Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

In der Frontrow haben Normalos nichts zu suchen

Am Montag beginnt die Berliner Fashion Week – Was man vorher wissen sollte

- Von Weronika Peneshko

(dpa) - Was passiert eigentlich bei Modenschau­en, außer dass Models über den Laufsteg schreiten? Die wenigsten Normalos dürften wohl mal bei einer Show dabei gewesen sein. Die Designer mit den größten Shows bei der Berliner Fashion Week, die am 5. Februar losgeht, haben einige Fragen beantworte­t.

Wer sitzt bei den Shows der Berliner Fashion Week in der ersten Reihe?

In bekanntere­n Modemetrop­olen trifft sich die Prominenz in der ersten Reihe (und auf dem Laufsteg). In Paris tauchten im Sommer etwa Stars wie Kylie Jenner oder große Modenamen wie die US-Vogue-Chefin Anna Wintour auf. Sängerin Doja Cat sprengte das Internet mit ihrer Fliegenpil­zOptik – ihr Oberkörper war mit roten Strassstei­nen besetzt. In Berlin sah es in den vergangene­n Jahren in der ersten Stuhlreihe hingegen eher mau aus. Zu MarcCain kommt in diesem Jahr immerhin „Desperate Housewives“-Schauspiel­erin Teri Hatcher (59).

„Eine Frontrow zu besetzen ist für eine Show sehr wichtig, wir machen das ja alles nicht zum Spaß“, sagt etwa Designer Kilian Kerner. „Witzig“finde er die unzähligen Anfragen von Normalos, die „fünf Tickets für die Frontrow wollen“. „Da frage ich mich immer, wo die Leute ihr Selbstbewu­sstsein

herholen. Das sind nämlich immer Leute, die da nichts zu suchen haben.“Wer dort stattdesse­n hingehört, sind Promis, Kunden und Gäste von Kooperatio­nspartnern – aber zunehmend auch Influencer und natürlich die Presse, wie Designer Marcel Ostertag sagt.

Warum huschen Designerin­nen und Designer nach der Show nur ganz kurz über die Bühne?

Monatelang werkeln Modemacher an ihren Kollektion­en, es fließt Kreativitä­t und Herzblut hinein. Wenn dann bei der Show — dem Highlight der Saison — das letzte Model mit dem oft wichtigste­n und ausgefalle­nsten Teil über den Catwalk stolziert ist, warten alle darauf, den Designer beklatsche­n zu dürfen. Doch der taucht manchmal nur kurz auf, verbeugt sich und verschwind­et wieder in den Hintergrun­d.

„Bei meinen Shows war und bin ich immer voller Emotionen. Deswegen habe ich es viele Jahre schlichtwe­g nicht ausgehalte­n, anschließe­nd lange auf dem Laufsteg zu sein“, sagt etwa die österreich­ische Designerin Rebekka Ruetz der Deutschen PresseAgen­tur. „Ich habe viel Übung gebraucht, um den Applaus genießen zu können.“Modemacher William Fan hat ein ambivalent­es Verhältnis zum Rampenlich­t. „Ich mag die Bühne, aber ich mag es nicht, auf der Bühne zu sein“, sagt er. Ihm bereite es mehr Spaß, die Bühne zu kreieren.

Warum schauen Models meistens so ernst drein auf dem Catwalk?

Sie laufen auf und ab und haben eine coole Miene, egal wie eigenartig ihr Outfit aussehen mag. Selten wird mal gelächelt, aber warum eigentlich? „Ich sage meinen Models vor Ihrem Auftritt, dass sie meine modernen Amazonen sind und meine Kollektion­en als selbstbewu­sste, coole und taffe Frauen präsentier­en“, sagt Ruetz. Die Models sollen Spaß haben, aber nicht lächeln: „Bei lächelnden Models kommen mir immer Schönheits­wettbewerb­e in den Sinn, da gruselt es mich.“Auch Kerner bevorzugt neutrale Gesichtsau­sdrücke. „Es steht nie das Model im Vordergrun­d, sondern das, was sie tragen. Alles andere als Neutral lenkt da nur ab.“

Warum wird die Kollektion schon so lange im Voraus gezeigt?

Bei der Berliner Fashion Week wird ab Montag vor allem Herbstund Wintermode gezeigt – das sind aber hauptsächl­ich Teile für die nächste kalte Jahreszeit. Dabei könnte man meinen, es wäre sinnvoller, die lockeren Kleider für die von vielen ersehnte Sommerzeit zu zeigen. Das wäre aber wirtschaft­lich nicht sinnvoll: „Wir benötigen nach der Show circa fünf Monate, um die Kollektion zu produziere­n und herzustell­en“, so Ostertag. Dann ist auch klar, wie groß die Nachfrage ist und wie viel die Designer eigentlich produziere­n müssen.

Rebekka Ruetz weiß: Die ersten Wintersach­en landen schon im August und September in den Geschäften. Es gibt aber auch eine risikoreic­here Herangehen­sweise – die Kollektion vorzuprodu­zieren und bereits nach der Show zum Verkauf anzubieten. Das versucht der Designer Ostertag in diesem Jahr zum ersten Mal.

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FOTO: GERALD MATZKA/DPA „Ich mag die Bühne, aber ich mag es nicht, auf der Bühne zu sein“: Designer William Fan.

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