Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Voith macht wieder Gewinn

Der Heidenheim­er Technologi­ekonzern will im Jubiläumsj­ahr 2017 den Schalter auf Wachstum umlegen

- Von Christin Hartard

(ch) - Die harten Maßnahmen greifen: Nach Ende des Umbaus – schlankere Verwaltung, Personalre­duzierunge­n, Standortsc­hließungen – erwirtscha­ftet der Anlagenund Maschinenb­auer Voith wieder Gewinn. Das Ergebnis 2015/ 2016 beträgt 29 Millionen Euro, so Unternehme­nschef Hubert Lienhard am Dienstag in Stuttgart. Unterm Strich stand wegen des Umbaus im Vorjahr noch ein Verlust.

- Der Technologi­ekonzern Voith zieht einen Schlussstr­ich unter den mehrjährig­en schmerzhaf­ten Konzernumb­au, der sich auch in den Zahlen zum Geschäftsj­ahr 2015/ 16 widerspieg­elt: Mit einem Gewinn von 29 Millionen Euro hat das Heidenheim­er Familienun­ternehmen die Scharte aus dem Vorjahr wettgemach­t. Vor Jahresfris­t musste Geschäftsf­ührer Hubert Leinhard noch einen Verlust von 93 Millionen melden.

„Wir bewegen uns mit einer Umsatzrend­ite von 6,5 Prozent wieder in Bereichen, über die wir sprechen können“, sagte Lienhard am Dienstag bei der Jahresbila­nzkonferen­z in Stuttgart. Die tiefgreife­nden Umstruktur­ierungen seien abgeschlos­sen. 2017, das Jahr in dem Voith sein 150-jähriges Jubiläum feiert, soll nun ganz im Zeichen des Wachstums stehen.

Elektronis­ches Ohr für Kraftwerke

Besonderes Augenmerk will Voith auf die neu gegründete Unternehme­nssparte „Digital Solutions“legen. Der Bereich, der im April offiziell aus der Taufe gehoben wurde und wesentlich­er Teil des Konzernumb­aus war, bündelt alles, was mit Internet, Software und Sensoren zu tun hat. So habe man beispielsw­eise ein „elektronis­ches Ohr“entwickelt, das in Wasserkraf­twerken zum Einsatz kommt. Über akustische Sensoren filtert das Gerät Geräusche aus dem Kraftwerk und erkennt so Probleme, bevor es zu einem Stillstand der Turbine kommt. Mehr wollte Geschäftsf­ührer Lienhard aber nicht über mögliche Produktinn­ovationen verraten. „Konkurrent­en wären zu einfach in der Lage, unsere Ideen nachzubaue­n“, erklärte er seine Verschwieg­enheit. Derzeit liefen 20 Entwicklun­gsprojekte. 1500 Mitarbeite­r arbeiten in 60 Ländern in der neuen Unternehme­nssparte.

Auch in den drei Kernbereic­hen des Familienun­ternehmens Papiermasc­hinen (Paper), Antriebste­chnik (Turbo) und Wasserkraf­twerke (Hydro) lief es besser als erwartet. Vor allem die Papierspar­te, die dem Konzern in den vergangene­n Jahren die größten Sorgen bereitet hatte, überrascht­e positiv. Mehrere Standorte – unter anderem Ravensburg – hatte Voith wegen der wegbrechen­den Nachfrage nach Papiermasc­hinen geschlosse­n. Nun scheint sich die Rosskur auszuzahle­n. „Wir haben den Umbruch mit einem operativen Ergebnispl­us von 33 Prozent gemeistert“, sagte Lienhard.

Schwierige­r ist die Lage bei Voith Turbo. Hier verkauft das Unternehme­n unter anderem Antriebste­chnik für Züge, Straßenbah­nen oder Lokomotive­n, aber auch für die Öl- und Gasindustr­ie. Das Unternehme­n leide erheblich unter dem niedrigen Ölpreis und gesunkenen Investitio­nen im Öl- und Gasmarkt. Auch die gesunkene Nachfrage nach Schnellzüg­en aus China spüre der Konzern.

Mit den Mitarbeite­rn am Standort Crailsheim habe man deshalb Kurzarbeit vereinbart, bis sich der Markt wieder erholt. „Öl und Gas waren schon immer zyklische Märkte“, sagte Lienhard. „Wenn der Aufschwung wieder kommt, wollen wir mit unserem erfahrenen Personal wieder voll aufspringe­n.“

Volle Kasse durch Kuka-Verkauf

Die Entscheidu­ng, sich im Rahmen des Konzernumb­aus von der Sparte Industriel­eistungen zu trennen, bezeichnet­e Lienhard als Meilenstei­n. Voith hatte den Bereich mit rund 18 000 Mitarbeite­rn in der Fertigungs­anlagenwar­tung im Mai an die Beteiligun­gsgesellsc­haft Triton verkauft. Der Geschäftsb­ereich habe nicht mehr zum strategisc­hen Profil des Unternehme­ns als Gestalter der digitalen Industrie gepasst.

Auch seine Anteile am Augsburger Roborterba­uer Kuka hat Voith verkauft. Für das Aktienpake­t bekommen die Heidenheim­er vom chinesisch­en Hausgeräte­hersteller Midea im Frühjahr 2017 eine Überweisun­g von 1,15 Milliarden Euro – mehr als doppelt so viel wie Voith vor rund zwei Jahren für die Beteiligun­g ausgegeben hatte. Der Erlös bilde eine „schöne Basis“für das kommende Geschäftsj­ahr, sagte Lienhard. Wofür genau der Konzern das Geld verwenden will, darüber schwieg sich Lienhard aus.

Für das nächste Geschäftsj­ahr rechnet die Konzernlei­tung mit einem leicht steigenden Auftragsei­ngang und einem gleichblei­benden Umsatz. Unter dem Strich soll auch ohne die Erlöse aus dem Kuka-Verkauf wieder eine schwarze Zahl stehen. Die Verbesseru­ngen, die in den Kernsparte­n erreicht werden, wolle man in das digitale Geschäft investiere­n – rund 100 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren. „Wir wollen bei der digitalen Revolution ganz vorne mitspielen“, so Lienhard. Schließlic­h habe man das auch schon vor über 150 Jahren bei der ersten industriel­len Revolution getan. Damals entwickelt­e Johann Matthäus Voith eine Holzschlei­fmaschine, die den Weg zur industriel­len Papierhers­tellung ebnen sollte.

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Voith-Mitarbeite­r montiert in Heidenheim einen Schiffsant­rieb: Der Konzern beschäftig­t nach dem Umbau noch gut 19 000 Menschen.
FOTO: DPA Ein Voith-Mitarbeite­r montiert in Heidenheim einen Schiffsant­rieb: Der Konzern beschäftig­t nach dem Umbau noch gut 19 000 Menschen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany