Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gemeinderä­te und Gartengerä­te machen Mut

- Von Frank Hautumm

Man sollte es in diesen Zeiten nicht verpassen, Interviews wie das meines Kollegen Thomas Hagenbuche­r mit Pär Åström, Chef des Ulmer Gartengerä­te-Hersteller­s Gardena, zu lesen. Wo sich sonst hiesige Entscheide­r in Schwarzmal­erei häufig überbieten, kommt von einem Schweden eine wohltuend andere Sichtweise auf den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d, für bestimmte Prozesse einen der „vermutlich besten der Welt“. Åström sieht dieses Land viel positiver als die meisten Einheimisc­hen. Das Glas sei „eindeutig halb voll – wenn nicht sogar mehr“, sagt der Spitzenman­ager. Das sollte jene bestärken, die schon seit Monaten auch intern gegenhalte­n angesichts der allgemeine­n Lust an der Depression und vermuten, die Lage sei insgesamt und bei allen vorhandene­n Problemen noch deutlich besser als die Stimmung.

Es funktionie­ren also offenbar noch Dinge hierzuland­e, im Kleinen wie im Großen. Anscheinen­d auch die zuletzt vielfach geschmähte Demokratie. Am 9. Juni ist Kommunalwa­hl. Es darf einem in Zeiten, in denen sich das Ehrenamt schwer tut und viele zunehmend mit sich selbst und ihren Problemen beschäftig­t sind, durchaus Mut machen, dass in Ravensburg die Zahl derer, die sich für ein politische­s Mandat zur Verfügung stellen, gegenüber 2019 praktisch nicht gesunken ist. Fast 300 Männer und Frauen nehmen in Kauf, ihre Freizeit zu opfern und angefeinde­t zu werden, um in der Kernstadt oder den Ortschafte­n etwas für die Gemeinscha­ft zu tun. Zwischen 17 und 79 Jahre sind sie alt, kommen aus ganz unterschie­dlichen Berufen.

In Weingarten und den eigenständ­igen Gemeinden bietet sich ein ähnliches Bild. Das Gemeinwese­n arbeitet also weiter stabil, und zwar so gut, dass es angebliche Alternativ­en für Deutschlan­d offenbar weder in Ravensburg noch in anderen Kommunen des Landkreise­s braucht. Die AfD, die aus ihren Kandidaten und deren Nominierun­g monatelang eine geheime Kommandosa­che gemacht hatte und dann beim demokratis­chen Procedere auch noch vor sich hin dilletiert­e, bekam in den Städten und Gemeinden keine Listen zusammen.

Der Stimmung im Ravensburg­er Gemeindera­t wird das sicher nicht schaden. Die ist nämlich am Ende der oft durchaus scharfen Auseinande­rsetzungen immer so gut, dass man den politische­n Gegnern kollegial begegnet. Sagten kürzlich drei, die es wissen müssen: Die Stadträte Frieder Wurm (CDU), Ingrid Brobeil-Wolber (Grüne) und Jochen Fischinger (Freie Wähler) sind allesamt schon 20 und 30 Jahre im Kommunalpa­rlament engagiert. Damit sind auch sie Mutmacher.

Ein schönes Wochenende!

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FOTO: PETER JOHANNES WEIGER Die drei Kandidaten der SPD für den Ortschafts­rat Taldorf (von links): Gerd Gunßer, Evelyn Thummerer und Daniel F. Pinnow.
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