Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie fleißige Schüler belohnt werden
Trotz sozialer Hindernisse beweisen sie Ehrgeiz und Engagement
- Sie sind erst 17, 19 und 21 Jahre alt und beweisen trotz schwieriger Startbedingungen Ehrgeiz und Engagement. Das wird nun entlohnt: Qanita Malahat, Lorenz Springmann und Medina Qullumi aus Weingarten sind seit September Teil des badenwürttembergischen Programms Talent im Land (TiL).
Damit sind sie drei von 56 Schülerinnen und Schülern landesweit, die auf ihrem Weg zum Abitur oder zur Fachhochschulreife besondere Unterstützung erhalten – und auch bares Geld. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“verraten sie, wie sie das investieren.
„Ich habe mich stark gemacht in der SMV. Ich denke, dass dieses Engagement ausschlaggebend dafür war, dass es geklappt hat“, sagt Lorenz Springmann. SMV heißt „Schülermitverantwortung“. Das Gremium aus Schülern vertritt die Interessen seiner Mitschüler und gestaltet das Schulleben aktiv mit.
Der 21-Jährige zog vor drei Jahren aus Ostdeutschland nach Weingarten. In Ravensburg besucht er das Kolping-Bildungszentrum, um im nächsten Schuljahr sein Abitur zu machen. Er möchte Politiker werden. In einer Partei ist er jedoch nicht aktiv. Er selbst würde sich politisch gesehen links der Mitte zuordnen. Erste Erfahrungen in der Politik sammelt Lorenz
Springmann im Vorstand des Schülerrats Ravensburg. In dieser Rolle nimmt er an verschiedenen Sitzungen des Gemeinderats teil.
Seit September bekommt der Schüler, wie die anderen Stipendiaten auch, monatlich 150 Euro überwiesen. Und das, bis er das Abitur in der Tasche hat. „Klar, ich darf das nicht für Partys ausgeben“, betont er und lacht. Er investiere es in Bücher, um sich weiterzubilden.
Das Programm „TiL“wird von der Baden-Württemberg- und der Josef-Wund-Stiftung gefördert. Drei zusätzliche Stipendien konnten in diesem Jahr durch die Menold-Bezler-Stiftung und ein weiteres Stipendium durch die Elisabeth-Stiftung finanziert werden.
Die Förderung beinhaltet aber nicht nur Geld, sondern die Schüler werden auch zu ihren beruflichen Zielen beraten oder zu Seminaren eingeladen. „Das Stipendium ist zudem auch ein riesiges Netzwerk an Leuten, die selbst ambitioniert sind“, betont Lorenz Springmann.
Die 56 Stipendiaten sind eine vielfältige Gruppe: Ein knappes Drittel der Schüler ist in Deutschland geboren. Unter den 16 anderen Geburtsländern sind zum Beispiel Syrien, Ukraine und Pakistan zu finden.
„Ich bin noch nicht so lange in Deutschland, erst seit drei Jahren. Um Medizin zu studieren, muss ich mein Deutsch verbessern“, erklärt die 19-jährige Qanita Malahat aus Weingarten, warum ihr das Stipendium so wichtig ist. Mit dem Geld könne sie sich Nachhilfe leisten in Fächern, in denen sie Schwierigkeiten hat.
„Es geht nicht nur um das Geld“, betont Qanita Malahat. „Ich fühle mich sicher, wenn ich weiß, es ist jemand da, der mich unterstützt.“
Qanita Malahat wurde in Pakistan geboren. Mit ihren Eltern und ihrem großen Bruder verließ sie ihr Geburtsland, weil sie einer Minderheit des Islams angehören. „Ahmadiyya-Muslime haben in Pakistan keine Rechte“, erklärt die Schülerin. Ihre Familie habe sogar Drohbriefe erhalten.
In Oberschwaben hat Qanita Malahat mittlerweile Anschluss gefunden und möchte sich einbringen. Ihren Mitschülern an der Edith-Stein-Schule gibt sie hin und wieder Nachhilfe im Fach Mathematik. Sie half bei der Gestaltung einer Ausstellung gegen Diskriminierung von Muslimen und engagiert sich in der religiösen Ahmadiyya-Gemeinde in Weingarten. „Zu Neujahr haben wir Karten für ältere Menschen gebastelt“, erzählt Qanita Malahat.
Medina Qullumi, die dritte Stipendiatin aus Weingarten, ist stolz, dass auch sie es ins Programm geschafft hat. Sie sagt: „Wenn man den Willen hat, dann ist vieles möglich. Man muss sich nur trauen.“
Genau das hat die 17-Jährige auf ihrem Lebensweg bereits bewiesen. Ihre Eltern stammen aus dem Kosovo. Geboren wurde Medina Qullumi zwar in Deutschland, doch ihre Eltern sprachen zu dem Zeitpunkt kaum Deutsch, sondern Albanisch. Medina Qullumi hatte es in jungen Jahren schwer, die deutsche Sprache zu lernen und besuchte zunächst eine Förderschule. Mit Fleiß und Ehrgeiz schaffte sie es ans Gymnasium in Weingarten.
An ihrer Schule wurde sie im vergangenen Herbst zur stellvertretenden Schulsprecherin geählt. „Ich verfolge das Ziel, dass wir wieder ein besseres Miteinander an der Schule haben“, sagt Medina Qullumi. Sie möchte sich gegen Diskriminierung und Rassismus einsetzen.
Außerdem ist sie als Sanitäterin an ihrer Schule aktiv. Ihr Ziel ist es, Medizin zu studieren. Das Stipendium werde ihr auf diesem Weg helfen, ist die 17-Jährige überzeugt: „Ich muss sozial begabt sein, mit Menschen umgehen können, ehrgeizig ein Ziel verfolgen.“Gemeinsame Projektarbeiten und Workshops wie zu Zeitmanagement bringe sie in diesen Punkten weiter.
Am Freitag, 2. Februar, fahren die drei Stipendiaten nach Stuttgart. Dort treffen sie Kultusministerin Theresa Schopper und bekommen ihre Urkunden überreicht.