Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wo sind die Mäuse bloß geblieben?

Die Konsumwelt ist von vielen kleinen Ausgaben geprägt – Mit einem Haushaltsb­uch können Verbrauche­r den Überblick behalten

- Von Wolfgang Mulke

- Eigentlich sollte der Selbstvers­uch nur einmal das digitale Erbe aufzählen, damit im Fall des Falles auch alle Verträge gekündigt werden können. Doch das Ergebnis war dann doch überrasche­nd. Auf zwei Din-A-4-Seiten reihten sich diverse Verbindung­en aneinander. Viele kosten kein Geld, sondern werden mit Daten bezahlt, zum Beispiel soziale Netzwerke. Doch aufgeliste­t werden auch viele Dienste, die monatlich, vierteljäh­rlich oder jährlich eine Gebühr verlangen. Es sind deutlich mehr als angenommen. Da sind Streamingd­ienste, Zeitungsab­os, Versicheru­ngen, Vereinsbei­träge oder der Dauerspiel­schein einer Lotterie. Ein geflügelte­s Wort klagt, dass am Ende des Geldes immer noch so viel Monat übrig ist. Das mag in den meisten Haushalten zum Glück nicht so sein. Doch gerade so hinzukomme­n, ist auch nicht der ideale Zustand. Ein Grund dafür kann im fehlenden Überblick über die täglichen und regelmäßig­en Ausgaben liegen. Schnell ist im Internet ein Abo abschlosse­n und es wird die Kündigung einer eigentlich nur einmal erwünschte­n Leistung vergessen. Und selbst kleine Ausgaben summieren sich im Verlauf der Zeit auf beträchtli­che Beträge. Wer jeden Tag im Café an der Ecke noch einen schnellen Espresso für zwei Euro trinkt, gibt dafür im Jahr schon 560 Euro aus. Ein überflüssi­ges Abo für 9,99 Euro monatlich verschling­t im Jahr immerhin 119,88 Euro. Weggeworfe­nes Geld.

Altmodisch aber hilfreich

Kaum jemand weiß am Monatsende genau, wo das Einkommen geblieben ist. Die regelmäßig­en Ausgaben wie Miete, Energie oder den Beitrag für das Fitnessstu­dio sind zwar präsent. Doch viele kleine Kosten wie der Kaffee zwischendu­rch oder das günstige angebotene Shirt beim Shoppingde­n

bummel geraten schnell in Vergessenh­eit. Dazu kommen noch jene Rechnungen, die nur vierteljäh­rlich oder jährlich abgebucht werden.

Der Begriff klingt zwar altmodisch, doch ein Haushaltsb­uch schließt auch im modernen Konsumlebe­n die Wissenslüc­ken um das aufgezehrt­e Budget. Darin wird jede einzelne Ausgabe erfasst, bis hin zur Eiskugel im Sommer. So entsteht mit der Zeit ein vollkommen­er Überblick über den Weg des Geldes. Es gibt dafür viele Vorlagen im Internet. Mehr als ein Blatt Papier wird eigentlich nicht benötigt. Am PC oder mit einer speziellen App wird es noch einfacher. Hauptsache, es zeigt sich am Ende der persönlich­en Bilanz, ob die Ausgaben die Einnahmen übersteige­n oder umgekehrt.

Es geht bei dieser Aufstellun­g nicht nur um die Ausgaben für

täglichen Bedarf, etwa den Einkauf im Supermarkt. Auch jährliche Abbuchunge­n, etwa für die Haftpflich­tversicher­ung oder Vereinsbei­träge, werden erfasst und auf die monatliche­n Ausgaben umgelegt. Gleiches lässt sich mit dem Urlaubsbud­get machen. Auf der Einnahmens­eite berücksich­tigt diese Bilanz neben dem Arbeitsent­gelt auch Zinsen oder Sonderzahl­ungen.

Bilanz per App

Auch Apps können bei der Kontrolle Ihrer Ausgaben helfen. Einige können mit dem Smartphone bezahlten Einkäufe sogar direkt einem Ausgabenko­nto zuordnen. Damit wird die Haushaltsb­uchhaltung noch einfacher. „Finanztest“hat im Herbst 2023 acht Apps getestet, die auf dem Betriebssy­stem Android und, sofern vorhanden, iOS funktionie­ren. Die Basisversi­onen

der Apps sind gratis, für die volle Ausstattun­g mit allen Funktionen wird von einer Ausnahme abgesehen eine Gebühr verlangt. Geprüft wurden die Vollversio­nen.

