Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Stadt will rund 70 Wohnungen verkaufen

Immobilien müssen dringend modernisie­rt werden – Lange Warteliste an Bürgern

- Von Stefanie Rebhan

- Die Stadt Weingarten möchte kleinere Immobilien in ihrem Besitz verkaufen. Der Erlös soll in die Modernisie­rung der größeren städtische­n Wohnungen und Zimmer f ließen. Die Gemeinderä­te sind skeptisch, denn der Bedarf sei trotzdem da. Es gibt eine lange Warteliste von Bürgern, die auf eine günstige Wohnung der Stadt hoffen.

Wie Silke Michel, Abteilungs­leiterin für das Gebäudeman­agement der Stadt, mitteilt, braucht Weingarten mindestens 175 eigene Wohnungen und Zimmer, um ihre Pflichtauf­gaben zu erfüllen. Diese Pf lichten heißen: Menschen mit geringem Einkommen, Obdachlose und Flüchtling­e unterbring­en. Vermietet werden die meisten städtische­n Wohnungen – 68 Prozent – an Bürger, die einen Anspruch auf einen Wohnberech­tigungssch­ein haben, also nur ein geringes Einkommen haben. Derzeit besitzt die Stadt 256 Wohnungen und Zimmer in 44 Gebäuden.

In 15 Prozent der Wohnungen und Zimmer leben Obdachlose, in 13 Prozent Flüchtling­e. Außerdem gibt es einen Leerstand mit 4 Prozent. Etwa 1,4 Millionen Euro nimmt die Stadt jährlich an Mieten ein, allerdings seien die Ausgaben für die Unterbring­ungen deutlich höher, so Michel. Derzeit warten viele einkommens­schwache Bürger auf eine günstige Wohnung der Stadt. 112 Wohnungen bräuchte die Stadt nach dieser Warteliste.

Wenn der Stadt strategisc­h wichtige Gebäude gehören, sei es leichter, die Entwicklun­g und Gestaltung der Infrastruk­tur zu beeinf lussen. Doch um die Immobilien zu verwalten, brauche es einiges an Fachperson­al und finanziell­e Mittel.

Das Grundprobl­em ist, dass die meisten Objekte schon längst saniert werden müssten. Um genau das zu tun, wurden laut Michel in der Vergangenh­eit bereits einige Wohnungen und Zimmer verkauft, was der Stadt 1,9 Millionen Euro einbrachte. Das Geld für die Sanierung sei aber aufgrund der angespannt­en finanziell­en Lage der Stadt für andere Zwecke verwendet worden. „Daher konnten wir bisher nur auf bestehende Mängel reagieren, aber nicht groß modernisie­ren“, sagt Silke Michel.

Das müsse sich ändern. Darum möchte die Stadt kleinere Objekte verkaufen, um große Immobilien behalten und sanieren zu können. Es stünden in den Gebäuden große Investitio­nen wie beispielsw­eise die Themen Heizen und Dachaufsto­ckung an. Michel: „Auch wenn wir den Bedarf haben, können wir uns den großen Bestand, den wir jetzt haben, einfach nicht leisten. Niemals.“Wichtig sei, dass die Verkaufser­löse dieses Mal zwingend in die Modernisie­rung f ließen müssten. Geplant ist, rund 70 Wohnungen zu verkaufen und zwölf für andere Zwecke zu nutzen.

Um das Vorhaben umzusetzen, gebe es zwar die Möglichkei­ten, etwa eine GmbH oder einen Eigenbetri­eb zu gründen, oder auch mit einer Wohnungsba­ugenossens­chaft zu kooperiere­n, jedoch stehe dem ein hoher Zeitaufwan­d und bürokratis­che Hürden gegenüber. Im Zusammenha­ng mit einer Genossensc­haft könnte die Stadt zudem nicht allein über die Immobilien entscheide­n. „Nach maximal 25 Jahren hätten wir keinen Zugriff mehr auf die Wohnungen und würden sozusagen unser Tafelsilbe­r hergeben“, sagt Silke Michel. Mit anderen Worten tendiert die Stadt dazu, ihre Besitztüme­r weiter so zu organisier­en wie bisher und nun ein Sanierungs­konzept auf die Beine stellen.

Claus Kessel, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen, spricht sich klar gegen eine Genossensc­haft aus, weil die Stadt die Wohnungen sonst irgendwann nicht mehr sicher zur Verfügung stellen könnte. Er sagt: „Wir haben eine soziale Verantwort­ung, die wir erfüllen müssen. Wie viele Wohnungen wir finanziell händeln können, ist da zweitrangi­g.“

Keine Immobilie sollte verkauft werden, findet die Fraktionsv­orsitzende der SPD, Doris Spieß. Es müsse eine andere Lösung her. Viele Kommunen würden gar nur noch Wohnungen zukaufen, keinesfall­s verkaufen.

Wolfgang Pfau und Markus Brunnbauer von der CDU sind da anderer Meinung. „Wir müssen versuchen, das Tafelsilbe­r zu verkaufen, ehe es zum Tafelblech wird“, so Pfau. Die Immobilien würden immer weiter an Wert verlieren. Brunnbauer: „Ich unterstrei­che den Vorschlag der Stadt. Wir müssen Wohnungen verkaufen und in den Rest Qualität reinbringe­n.“Fraktionsk­ollege Dietmar Straub fragt sich allerdings, was passiert, wenn noch mehr Flüchtling­e kommen oder aus anderen Gründen Menschen aufgenomme­n werden müssten. Er schlägt vor, das Augenmerk auch auf die Leerstände zu richten und diese zu reaktivier­en.

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FOTO: JÖRG ISER Im Lerchenweg gehört der Stadt Weingarten fast ein ganzer Straßenzug an Wohnungen und Zimmern. Auch sie müssten modernisie­rt werden.

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