Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Trolle statt Tiere in der Manege

Traditions­zirkus Frankello hat sich neu erfunden – Erstmals mit neuer Show in Weingarten

- Von Lea Dillmann ●

- Auf dem Weingarten­er Festplatz gastiert in diesen Tagen ein Zirkus. Doch dieser ist anders, als man das bisher kennt. Statt auf Elefanten und Pferde treffen die Zuschauer in der Manege von Remo Frank auf fast 2,50 Meter große Trolle in knalligem Pink, Gelb und Grün.

Mit dem neuen Showkonzep­t, das sich gezielt an Kinder ab zwei Jahren richtet, möchte Remo Frank die Tradition seines Familienbe­triebs Frankello am Leben halten. Dafür änderte er sogar den Namen des Zirkusses. Seit rund 200 Jahren reist die Familie aus dem Saarland und Sachsen bereits umher und möchte Menschen

begeistern. Doch in diesen Zeiten scheint das schwerer denn je. Anfang Mai ist die Zirkusfami­lie in Lindau zu sehen.

„Ich habe mir schon als Kind gedacht, ich möchte mal etwas anderes machen“, sagt Remo Frank. Er führt den Zirkus in siebter Generation. Die nächste wächst gerade heran. Seine acht Jahre alte Tochter und sein 16 Jahre alter Sohn wirken selbst in der neuen Show als Artisten in luftiger Höhe und auf dem Trampolin mit.

Remos Tochter war es, die ihrem Vater gezeigt hat, wie begeistert Kinder von Fantasiefi­guren sein können. Das erinnerte den Zirkusdire­ktor an seinen eigenen Kindheitsh­elden, den fliegenden Elefanten Dumbo. Aus dem einstigen traditione­llen Zirkus Frankello machte Remo Frank vor etwa drei Jahren den „Maskottche­ncircus Dumbo“. Dafür investiert­e er 50.000 Euro. Remo Frank ließ vier Troll-Kostüme und einen Plüschelef­anten anfertigen, in dem er nun selbst durch die Manege fliegt. „Klar ist es ein Kindheitst­raum. Den habe ich mir selbst erfüllt“, sagt Remo.

Unterstütz­t wird er dabei von seiner Frau Mandy. Sie stammt selbst aus einer Schaustell­erfamilie, trat lange als Seiltänzer­in auf. In der neuen Show spielt sie die Rolle des Trolls Happy und fordert die Kinder zum Mitmachen auf. Sie hilft ihnen zum Beispiel beim Überqueren eines Schwebebal­kens. Gemeinsam wollen sie den Zirkus vor einem bösen Troll retten. „Das ist immer ganz schön zu sehen, wie die Kinder mit Spaß da rangehen und was wir am Ende auslösen. Sie gehen mit einem Lächeln nach Hause“, sagt Mandy.

Mehr als eineinhalb Stunden steckt Mandy Frank in ihrem Kostüm. Der Kopf ist eng, die Sicht eingeschrä­nkt. „Da kommt man ins Schwitzen“, sagt sie. Ein Propeller, der im Kopf eingebaut wurde, kann für kühle Luft sorgen. Doch Mandy trägt lange Haare. Ihr ist das Risiko zu groß, dass ihr Zopf stecken bleiben könnte. Zwischendu­rch gibt es immerhin eine 20-minütige Pause. Um das Publikum mitzureiße­n, kommt es vor allem auf die Stimme und die Betonung an, wie Mandy Frank erklärt. „Das ist alles Stimmarbei­t, sonst kommt das nicht rüber.“

Mit dem neuen Konzept möchte sich Remo Frank auch ein Stück weit von anderen namhaften Zirkussen abheben. Kleine Familienzi­rkusse wie ihrer haben es schwer, sich durchzuset­zen und Zuschauer anzulocken, wie Remo Frank betont. Deshalb musste etwas Außergewöh­nliches wie die Maskottche­n her. Das sei der einzige Grund gewesen, warum er seine Kamele und Pferde gegen Trolle tauschte. Die Tiere hat Remo Frank verkauft. Der Zirkusdire­ktor sagt: „Ich liebe alle Zirkusse, die Tiere mit dabei haben und sich gut um sie kümmern.“

Erst die Corona-Pandemie, nun die Inf lation: Der Zirkus kämpft seit Jahren ums Überleben. Der Zirkusdire­ktor sagt: „Die laufenden Kosten werden immer höher.“Die Versicheru­ngen, Platzmiete­n, Preise für Strom und Wasser haben sich laut Remo Frank verdoppelt, wenn nicht sogar

verdreifac­ht. Die 22 Fahrzeuge, darunter große Lastwagen, instand zu halten sei auch teurer geworden. Dabei sei das Herumreise­n ihr Leben. Remo Frank sagt: „Wir sind dort zu Hause, wo unser Zelt steht.“

Die Familie hatte keine andere Wahl und musste ihre Eintrittsp­reise anheben. Je nach Platzwahl zahlt ein Erwachsene­r bis zu 24 Euro, Kinder etwas weniger. Donnerstag und Freitag sind Familienta­ge, dann starten die Preise bei 10 Euro.

Das Phänomen Zirkus wurde im vergangene­n Jahr von der Unesco als eigenständ­ige Form der Darstellen­den Kunst anerkannt. Davon spürt Remo Frank im Alltag allerdings wenig. Nicht überall seien seine Werbeplaka­te und Flyer gerne gesehen. Nicht für alle Menschen bedeute Zirkus gleich Kulturgut.

Es gibt aber auch noch Fans, ist Zirkusdire­ktor Remo Frank überzeugt. Der Maskottche­nzirkus war im vergangene­n Jahr schon im Allgäu und in Oberschwab­en

zu Gast. „Es kommt sehr gut an, deshalb sind wir wieder in der Region“, sagt Remo Frank. In Weingarten gibt es vier Shows bis Sonntag zu sehen. Danach reist der Zirkus weiter an den Bodensee, erst nach Bregenz, dann nach Lindau.

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FOTOS: MASKOTTCHE­NCIRCUS DUMBO Die Hauptrolle­n in der neuen Show der Zirkusfami­lie Frankello spielen Trolle und Dumbo.
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Die achte Generation der Zirkusfami­lie ist bereits Teil der Vorstellun­g.

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