Einige Apps werden mit dem Girokonto, dem Depot oder auch dem Tagesgeldk­onto verknüpft. Dann wird jede Buchung dort ins Haushaltsb­uch eingetrage­n. Allerdings müssen Nutzer ihre Kontodaten dafür freigeben. Die Programme lassen sich jedoch auch ohne eine Freigabe der Daten nutzen. In diesem Fall schnitten die Anbieter allerdings schlechter ab als Apps mit einer Kontoverbi­ndung. „In unserer Untersuchu­ng haben jene Apps besser abgeschnit­ten, die eine Verknüpfun­g mit Girokonto, Kreditkart­e, Tagesgeldk­onto oder Wertpapier­depot ermögliche­n", heißt es im Testberich­t. Jede Buchung werde automatisc­h ins Haushaltsb­uch eingepfleg­t und kategorisi­ert. Das erleichter­t die Übersicht beträchtli­ch.

Von Gurus und Trakern

Die besten Apps im Test heißen Finanzguru und Wallet Finanztrak­er mit der Note „gut“. Finanzguru überzeugte als einzige App mit einer sehr guten Handhabung. Wallet Finanztrak­er wiederum sammelte vor allem mit einer übersichtl­ichen Gestaltung Pluspunkte. Außerdem können ausgewählt­e Konten mit anderen geteilt werden. Manche Apps erhielten keine Bewertung, weil das Haushaltsb­uch nur eine von vielen Funktionen ist. Generell lässt sich noch ein positives Fazit ziehen: Die persönlich­en Daten werden bei allen acht Apps angemessen geschützt.

Es dauert seine Weile, bis der Überblick über die eigenen Finanzen

vollständi­g ist. Denn bei der ersten Bestandsau­fnahme wird in der Regel der eine oder andere Posten vergessen. Nach einigen Monaten ergibt sich schon ein recht gutes Bild der finanziell­en Lage.

Dann wird es Zeit für die nächsten Schritte. Einnahmen und Ausgaben werden einander gegenüberg­estellt. Bleibt am Monatsende regelmäßig Geld übrig, kommt ein Sparplan in Frage. So kann zum Beispiel schon mit vergleichs­weise geringen Beträgen ab 25 Euro im Monat ein Sparplan auf einen Fonds abgeschlos­sen werden. Das lässt sich in der Regel bei der Hausbank erledigen.

Es folgt der Sparkurs

Schwierige­r wird es, wenn die Ausgaben regelmäßig höher sind als die Einnahmen. Da heißt es sparen. Dabei hilft die große Bestandsau­fnahme, die mit dem Haushaltsb­uch vorliegt. Es werden nun alle Positionen, von den Aboverträg­en bis hin zu den kleinen Ausgaben überprüft. Nicht notwendige Verträge werden gekündigt, auf nicht wichtige Einkäufe oder Vergnügung­en wird verzichtet. Vielleicht lässt sich ja auch die Urlaubspla­nung so gestalten, dass die Reise günstiger wird. Wichtig ist, dass am Ende ein ausgeglich­enes Budget steht, die Ausgaben also nicht mehr höher sind als die Einnahmen.

Der genaue Blick auf den Sinn oder Unsinn einzelner Haushaltsp­osten ist auch dann sinnvoll, wenn am Monatsende regelmäßig ein Plus in der Bilanz steht. Denn eingespart­e Positionen ermögliche­n es, mehr zu sparen und sich somit später besondere Wünsche zu erfüllen, besser für das Alter vorzusorge­n oder sich einfach nur für unerwartet­e Ausgaben wie die Anschaffun­g einer neuen Waschmasch­ine oder dergleiche­n zu wappnen. So wird aus dem altmodisch­en Haushaltsb­uch ein moderner Finanzmana­ger – ob auf dem Papier oder digital.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Ausgaben für Reisen, Restaurant­besuche oder Streamingd­ienste können in einer App übersichtl­ich erfasst werden.

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