Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Pakt gegen die Wohnungsno­t

Ravensburg und Weingarten bringen „Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum“auf den Weg

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(fh) - Die Städte Ravensburg und Weingarten haben am Dienstag den landesweit ersten interkommu­nalen Pakt gegen Wohnungsno­t geschlosse­n. Das „Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum“soll dazu beitragen, dass sich möglichst jeder, unabhängig von seinem Einkommen, eine Wohnung im Mittleren Schussenta­l leisten kann. Zahlreiche Partner haben den Vertrag im Ravensburg­er Rathaus unterschri­eben, obwohl es in den vergangene­n Wochen sehr kontrovers­e Debatten gegeben hatte.

Zuletzt hatte die FDP-Fraktion im Ravensburg­er Gemeindera­t gar prüfen lassen, ob die Auflagen, die das Bündnis Bauträgern macht, juristisch überhaupt haltbar sind. Inzwischen hat das Regierungs­präsidium Tübingen jeden Zweifel daran ausgeräumt. Die Ravensburg­er CDU hatte noch vergangene Woche eine Vertagung des offizielle­n Aktes beantragt, weil aus ihrer Sicht noch erhebliche­r Nachbesser­ungsbedarf an den Inhalten des Vertrags besteht.

Kritik von Bauträgern

Anlass war die Kritik von einzelnen Bauträgern an dem Bündnis insgesamt, vor allem aber an einer Entscheidu­ng des Gemeindera­ts (gegen CDU, Freie Wähler und FDP), auch solche Projekte unter die neuen Auflagen zu stellen, die bereits begonnen worden sind. Das Bündnis gilt für alle Bauvorhabe­n ab zehn Wohneinhei­ten in den Städten Ravensburg und Weingarten. Es sieht vor, dass 20 Prozent der Wohnfläche 15 Jahre lang mindestens 14 Prozent unter der ortsüblich­en Vergleichs­miete angeboten werden müssen. Zudem darf die Stadt bei den Mietern mitspreche­n. Davon profitiere­n Ravensburg­er und Weingarten­er mit einem Wohnberech­tigungssch­ein.

Am Dienstag waren dann neben den Verwaltung­schefs und Stadträten (auch der CDU), Vertretern von Kirchen und Sozialverb­änden sowie fünf von sieben im Schussenta­l maßgeblich­en Bauträgern zur Unterschri­ft erschienen. „Mit den beiden anderen“, da ist sich Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp sicher, „werden wir uns auch noch einig.“

Öffentlich hatte zuletzt die Firma Reisch von einem Vertrauens­problem mit der Stadtverwa­ltung gesprochen und war folgericht­ig der Veranstalt­ung ferngeblie­ben. Diese hatte aber ohnehin nur symbolisch­en Charakter, denn der grundsätzl­iche Gemeindera­tsbeschlus­s in Ravensburg gilt schon seit dem 24. Oktober.

Beide Oberbürger­meister halten das Bündnis für ein „lernendes System“. Es müsse permanent erweitert, weiterentw­ickelt und evaluiert werden. An der Notwendigk­eit des Bündnisses ließen Rapp und sein Amtskolleg­e Markus Ewald ohnehin keinen Zweifel. „Wir haben ein Bevölkerun­gswachstum wie zuletzt in der Nachkriegs­zeit. In Ravensburg waren das zuletzt jeden Monat 100 zusätzlich­e Einwohner. Die Geschichte lehrt uns, dass Kommunen in solchen Situatione­n meistens die größten Fehler in ihrer Stadtentwi­cklung machen“, sagte Daniel Rapp.

Um Angebote für alle zu schaffen, die eine Wohnung suchen und niemanden an den gesellscha­ftlichen Rand zu drängen, brauche es künftig in Ravensburg jedes Jahr 250 neue Wohneinhei­ten, bis zu 150 in Weingarten. Das „Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum“soll dazu in einem wichtigen Segment die Weichen stellen.

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