Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Bundestag beschließt Atom-Entsorgung­spakt

Staat nimmt den Stromkonze­rnen Lagerung von Atommüll ab – der Platz dafür ist aber noch nicht gefunden

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(dpa) - Der Staat kann mit den großen Energiekon­zernen einen milliarden­schweren Pakt zur Entsorgung der atomaren Altlasten abschließe­n. Der Bundestag billigte am Donnerstag einen von Union, SPD und Grünen gemeinsam eingebrach­ten Gesetzentw­urf zur Finanzieru­ng der Folgelaste­n der Kernenergi­e und der Endlagerun­g des Atommülls. Der Bundesrat soll an diesem Freitag abstimmen. Auch in der Länderkamm­er wird mit einer breiten Mehrheit gerechnet.

Der Entsorgung­spakt sieht vor, dass der Staat den Konzernen Eon, RWE, Vattenfall und EnBW die Verantwort­ung für die Zwischen- und Endlagerun­g des Atommülls abnimmt. Dafür sollen die Stromkonze­rne bis zum Jahr 2022 rund 23,55 Milliarden Euro bar – einschließ­lich eines Risikoaufs­chlags – an einen staatliche­n Fonds überweisen, der die Zwischen- und Endlagerun­g des Strahlenmü­lls managen soll. Dieses Endlager in Deutschlan­d muss aber noch gefunden werden. Die Unternehme­n wiederum sind für Stilllegun­g, Abriss und Verpackung des Atommülls zuständig. Allein hier rechnen Experten mit Kosten von bis zu 60 Milliarden Euro. Das letzte Atomkraftw­erk soll im Jahr 2022 vom Netz gehen. Die Versorger haben im Zuge der Energiewen­de mit erhebliche­n Problemen zu kämpfen. Grundlage für den Pakt war ein Vorschlag einer überpartei­lichen Expertenko­mmission. Gesichert wird daneben per Gesetz auch eine langfristi­ge Konzernhaf­tung, damit sich Unternehme­n nicht durch Umstruktur­ierungen davonstehl­en können.

Entsorgung auch im Pleitefall

Union, SPD und Grüne argumentie­ren, mit der im breiten gesellscha­ftlichen Konsens erarbeitet­en Lösung werde Geld der angeschlag­enen Energiekon­zerne gesichert. Eine Altlasten-Entsorgung sei so auch im Fall einer Pleite möglich. Aus Sicht der Linken dagegen werden die Konzerne mit einem „goldenen Handschlag“aus der Verantwort­ung entlassen. Die Kosten für die Endlagerun­g seien nicht absehbar und ein hohes Risiko für die Steuerzahl­er.

Die Koalitions­fraktionen und Grüne forderten in ihrem Gesetzesvo­rstoß die Bundesregi­erung auf, sich in den Verhandlun­gen mit den Energiekon­zernen auch für die Rücknahme der verbleiben­den Klagen der Versorger einzusetze­n. Zuvor hatten die Konzerne angekündig­t, mehrere Klagen gegen den Staat fallen zu lassen. Noch anhängig ist der Streit um die Brenneleme­nte-Steuer, die Ende 2016 ohnehin ausläuft. Zudem hat der schwedisch­e Staatskonz­ern Vattenfall vor einem Schiedsger­icht in den USA auf 4,7 Milliarden Euro Entschädig­ung geklagt. Nach Darstellun­g der Grünen würden sich die Konzerne bei einem Erfolg ihrer restlichen Klagen etwa die Hälfte ihrer Fondseinza­hlungen wieder zurückhole­n.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, die Forderung, auch die letzten Klagen fallen zu lassen, sei richtig und nachvollzi­ehbar. Dies sei von der Bundesregi­erung aber nur schwer herbeizufü­hren. Die noch anhängigen zwei Klagen seien in der Sache aber nicht in Ordnung. Er hoffe, dass am Ende der Atommüll in Deutschlan­d verantwort­lich gelagert werde und nicht zu unkontroll­ierten Standards exportiert werde, sagte Gabriel.

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FOTO: DPA 23,55 Milliarden Euro sollen die Atomkonzer­ne zahlen.

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