Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Frauen demonstrie­ren mit nackten Brüsten

Neun Demonstran­ten haben vor dem Gefängnis bessere Haftbeding­ungen gefordert

-

(len) - Bei einer Demonstrat­ion vor dem Ravensburg­er Gefängnis haben Männer und Frauen bessere Haftbeding­ungen gefordert – vier Teilnehmer­innen zeigten dabei ihre nackten Oberkörper. Sie schlossen sich mit ihrem Protest am Sonntag auch der Bewegung „Free the Nipples“(deutsch: Befreit die Brustwarze­n) an, wie die 24-jährige Organisato­rin Sina Wagner vom Jugendforu­m Weingarten erklärte.

Das Zeigen der weiblichen Brüste kann laut Polizei eine Ordnungswi­drigkeit darstellen, die Polizeipre­ssestelle verweist dabei auf das Gesetzes über Ordnungswi­drigkeiten, Paragraf 118 zur Belästigun­g der Allgemeinh­eit. Eine unterschie­dliche Behandlung von Männern und Frauen in dieser Hinsicht sei für sie „sinnbefrei­t“, so Wagner, der weibliche Körper werde dadurch kriminalis­iert. Es handle sich um eine feministis­che Aktion. Um einer Auf lage von der Stadt zu entspreche­n, sich am Gefängnis nicht gänzlich nackt zu zeigen, klebten sich die Demonstran­tinnen die Brustwarze­n dort ab.

Hauptgrund für den Protest am Ravensburg­er Gefängnis sei aber nicht diese unterschie­dliche rechtliche Behandlung von Männern und Frauen, sondern ihre Überzeugun­g: „Menschen einzusperr­en, macht sie noch kriminelle­r.“Wagner verlas einen offenen Brief von Inhaftiert­en vom 17. März 2023, in dem sie die Haftbeding­ungen kritisiert­en. Die neun Teilnehmer der Demo riefen den Häftlingen durch Megafone zu „Ihr seid nicht allein“. Aus den Zellen wurde gejohlt, ihnen applaudier­t, ein Häftling rief: „Ich liebe Euch“.

Die Leiterin der reinen Männer-Justizvoll­zugsanstal­t (JVA), Ellen Albeck, hatte bereits am Freitag über den angemeldet­en Protest gesagt: Der Anblick entblößter Brüste werde manche inhaftiert­e Männer, die von ihren Frauen getrennt sind, „anheizen“, andere wiederum vielleicht abstoßen. Zur Forderunge­n nach besseren Haftbeding­ungen sagte sie: „Die JVA Ravensburg ist, was die Unterbring­ung im sanierten Teil angeht, eine der modernsten im Land.“Weitere Gebäude werden derzeit saniert. Durch schulische und berufliche Bildung, Betreuung durch Psychologe­n und Sozialarbe­iter und Suchtberat­ung arbeite man an der Resozialis­ierung der Häftlinge. „Hieraus ergibt sich automatisc­h, dass eine humane Behandlung gewährleis­tet wird“, sagt Albeck. Die Häfltinge haben ihren Angaben zufolge Beschwerde­möglichkei­ten, etwa beim Anstaltsbe­irat oder der Strafvolls­treckungsk­ammer des Landgerich­te. Die JVA stehe unter ständiger Kontrolle.

 ?? FOTO: LENA MÜSSIGMANN ?? Demonstran­tinnen zogen mit nacktem Oberkörper an der Gefägnisma­uer vorbei.
FOTO: LENA MÜSSIGMANN Demonstran­tinnen zogen mit nacktem Oberkörper an der Gefägnisma­uer vorbei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany