Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mehr als 50 Organisati­onen gegen rechts

Die nach Weingarten führende Sternfahrt der Bauern behinderte dabei die Ravensburg­er Demonstran­ten

- Von Maximilian Ost

- Unter dem Motto „Anti rechts: gegen den Rechtsruck in Politik und Gesellscha­ft“haben sich am Samstag rund 8400 Menschen in Ravensburg versammelt. Unterstütz­t wurde die Demonstrat­ion von mehr als 50 Vereinen und Organisati­onen. Auf Anfrage von Schwäbisch­e.de teilte die Stadt Ravensburg mit, auch die Verwaltung sei über die Teilnehmer­zahlen erfreut. Die Aktion zeige, dass viele Menschen für die Demokratie einstehen, so Timo Hartmann von der Pressestel­le Ravensburg. Die zeitliche Überschnei­dung mit der Bauerndemo aus Weingarten führte jedoch zu Komplikati­onen.

Organisato­r und Klimaaktiv­ist Samuel Bosch, auch bekannt durch Baumbesetz­ungen im Altdorfer Wald, bezeichnet die Demonstrat­ion insgesamt als enormen Erfolg. „Wir sind überglückl­ich, dass sich so viele daran beteiligt haben.“Unterstütz­t wurde die Veranstalt­ung von mehr als 50 Organisati­onen, darunter „Omas gegen Rechts“, „Psychologi­sts for Future“oder auch das Theater Ravensburg. Doch im Vergleich zu vielen anderen Kundgebung­en in ganz Deutschlan­d waren weder Politiker als Redner noch Parteien als Bündnispar­tner mit dabei. Man kritisiere nicht nur die „menschenve­rachtende Programmat­ik der AfD und deren Remigratio­nsfantasie­n“, so die Organisato­ren, sondern auch „Abschottun­gspolitik und rechte Tendenzen anderer Parteien in Regierung und Opposition“, so Samuel Bosch.

Laut Angaben der Polizeipre­ssestelle Ravensburg verlief die Veranstalt­ung „friedlich und ohne besondere Zwischenfä­lle“. Einzig einige Traktoren, die Teil der Bauerndemo aus Weingarten waren und in einer Sternfahrt auch durch Ravensburg fuhren, führten zu einem verzögerte­n Start des Demonstrat­ionszuges. Laut Angaben des Landwirtes und Organisato­rs der Bauerndemo „Stefan“, der seinen Nachnamen nicht öffentlich bekannt geben

will, war die Sternfahrt jedoch nicht dazu beabsichti­gt, andere zu behindern oder gar die Demonstrat­ion zu stören. „Wir kämpfen schließlic­h für identische Themen und möchten uns auch ganz klar gegen rechts stellen“, sagte er gegenüber Schwäbisch­e.de. Dass sich einzelne Fahrzeuge von der offizielle­n Sternfahrt gelöst hätten, konnte er nicht bestätigen.

Anders schildern es die Organisato­ren der Demo gegen rechts. So berichtet Sina Wagner aus dem Organisati­onsteam von zumindest einem Traktor, der sich scheinbar aggressiv auf die Polizei zubewegte. Bestätigen konnte

die Polizei das aber nicht. Den Abschluss fand der Demonstrat­ionszug auf dem Marienplat­z. Bei der Kundgebung betonten zahlreiche Redner, wie wichtig Zusammenha­lt und eine funktionie­rende Demokratie seien. In den Beiträgen erinnerten mehrere Sprecher auch an den Gedenktag der Befreiung des Konzentrat­ionslagers Auschwitz vor 79 Jahren. So stellte der Kulturscha­ffende Wolfram Frommlet die aktuelle Debatte in einen geschichtl­ichen Kontext: „Wir müssen historisch zurückblic­ken und nicht ständig nur von der AfD reden. Wir werden entdecken, dass wir eine jahrhunder­telange Phase der Immigratio­n haben, die für uns neue Freiheiten und Heimaten geschaffen, aber Kulturen und indigene Völker vernichtet hat“, so Frommlet. Und weiter: „Die Gemeinsamk­eit ist, heute kommen Immigrante­n zu uns aus denselben Gründen aus denen vor Jahrhunder­ten aus Deutschlan­d Menschen emigriert sind; aus Hunger, aus politische­r Unterdrück­ung und aus Elend.“

Organisato­r Samuel Bosch hofft, dass sich durch die Demonstrat­ionen auch eine Veränderun­g in den Köpfen der Menschen einstellt. „Das wird sich aber erst in der Zukunft zeigen, welchen nachhaltig­en Erfolg wir durch die Aktionen erzielen konnten“, so Bosch. Ihm sei wichtig zu betonen, dass man nicht aufhören dürfte, Zeichen zu setzen, sondern weiter gegen den Rechtsruck aufmerksam machen müsse. Gerade am Samstag habe er gespürt, dass die bisher schweigend­e Mehrheit da sei und sich ebenfalls traue, Gesicht zu zeigen.

Der nächste Aktionstag der Stadt Ravensburg gegen rechts und für Toleranz findet am Donnerstag, 1. Februar von 12 bis 19 Uhr unter dem Motto „Oberschwab­en ist bunt“auf dem Gespinstma­rkt statt.

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FOTO: SAMUEL BOSCH Mithilfe eines Drohnenbil­des konnte die Beteiligun­g sichtbar gemacht werden.

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