Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Stadtarchiv öffnet die Archive
Relikte des Oratorienchor Liederkranz Ravensburg entdecken
- Seit 1827 gibt es ihn schon, damit zählt der Oratorienchor Liederkranz zu den ältesten Vereinen in ganz Ravensburg. Neben alten Plakaten zu Fasching,und Opernaufführungen sowie ehemaligen Konzertprogrammen haben sich allerlei weitere Unterlagen aus den nun fast zwei Jahrhunderten angesammelt. Dabei sticht vor allem das erste „CassaBuch“, welches die Einnahmen und Ausgaben des Vereins im Gründungsjahr 1827 festgehalten hatte, ins Auge. Aber auch ein „goldenes Buch“macht auf sich aufmerksam, in welchem die wichtigsten Gönner des Vereins, darunter auch der Ravensburger Opernsänger Karl Erb, zum 100jährigen Bestehen im Jahr 1927 gratulierten.
Dass diese Relikte so kurz vor dem Jubiläum nicht im Keller verstauben dürfen, weiß auch Silke Schöttle, Leiterin des Stadtarchivs Ravensburg: „Seit gut zwei Monaten arbeiten wir daran, die rund sechs bis sieben laufenden Meter an Bestand zu erschließen.“Es wird damit gerechnet, dass die Aufbereitung und Zugänglichmachung noch bis Jahresende andauern kann. Trotzdem kann man schon jetzt, die historischen Überbleibsel im Stadtarchiv begutachten. „Willkommen ist jeder“, egal ob Schüler, Studenten, Vereinsmitglieder oder einfach nur interessierte Bürger, so Silke Schöttle.
Eines der Hauptaufgaben des Stadtarchivs ist es, die Bestandserhaltung zu gewährleisten. Dazu müssen alle Weichmacher und
Metalle wie Gummibänder, Plastikfolien, Tackernadeln und Büroklammern von den alten Unterlagen entfernt werden. Nach anschließender Strukturierung der zusammengehörenden Elemente, werden diese in einen säurefreien
Papierumschlag einsortiert. „Diese Umschläge sind ganz besonders altersbeständig, da sie keine Holzanteile enthalten, welche sich mit der Zeit abnutzen würden“, so Silke Schöttle. Die nun einzelnen Umschläge werden nach Ihrer Beschriftung in einem großen Ordner zusammengefasst.
Einige Zeit mehr kostet es, wenn man die alten Schriften neu binden, trockenreinigen oder zum Restaurator bringen lassen muss. Dies tue man aber erst dann, wenn es dringend notwendig für den Informationsgehalt der Unterlagen ist. Bei den Archivalien des Oratorienchors, wäre dies bislang noch nicht der Fall gewesen, meint Silke Schöttle.
Zur Orientierung im Stadtarchiv dienen „Findbücher“, welche für die einzelnen Bestände im Archiv angelegt wurden. Mithilfe dieses Verzeichnisses findet man schnell die passenden Akten/Ordner, strukturiert nach der Zeit, dem Titel und der einzeln zugeordneten Signaturen. In Zukunft sollen diese „Metadaten“, so die Leiterin des Stadtarchivs, auch „online einsehbar gemacht werden“. „Dies sei deutlich wichtiger, als eine vollständige digitale Erschließung aller Unterlagen.“Für diesen „aufwendigen Schritt“, braucht es allerdings noch „ein bis zwei Jahre“, so Silke Schöttle.
Will man sich die Unterlagen des Vereins im Stadtarchiv anschauen, muss man sich darauf einstellen, nicht alle Dokumente sehen zu. Es gilt für die öffentliche Sichtbarmachung eine generelle Schutzfrist von 30 Jahren nach Entstehung der Unterlagen, woran sich das Archiv halten muss. Einzelne Utensilien des Vereins wie die Sängerfahne von 1896 sowie kleinere Exponate aus dem Liederfest 1841 werden zurzeit im Museum Humpis-Quartier ausgestellt.