Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gemeinderäte und Gartengeräte machen Mut
Man sollte es in diesen Zeiten nicht verpassen, Interviews wie das meines Kollegen Thomas Hagenbucher mit Pär Åström, Chef des Ulmer Gartengeräte-Herstellers Gardena, zu lesen. Wo sich sonst hiesige Entscheider in Schwarzmalerei häufig überbieten, kommt von einem Schweden eine wohltuend andere Sichtweise auf den Wirtschaftsstandort Deutschland, für bestimmte Prozesse einen der „vermutlich besten der Welt“. Åström sieht dieses Land viel positiver als die meisten Einheimischen. Das Glas sei „eindeutig halb voll – wenn nicht sogar mehr“, sagt der Spitzenmanager. Das sollte jene bestärken, die schon seit Monaten auch intern gegenhalten angesichts der allgemeinen Lust an der Depression und vermuten, die Lage sei insgesamt und bei allen vorhandenen Problemen noch deutlich besser als die Stimmung.
Es funktionieren also offenbar noch Dinge hierzulande, im Kleinen wie im Großen. Anscheinend auch die zuletzt vielfach geschmähte Demokratie. Am 9. Juni ist Kommunalwahl. Es darf einem in Zeiten, in denen sich das Ehrenamt schwer tut und viele zunehmend mit sich selbst und ihren Problemen beschäftigt sind, durchaus Mut machen, dass in Ravensburg die Zahl derer, die sich für ein politisches Mandat zur Verfügung stellen, gegenüber 2019 praktisch nicht gesunken ist. Fast 300 Männer und Frauen nehmen in Kauf, ihre Freizeit zu opfern und angefeindet zu werden, um in der Kernstadt oder den Ortschaften etwas für die Gemeinschaft zu tun. Zwischen 17 und 79 Jahre sind sie alt, kommen aus ganz unterschiedlichen Berufen.
In Weingarten und den eigenständigen Gemeinden bietet sich ein ähnliches Bild. Das Gemeinwesen arbeitet also weiter stabil, und zwar so gut, dass es angebliche Alternativen für Deutschland offenbar weder in Ravensburg noch in anderen Kommunen des Landkreises braucht. Die AfD, die aus ihren Kandidaten und deren Nominierung monatelang eine geheime Kommandosache gemacht hatte und dann beim demokratischen Procedere auch noch vor sich hin dilletierte, bekam in den Städten und Gemeinden keine Listen zusammen.
Der Stimmung im Ravensburger Gemeinderat wird das sicher nicht schaden. Die ist nämlich am Ende der oft durchaus scharfen Auseinandersetzungen immer so gut, dass man den politischen Gegnern kollegial begegnet. Sagten kürzlich drei, die es wissen müssen: Die Stadträte Frieder Wurm (CDU), Ingrid Brobeil-Wolber (Grüne) und Jochen Fischinger (Freie Wähler) sind allesamt schon 20 und 30 Jahre im Kommunalparlament engagiert. Damit sind auch sie Mutmacher.
Ein schönes Wochenende!