Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Stadt will rund 70 Wohnungen verkaufen
Immobilien müssen dringend modernisiert werden – Lange Warteliste an Bürgern
- Die Stadt Weingarten möchte kleinere Immobilien in ihrem Besitz verkaufen. Der Erlös soll in die Modernisierung der größeren städtischen Wohnungen und Zimmer f ließen. Die Gemeinderäte sind skeptisch, denn der Bedarf sei trotzdem da. Es gibt eine lange Warteliste von Bürgern, die auf eine günstige Wohnung der Stadt hoffen.
Wie Silke Michel, Abteilungsleiterin für das Gebäudemanagement der Stadt, mitteilt, braucht Weingarten mindestens 175 eigene Wohnungen und Zimmer, um ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen. Diese Pf lichten heißen: Menschen mit geringem Einkommen, Obdachlose und Flüchtlinge unterbringen. Vermietet werden die meisten städtischen Wohnungen – 68 Prozent – an Bürger, die einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben, also nur ein geringes Einkommen haben. Derzeit besitzt die Stadt 256 Wohnungen und Zimmer in 44 Gebäuden.
In 15 Prozent der Wohnungen und Zimmer leben Obdachlose, in 13 Prozent Flüchtlinge. Außerdem gibt es einen Leerstand mit 4 Prozent. Etwa 1,4 Millionen Euro nimmt die Stadt jährlich an Mieten ein, allerdings seien die Ausgaben für die Unterbringungen deutlich höher, so Michel. Derzeit warten viele einkommensschwache Bürger auf eine günstige Wohnung der Stadt. 112 Wohnungen bräuchte die Stadt nach dieser Warteliste.
Wenn der Stadt strategisch wichtige Gebäude gehören, sei es leichter, die Entwicklung und Gestaltung der Infrastruktur zu beeinf lussen. Doch um die Immobilien zu verwalten, brauche es einiges an Fachpersonal und finanzielle Mittel.
Das Grundproblem ist, dass die meisten Objekte schon längst saniert werden müssten. Um genau das zu tun, wurden laut Michel in der Vergangenheit bereits einige Wohnungen und Zimmer verkauft, was der Stadt 1,9 Millionen Euro einbrachte. Das Geld für die Sanierung sei aber aufgrund der angespannten finanziellen Lage der Stadt für andere Zwecke verwendet worden. „Daher konnten wir bisher nur auf bestehende Mängel reagieren, aber nicht groß modernisieren“, sagt Silke Michel.
Das müsse sich ändern. Darum möchte die Stadt kleinere Objekte verkaufen, um große Immobilien behalten und sanieren zu können. Es stünden in den Gebäuden große Investitionen wie beispielsweise die Themen Heizen und Dachaufstockung an. Michel: „Auch wenn wir den Bedarf haben, können wir uns den großen Bestand, den wir jetzt haben, einfach nicht leisten. Niemals.“Wichtig sei, dass die Verkaufserlöse dieses Mal zwingend in die Modernisierung f ließen müssten. Geplant ist, rund 70 Wohnungen zu verkaufen und zwölf für andere Zwecke zu nutzen.
Um das Vorhaben umzusetzen, gebe es zwar die Möglichkeiten, etwa eine GmbH oder einen Eigenbetrieb zu gründen, oder auch mit einer Wohnungsbaugenossenschaft zu kooperieren, jedoch stehe dem ein hoher Zeitaufwand und bürokratische Hürden gegenüber. Im Zusammenhang mit einer Genossenschaft könnte die Stadt zudem nicht allein über die Immobilien entscheiden. „Nach maximal 25 Jahren hätten wir keinen Zugriff mehr auf die Wohnungen und würden sozusagen unser Tafelsilber hergeben“, sagt Silke Michel. Mit anderen Worten tendiert die Stadt dazu, ihre Besitztümer weiter so zu organisieren wie bisher und nun ein Sanierungskonzept auf die Beine stellen.
Claus Kessel, Fraktionsvorsitzender der Grünen, spricht sich klar gegen eine Genossenschaft aus, weil die Stadt die Wohnungen sonst irgendwann nicht mehr sicher zur Verfügung stellen könnte. Er sagt: „Wir haben eine soziale Verantwortung, die wir erfüllen müssen. Wie viele Wohnungen wir finanziell händeln können, ist da zweitrangig.“
Keine Immobilie sollte verkauft werden, findet die Fraktionsvorsitzende der SPD, Doris Spieß. Es müsse eine andere Lösung her. Viele Kommunen würden gar nur noch Wohnungen zukaufen, keinesfalls verkaufen.
Wolfgang Pfau und Markus Brunnbauer von der CDU sind da anderer Meinung. „Wir müssen versuchen, das Tafelsilber zu verkaufen, ehe es zum Tafelblech wird“, so Pfau. Die Immobilien würden immer weiter an Wert verlieren. Brunnbauer: „Ich unterstreiche den Vorschlag der Stadt. Wir müssen Wohnungen verkaufen und in den Rest Qualität reinbringen.“Fraktionskollege Dietmar Straub fragt sich allerdings, was passiert, wenn noch mehr Flüchtlinge kommen oder aus anderen Gründen Menschen aufgenommen werden müssten. Er schlägt vor, das Augenmerk auch auf die Leerstände zu richten und diese zu reaktivieren.