Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Gespaltene Reaktion auf Uni-Gebühren
Viele Rektoren halten Beiträge von Studierenden für besser als weitere Sparmaßnahmen
STUTTGART - Von vorsichtiger Zustimmung bis zu deutlicher Ablehnung: Hochschulen im Südwesten reagieren ganz unterschiedlich auf die Pläne der Landesregierung, Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer zu erheben. Eindeutig fällt das Votum der Studierenden aus: Sie lehnen Gebühren in jeder Form ab. Musikhochschule Trossingen
Besonders trifft die Neuregelung die Musikhochschule Trossingen. Zwischen 20 und 25 Prozent der rund 440 Studierenden kommen aus Nicht-EU-Staaten. Die meisten stammen aus Asien, aber auch aus Südamerika, Osteuropa, Schweiz und der Türkei zieht es junge Menschen nach Trossingen. Rektorin Elisabeth Gutjahr sieht die Pläne der grünen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer gelassen. Bereits früh habe das Ministerium Gespräche mit allen Kunst- und Musikhochschulen im Land geführt. „Es ist besser, Gebühren zu erheben als weiter bei den Hochschulen zu kürzen“, sagt Gutjahr. „Staatssekretärin Petra Olschowski hat uns zugesagt, dass es Härtefallregelungen geben wird. Unter dieser Bedingung kann ich mit den Plänen leben.“
Ausnahmen müssten laut Gutjahr für Hochbegabte gelten, die sich ein Studium kaum leisten könnten – etwa für Bewerber aus Südamerika. „Die Studierenden kehren nach dem Abschluss in ihre Heimat zurück, machen dort oft wertvolle Arbeit“, begründet die Rektorin. Man leiste mit ihrer Ausbildung Aufbauhilfe. Die Forderung nach Ausnahmen teilten die Trossinger Studierendenvertreter. Sie befürchten allerdings, Trossingen könne für Studierende aus dem Ausland an Attraktivität verlieren, wenn es Gebühren gebe.
Universität Tübingen
Bernd Dreher, Rektor der Universität Tübingen, befürwortet sogar Studiengebühren für alle: „Das komplett kostenfreie Studium in Deutschland ist international eine Ausnahme, für die Beibehaltung gibt es wenig gute Gründe. Studiengebühren sind für eine bessere Finanzausstattung ein mögliches und in unseren Augen sinnvolles Instrument.“Er fürchtet nicht, dass Studenten aus dem Ausland sich von den Gebühren abschrecken lassen – dafür sei das Angebot der Uni zu gut. Hochschule Aalen Der Aalener Rektor Gerhard Schneider sieht das ähnlich: „Uns erscheint dieses Vorgehen plausibel und verträglich, da die Regelung sozialverträglich umgesetzt werden soll und viele Ausnahmen vorsieht: So sind beispielsweise strategische Partnerschaften oder Doppelabschlussprogramme von der Regelung ausgeschlossen.“ In Aalen sind bei den 175 Nicht-EU-Ausländern vor allem englische Studiengänge in der Materialtechnik beliebt.
Universität Ulm
Weniger Zulauf durch die Gebühren fürchtet die Universität Ulm ebenfalls nicht. Die rund 1080 ausländischen Studierenden kommen vor allem aus China, Russland und Indien. Sie belegen vor allem englischsprachige Masterprogramme. Diese hält die Hochschule für attraktiv genug, um trotz Gebühren im internationalen Vergleich zu bestehen. Allerdings bedeutet die Einführung der Gebühren mehr Verwaltungsaufwand. Ob dieser von den zusätzlichen Zuschüssen gedeckt werden könne, sei noch offen, so die Uni.
Universität Konstanz
Die Leitung der Universität Konstanz dagegen protestiere vehement gegen die Pläne aus Stuttgart. Pressesprecherin Julia Wandt: „Wir halten es nicht für sinnvoll, Studiengebühren nur für eine kleine Gruppe einzuführen.“Das gelte besonders für die 580 Nicht-EU-Ausländer, die am See bevorzugt Betriebswirtschaftslehre und Informatik studieren. Ihre Qualifikation bewege in den Heimatländern vieles, trage zur wirtschaftlichen Entwicklung ebenso bei wie zur Demokratisierung. Ihnen Hürden in den Weg zu stellen, hält die Hochschule für falsch. Stattdessen müsse man über Gebühren für alle Studierenden diskutieren.
Damit ist der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) nicht einverstanden. Er hat in einem offenen Brief gegen Bauers Pläne protestiert. Die Unterzeichner halten die Gebühren für diskriminierend. Es gehe nur darum, „jene mit Geld ins Land zu holen und alle anderen fernzuhalten“. Bildung sei ein Grundrecht und müsse jedem offen stehen, unabhängig von Herkunft und Einkommen.
Wenig halten die Studenten von dem Argument der Ministerin, in anderen Ländern Europas würden wesentliche höhere Semesterbeiträge fällig. „Das ist nur eine Ausrede“, sagt der Asta-Vorsitzende Béla Koch. Bauer saniere auf Kosten der Studierenden und der Bildungsgerechtigkeit den Haushalt.