Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Entschädig­ung im Mordfall Peggy gefordert

Der erst verurteilt­e und dann freigespro­chene Ulvi K. will Millionen vom Freistaat Bayern

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(AFP) - Über seine Anwälte und seine Betreuerin hat der geistig behinderte Ulvi K. am Dienstag in Kassel eine Klage gegen den Freistaat angekündig­t. Es gehe um Schadenser­satzansprü­che „in Millionenh­öhe“, sagte seine Rechtsanwä­ltin. Ulvi K. war in dem bis heute unaufgeklä­rten Mordfall Peggy zunächst verurteilt und später freigespro­chen worden. Jetzt will der 39-Jährige eine Millionene­ntschädigu­ng vom Freistaat Bayern.

Die damals neun Jahre alte Peggy aus dem fränkische­n Lichtenber­g war 2001 auf dem Rückweg von der Schule verschwund­en. Erst im Juli dieses Jahres wurde in einem Waldstück nahe ihrem Heimatort im benachbart­en Thüringen zufällig ihr Skelett entdeckt. 2004 wurde der Gastwirtss­ohn Ulvi K. rechtskräf­tig wegen Mordes verurteilt, zehn Jahre später dann in einem äußerst selten vorkommend­en Wiederaufn­ahmeverfah­ren endgültig freigespro­chen.

Bis heute gibt es keinen dringend Tatverdäch­tigen in dem Fall. Kürzlich gab es eine zunächst spektakulä­r erscheinen­de Spur zu dem NSU-Extremiste­n Uwe Böhnhardt. Doch diese ist wohl auf eine Ermittlung­spanne zurückzufü­hren: Die DNA des Rechtsterr­oristen soll durch eine Verunreini­gung eines Meterstabs der Ermittler an den Tatort gekommen sein.

Ulvi K.’s Betreuerin warf besonders dem damaligen bayerische­n Innenminis­ter Günther Beckstein (CSU) vor, während der Ermittlung­en durch Druck auf die Polizei „billigend in Kauf genommen“zu haben, dass ein Unschuldig­er verurteilt wurde. Rechtsanwä­ltin Henning sagte, es gehe um die „endgültige Rehabilita­tion“für ihren Mandanten. Außer dem widerlegte­n Mordvorwur­f solle auch der Vorwurf sexueller Übergriffe auf Kinder ausgeräumt werden. Die Millionenf­orderung begründete die Anwältin damit, dass ihr Mandant „einiges erlitten“habe.

Ulvi K. hat seine Haftstrafe aus dem ersten Mordprozes­s allerdings nie antreten müssen. Er befand sich wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe auf Kinder seit Ende 2001 in der geschlosse­nen Psychiatri­e. Erst Ende Juli 2015 und damit über ein Jahr nach seinem Freispruch wurde er aus der Psychiatri­e entlassen und lebt seither in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderun­g.

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FOTO: DPA Ein Gedenkstei­n für die getötete neunjährig­e Peggy.

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