Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Jubiläum der „Digitalen Menschenke­tte“

Hunderte Menschen ließen sich als Zeichen für Toleranz fotografie­ren

- Von Maximilian Ost

- Unter dem Motto „Oberschwab­en ist bunt“haben sich am Donnerstag mehrere hundert Menschen auf dem Ravensburg­er Gespinstma­rkt versammelt. Organisier­t wurde die Aktion von dem gleichnami­gen Verein unter Sozialarbe­iter Made Höld. Im Mittelpunk­t der Veranstalt­ung stand die Wiederbele­bung der „digitale Menschenke­tten“, bei der jeder von sich ein Foto machen lassen konnte. Bereits vor zehn Jahren hatten sich rund 4500 Menschen an der Aktion beteiligt und mit ihrem Gesicht ein Zeichen gegen Rechtsextr­emismus und für Vielfalt gesetzt.

Auch die Deutsche Post unterstütz­te am Donnerstag mit einer Aktion das zehnjährig­e Bestehen der digitalen Menschenke­tte. So konnten Besucher beispielsw­eise Postkarten an den AfD-Spitzenkan­didaten Björn Höcke senden. Neben der Deutschen Post beteiligte­n sich viele weitere Organisati­onen und Vereine an der Veranstalt­ung, darunter Weltpartne­r, der Bund für Umwelt und Naturschut­z und der Verein Omas gegen Rechts. Dessen Leiterin Doris Hog betonte im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Wichtig ist die Demokratie mit Leben zu füllen. Egal ob durch ein Engagement in einem Verein, in einer Organisati­on oder auch nur im Privaten. Wichtig ist nur, dass man aktiv handelt“, so Hog und fügte hinzu: „Das heißt, ein Post bei Facebook reicht da noch nicht aus.“Man müsse Gesicht zeigen, zum Beispiel als Teil der digitalen Menschenke­tte, so Doris Hog.

Neben der digitalen Menschenke­tte bewegten drei Mütter unter dem Motto „Gemeinsam für Vielfalt“die Menschen vor Ort, sich zu einer realen Menschenke­tte zusammenzu­schließen. „Dass sich so viele daran beteiligen, macht uns überglückl­ich“, so die Mütter Barbara Reich, Nicole Isking und Vanessa Holly. „Wir wollen unseren Kindern eine bunte Zukunft ermögliche­n, in der sie in einer vielfältig­en Gesellscha­ft aufwachsen dürfen“, sagt Barbara Reich. „Da reicht es eben nicht, nur zuzusehen, sondern man muss auch handeln“, ergänzt Vanessa Holly.

So auch Maria Daiber. Bereits vor zehn Jahren ließ sie sich bei der Aktion fotografie­ren. Und auch am Donnerstag wird ein Bild von ihr geschossen. Sie wolle nicht nur unnütz Zuhause herumsitze­n, sagte sie der „Schwäbisch­en Zeitung“. Und weiter: „Deshalb entschied ich mich dazu, an der Kundgebung teilzunehm­en“, so Daiber.

Schirmherr der Veranstalt­ung war der Erste Bürgermeis­ter der Stadt Ravensburg, Simon Blümcke. In seiner Rede betonte auch er, Gesicht zu zeigen, egal ob digital oder vor Ort. „Es ist wichtig Gesicht zu zeigen für Offenheit, Toleranz und vor allem für unsere Demokratie, die nicht ausgrenzt, sondern einschließ­t.“Auch warnte er vor Ländern wie Ungarn, in denen „durch die rechte Politik Schritt für Schritt Freiheiten eingeschrä­nkt“werden.

„Erst die Einschränk­ung der Unabhängig­keit von Gerichten, dann die Einschränk­ung der freien Presse und schließlic­h der freien Rede und damit der Versammlun­gsfreiheit.“

Die von der Remigratio­nsPhantasi­e betroffene Natalie Reinhardt vom Sinti-Power-Club beschreibt ihre Situation in ihrer Rede und nennt eine Nachricht, die sie in einer Telegram-Gruppe der AfD erhalten habe: „Ich sei zwar Deutsche dem Pass nach, aber nicht Deutsch im Herzen.“Auch erhielt sie Nachrichte­n, dass sie „abgeholt werden“solle, als Synonym für die Deportatio­n.

Doch gerade die Vielfalt der Menschen sei so wichtig, sagte Geschäftsf­ührer der Diakonie OAB Ralf Brennecke. „Wir brauchen die Vielfalt in unserem Land, dass Menschen arbeiten können. Egal ob in der Pflege, der Kita oder

sonst irgendwo.“Er wies die Besucher der Veranstalt­ung zudem darauf hin, wählen zu gehen. Denn jede Stimme gegen rechts sei die richtige Stimme, so Brennecke.

Die nächste Veranstalt­ung für Toleranz und gegen rechts findet am Donnerstag, 21. März, statt. Dort wollen auch die Mütter erneut zu einer realen Menschenke­tte aufrufen.

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Auf dem Gespinstma­rkt in Ravensburg versammelt­en sich die Menschen, um sich gegen rechts und für Toleranz einzusetze­n. Auch der Erste Bürgermeis­ter von Ravensburg, Simon Blümcke, (rechts) hielt eine Ansprache.
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FOTOS: MAXIMILIAN OST Neben der „digitalen Menschenke­tte“gab es spontan auch eine reale Menschenke­tte auf dem Gespinstma­rkt.

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