Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Neues Angebot löst altes Kita-Problem
Gemeinde stellt Tagesmutter aus Altshausen für eine Großtagespflege ein
- Mit klaren Mehrheiten entscheidet der Gemeinderat sich letztendlich für eine Großtagespflege, um weitere Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zu schaffen. Zuvor gab es zwischen Verwaltung, Gemeinderäten und Fachleuten eine intensive Diskussion.
Wie viele Kommunen kämpft auch Altshausen mit fehlenden Betreuungsplätzen für Kleinkinder. Das hatte schon vor rund einem Jahr der kommunale Kindergartenbedarfsplan im Gemeinderat aufgezeigt. Als Notlösung wurde daher im November der Einbau einer halben Krippengruppe mit sechs Plätzen im Kinderhaus S. Ulrika diskutiert.
Am Mittwochabend stellte die Verwaltung als Alternative das Modell einer Großtagespflege im Gremium vor. Mit dem Konzept war Sandra Schmid, Tagesmutter aus Altshausen, auf den Bürgermeister Patrick Bauser zugegangen als sie von der Platznot gehört hatte.
Eine Großtagespf lege ist ein Zusammenschluss von Tageseltern, die bis zu neun Kinder unter drei Jahren gleichzeitig betreuen können. Mit Platzsharing wären bis zu 15 Kleinkinder erlaubt. Im Gegensatz zur Kita im Kindergarten ist jedes Kind einer Betreuungsperson beziehungsweise Stellvertretung zugeordnet. „Auch gibt es niedrigere Anforderungen an die Räumlichkeiten, weniger administrative Aufgaben und geringere Personalkosten“, zählte Jante Locher auf, Kindergartenbeauftragte der Verwaltung.
In umliegenden Gemeinden gibt es bereits Großtagespflegeeinrichtungen. Dabei ist das Personal bei der jeweiligen Kommune angestellt, was das eigene finanzielle Risiko der sonst selbstständigen Tageseltern reduziert. Tagesmutter Schmid hat bereits für solche Einrichtungen gearbeitet und würde gerne eine eigene leiten. Mit Mann und drei Kindern lebt sie in Altshausen.
Schmid hat eigene Räumlichkeiten, in denen sie umgehend fünf Betreuungsplätze anbieten könnte. Ab dem sechsten Kind müsste eine zweite Betreuungsperson eingestellt werden, langfristig mit mehr Kindern auch größere Räume gefunden werden. Die
Gemeinde hätte aber in der Herzog-Albrecht-Allee 42 ein eigenes Gebäude zur Verfügung, das sie herrichten könnte.
Finanziell müsste die Gemeinde neben den einmaligen Investitionen von noch unklarer Höhe jährlich voraussichtlich rund 36.500 Euro für den Betrieb der Großtagespflege zahlen. Fachlich unterstünde das Personal trotz Anstellung bei der Kommune dem Jugendamt. Expertinnen vom Jugendamt sowie der Fachberatung für Kindertagespf lege waren in der Sitzung und untermauerten die Vorteile des Modells.
In der zähen Debatte hegten Gemeinderäte dennoch unterschiedliche Bedenken. Brigitte Bettenmann (FWV) etwa warf die Frage auf, ob eine Personalie öffentlich beschlossen werden sollte. Denn laut Sitzungsvorlage der Verwaltung sollte nicht nur über die Einrichtung und Stellen entschieden werden, sondern auch ob Sandra Schmid eingestellt oder die Stelle ausgeschrieben werden soll. Bürgermeister Patrick Bauser stellte klar, dass das Vorgehen mit Jugendamt, Fachberatung für Kindertagespf lege und Kommunalaufsicht abgestimmt sei. Auch für die anderen Großtagespf legeeinrichtungen im Kreis Ravensburg seien die Stellen nicht ausgeschrieben worden.
Götz Lohrmann (CDU) nannte die Diskussion „ziemlich deutsch.“Man müsse froh sein, wenn man mal etwas nicht ausschreiben müsse. „Angesichts des Fachkräftemangels und unserer fehlenden Plätze sollten wir dankbar sein, dass von sich aus jemand mit so einer Idee kommt“, sagte Lohrmann.
Letztendlich stimmte eine Mehrheit für die Errichtung der Großtagespflege mit der Gemeinde als Träger sowie für 1,7 bis 1,9 Stellen, die bei ihr angestellt werden. Gestartet werden soll spätestens im September. Auf Antrag von Bettenmann entschied das Gremium nicht-öffentlich über die Personalie. Laut Bürgermeister Bauser war eine große Mehrheit dafür, Sandra Schmid als Leiterin einzustellen und die Stelle nicht auszuschreiben.
Mit der Entscheidung ist die halbe Krippengruppe im Kinderhaus S. Ulrika vorerst hinfällig. „Langfristig werden wir aber sicher weitere Plätze benötigen. Der Bedarf steigt stetig“, sagte Bauser.