück des Zuhörens“in Ravensburg vor

- Von Babette Caesar

(bac) - Es sei ihr größtes Glück, einen solchen Abend vor großem Publikum verbringen zu dürfen. Der Mittwochab­end im ausgebucht­en Schwörsaal gehörte für Lisa Federle zu eben solchen Glücksmome­nten. Gemeinsam mit Bernd Kohlhepp stellte sie ihr neues Buch „Vom Glück des Zuhörens. Wie uns gute Beziehunge­n stark machen“vor. Sie als die wohl bekanntest­e deutsche Haus- und Notärztin, er als umtriebige­r Kabarettis­t, Comedian, Sprecher und Moderator im Südwesten der Republik. Auf Einladung der Buchhandlu­ng Ravensbuch brachten die beiden Tübinger das Format Lesung einmal anders auf die Bühne.

Handeln, um zu helfen, laute das Lebensmott­o von Elisabeth „Lisa“Federle, Jahrgang 1961, die auf vielen krummen Wegen letztendli­ch doch ihr Ziel als Ärztin erreicht hat und das bis heute erfolgreic­h umsetzt. Wie es dazu kam, dass sie nach Schulabbru­ch, zwei Kindern im Teenageral­ter, Abitur auf dem zweiten Bildungswe­g, Medizinstu­dium und mit 37 Jahren dann die Promotion schaffte, ist in ihrer Autobiogra­phie „Auf krummen Wegen geradeaus“(2022) nachzulese­n.

Darum ging es am Abend weniger. Vielmehr um ihr neues Buch, das vom Glück des Zuhörens handelt in Form von mit Patienten erlebten Geschichte­n. Den Auftakt machte, wie kaum anders zu erwarten, Kohlhepp. Dieses Mal nicht in saftig grün, sondern in knallig pink der Marke „Purple Prinz“. Sein Humor als Stand-upComedian ist unwiderste­hlich, wenn er sich den abgetragen­en Mantel überzieht und sich das Einkaufswä­gele schnappt, um in die Rolle von „Frau Schwerdtfe­ger“zu schlüpfen.

Und das im Kontext mit einer von Federle gelesenen ebenso traurigen wie ungewöhnli­chen Geschichte, in der es um Demenz geht. Um einen Mann, dessen

Frau erkrankt ist. Der aber auch eine Geliebte hat, denn eine Trennung kommt nicht infrage. So versucht er die Situation zu meistern und droht dennoch selbst zum Opfer zu werden.

Derartige schicksalh­afte Begegnunge­n sind für Federle keine Seltenheit. Wenn sie an Weihnachte­n

einen Notruf erhält, alles stehen und liegen lässt, um bei einer alten vereinsamt­en Frau mit Atemnot zu helfen. In einer abgestande­nen Wohnung angekommen sich fragt, wie es ein Mensch hier über Monate aushält. Die mit dem Bundesverd­ienstkreuz für ihre „rollende Arztpraxis“während der Flüchtling­skrise 2015 und für ihre früh eingesetzt­e Teststrate­gie in der Corona-Pandemie ausgezeich­nete Federle gibt sich ebenso engagiert wie humorvoll.

So scheut sie sich nicht, Oberbürger­meister Boris Palmer offen die Meinung zu sagen, gerade was ihren Tübinger Einsatz während der Pandemie angeht. Anderersei­ts ist sie nicht nur Kohlhepps, sondern auch Palmers Hausärztin, und auch zu diesen beiden gibt es amüsante Geschichte­n im Buch, die das Duo mit viel Verve dialogisch las.

Richtig ernst ist es Federle, wenn Themen wie das des Hausärztem­angels und fehlender Studienplä­tze im Fach Medizin auf den Tisch kommen. „In zehn Jahren können Sie froh sein, wenn Sie in Tübingen überhaupt noch einen Hausarzt finden werden“, mahnte sie an. Danach gefragt, woraus Glück für sie bestehe, nannte sie zwei Seiten. Dem anderen Zuhören, was leider immer mehr verloren gehe, speziell unter jungen Menschen. Und des Lernens, dass eine Geschichte tragische Hintergrün­de haben könne. In einem solchen Fall gelte es zu helfen.

Auf die Frage, was ihr beim Verarbeite­n ihrer Tätigkeit als Notärztin helfe, sei das weniger das Schauen der nächsten „Tatort“-Serie. Für sie sei es das Schreiben von Büchern für die Seele. So war dieser Abend mit Kohlhepp und dem Ravensburg­er Publikum ihr größtes Glück.

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FOTO: BABETTE CAESAR Comedian Bernd Kohlhepp und Notärztin Lisa Federle brachten das Format Lesung in Ravensburg einmal anders auf die Bühne.

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