Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Charme der Bescheidenheit
Paphos auf Zypern will als die Europäische Kulturhauptstadt 2017 mit dem kleinsten Budget überraschen
Die Geschichte der Kulturhauptstädte Europas ist auch die aneinandergereihter Superlative. Die schönsten Sehnsuchtsorte, die stimmungsvollsten Arrangements, die bedeutendsten Ensembles. Paphos auf Zypern soll die hochkarätige Reihe 2017 zusammen mit dem dänischen Åarhus fortführen. Und wartet mit einem etwas anderen Alleinstellungsmerkmal auf: dem der knappsten Kasse.
„Wir haben das kleinste Budget in der Geschichte der Europäischen Kulturhauptstädte“, sagt Simos Tselepos stolz, als hätte er gerade den Auftritt der Berliner Philharmoniker anmoderiert. Die kommen zwar auch ans Mittelmeer, doch dazu später. „Nicht nur die Zyprioten, auch die Europäische Union wird überrascht sein.“
Eigentlich sollte Paphos aus dem Vollen schöpfen können, als es vor Jahren den Zuschlag bekam. Doch dann kam die internationale Finanzkrise, die auch Zypern hart traf. Die Geldgeber zogen sich zurück, es musste nachverhandelt werden mit Brüssel. Mit nur noch 8,5 Millionen Euro, etwas mehr als einem Drittel der ursprünglich avisierten Kosten, sollten die Organisatoren nun auskommen. Doch das neue Konzept mit dem Motto „Open Air Factory“–Freiluftfabrik – überzeugt.
An einem der wärmsten Orte Europas wird sich das Kulturjahr fast ausschließlich draußen abspielen. Keine elitäre Veranstaltung für Kenner, sondern ein Fest, das Grenzen überwinden und sprengen soll. Denn der aufkeimende Tourismus brachte Paphos in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur Geld, sondern auch eine Grenze. Der Kultursektor musste zurückstecken. Es entwickelten sich zwei Orte. Ein Paphos „da unten“, eines „hier oben“.
Unten an der Küstenlinie flanieren die Touristen und Rentner – oft aus Russland und Großbritannien – mit nackten Oberkörpern auf den Fress- und Trinkmeilen. Von der Altstadt aus, etwas erhöht im Landesinneren, überblicken die Einheimischen die Strandgebiete mit einer Mischung aus Argwohn und Gleichgültigkeit. Sie essen Halloumi mit Honig und spielen Karten.
Zwar strotzen die Bewohner nicht vor Euphorie. Aber die Gassen der Altstadt und die Plätze wurden neu gestaltet, und Hunderte Veranstaltungen sollen die historischen Gebäude im kommenden Jahr standesgemäß in Szene setzen. Das Ereignis, von dem sie Gästen aus Deutschland in Paphos besonders gern erzählen, ist für den 1. Mai eingeplant. Die Berliner Philharmoniker werden sich dann vor der mittelalterlichen Festung auf der Uferpromenade aufbauen. Mehr wird über das Konzert noch nicht verraten.
Ein Heer von Freiwilligen soll dafür sorgen, dass die Kulturhauptstadt auch ohne Riesenbudget funktioniert. Und das Kulturjahr soll die Stadt nicht nur nach außen glänzen lassen, sondern auch Aufbauhilfe nach innen leisten. Bis vor ein paar Jahren hätten Künstler und Gruppen Paphos noch gemieden, erklärt Tselepos. Nach dem Kulturjahr werde es mindestens fünf geeignete Bühnen geben. Die Organisatoren benutzen den Titel Kulturhauptstadt für eine kleine Revolution. (dpa) Unter sind die Veranstaltungen während des Kulturjahrs zusammengefasst. Weitere Informationen über Paphos gibt es beim Fremdenverkehrsamt Zypern in Frankfurt,