Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Kinder geraten in Loyalitätskonflikte“
Gruppenleiter sprechen über neues Caritas-Angebot für Eltern in Trennung
- Unter dem Titel „Trennung meistern – Kinder stärken“gibt es ein neues Angebot bei der psychologischen Familien- und Lebensberatung der Caritas Biberach-Saulgau. Bei einer Trennung oder Scheidung kann es passieren, dass Eltern vor lauter Ärger und Streit ihre Kinder vernachlässigen. Nun gibt es ab Anfang Januar ein Gruppentraining für Eltern in Trennung. Geleitet wird das Training unter anderem von Elisabeth Ege-Harouna und Jürgen Haag. SZ-Redakteurin Tanja Bosch hat mit der Psychologin und dem Sozialpädagogen über das neue Angebot gesprochen und warum ein solches Angebot sehr wichtig sein kann.
Das Gruppentraining steht unter dem Motto „Trennung meistern – Kinder stärken“. Wer soll sich davon angesprochen fühlen?
Elisabeth Ege-Harouna: Das Angebot richtet sich grundsätzlich an alle Eltern, die sich getrennt haben oder geschieden sind. Ganz egal, ob die Trennung eine Woche oder schon Jahre zurückliegt. Besonders ansprechen möchten wir Eltern, die Konflikte miteinander haben und sich streiten. Wir wollen im Training die Eltern befähigen, das Erleben und die Bedürfnisse der Kinder wieder stärker in den Blick zu nehmen. Jürgen Haag: Oftmals gibt es hochstrittige Trennungssituationen, unter denen die Kinder sehr leiden. Eltern schenken ihren Kindern in einer solchen Phase nicht ausreichend Beachtung. Wir wollen gemeinsam mit den Elternteilen Lösungen finden, wie sie mit ihren Gefühlen wie zum Beispiel Ärger und Wut umgehen und wieder besser miteinander kommunizieren können.
Wie kann das Gruppentraining dabei helfen?
Ege-Harouna: Das Besondere am Training ist, dass die Elternteile in voneinander getrennten Gruppen teilnehmen. Damit gibt es gute Erfahrungen, so lernt ein Vater zum Beispiel, wie eine „fremde“Mutter denkt und umgekehrt. Es geht darum, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und so sein eigenes Handeln und das des Partners zu hinterfragen. Haag: Das Elterntraining ist erlebnisorientiert angelegt. So schlüpfen die Eltern auch mal in die Rolle ihrer Kinder und hinterfragen ihr eigenes Tun. Es ist auch wichtig, von den anderen Teilnehmern zu lernen und Erfahrungen zu teilen. Ich glaube, dass ein solches Gruppentraining wirklich hilfreich sein kann, denn manchmal kommt man mit den herkömmlichen Beratungsmethoden nicht weiter.
Haben Sie bereits Erfahrungen mit „hochstrittigen“Elternpaaren gesammelt?
Ege-Harouna: Das Thema Trennung und Scheidung ist ein häufiger Anmeldegrund bei unserer Beratungsstelle. Die Bandbreite reicht dabei von Fragen wie „Wie können wir die Trennung für unsere Kinder erleichtern?“bis hin zu eskalierenden Trennungskonflikten. Meist werden die Kinder da mit hineingezogen, sie spielen dann Vermittler und geraten dadurch in heftige Loyalitätskonflikte. Das ist sehr belastend für die Kinder und kann gravierende Folgen haben.
Was für Folgen?
Haag: Kinder entwickeln häufig Auffälligkeiten. Das kann von einem Leistungsabfall in der Schule über Ängste bis hin zu psychosomatischen Beschwerden wie Bauch- und Kopfschmerzen gehen.
Glauben Sie, das Angebot kommt in der Caritas Biberach-Saulgau an? Ist der Bedarf da?
Ege-Harouna: Der Bedarf ist auf jeden Fall da. Von anderen Beratungsstellen wissen wir, dass das Elterntraining gut angenommen wird und die Eltern davon profitieren. Haag: Wir freuen uns schon sehr auf das neue Angebot. Wichtig ist uns auch, dass bei der Schwere des Themas der Humor nicht zu kurz kommt.