Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schnapsidee
Eigentlich ist der Kalte Krieg längst passé. Doch manche Dinge erinnern noch immer an jene Zeit im abgelaufenen Jahrhundert, als die Welt noch überschaubar in zwei Blöcke zerfiel: hierzulande etwa Rotkäppchen Sekt und Sara Wagenknecht, international zuletzt die ausufernden Trauerfeierlichkeiten für den verblichenen Fidel Castro.
Apropos Kuba: Schon zu Lebzeiten des Máximo Líder war die herrliche Karibikinsel nicht allzu flüssig, nun scheint gar keine harte Währung mehr vorhanden zu sein. Anders ist folgender Vorschlag nicht zu erklären: Kuba möchte seine Altschulden beim früheren kommunistischen Bruderland Tschechien – es handelt sich um stolze 276 Millionen Dollar – in Naturalien abzahlen, genau genommen mit vielen Fässern des weltberühmten Rums.
Wären die Böhmen und Mähren ein Volk der Cocktail-Schlürfer, könnte der Plan aufgehen. Doch noch immer trinken die Tschechen lieber Budweiser, Pilsner Urquell, Gambrinus oder Staropramen – und eher selten Cuba Libre. Jährlich importiert die Biertrinkernation Tschechien kubanischen Rum im Wert von lediglich zwei Millionen Dollar. Somit könnten die Tschechen die nächsten 138 Jahre mit hochprozentigem Gesöff aus Kuba anstoßen: Salud! Oder, wie sie in Prag, Karlsbad oder Pilsen sagen würden: Na zdraví!
Kein Wunder also, dass Michal Zurovec, der Sprecher des tschechischen Finanzministeriums, die Schnapsidee ablehnte. Man würde es bevorzugen, wenn die Kubaner ihre Rechnungen wie bisher mit Geld bezahlen würden, sagte er nun der Agentur AP. Ganz nüchtern. (jos)