Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zeiss mit Rekordumsatz
Optik-Konzern aus Oberkochen zieht Zukäufe in Betracht
(ank/lsw) - Aufgrund erneut anziehender Geschäfte in der Halbleiterbranche und wirksamen Effizienzprogrammen hat der OptikKonzern Carl Zeiss nach eigenen Angaben so viel Umsatz und Gewinn erwirtschaftet wie noch nie. Das Ergebnis unterm Strich verdoppelte sich im Geschäftsjahr 2015/2016 (Stichtag: 30. September) um 196 auf 404 Millionen Euro, wie der Konzern aus Oberkochen im Ostalbkreis am Freitag in Stuttgart mitteilte. Die Erlöse stiegen um acht Prozent auf knapp 4,9 Milliarden Euro. „Das Geschäftsjahr 2015/2016 ist das bislang erfolgreichste der Zeiss-Gruppe“, so Vorstandschef Michael Kaschke.
Kaschke hält nun auch weitere Akquisitionen für denkbar. Man verspüre „einen positiven Handlungsdruck. Es wäre doch betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll, liquide Mittel bei einer operativen Rendite von über zwölf Prozent auf der Bank liegen zu lassen.“
- Ausgerechnet die Problemsparte Halbleiter hat dem Technologiekonzern Zeiss mit einem beeindruckenden Endspurt das Geschäftsjahr vergoldet und für Rekorde bei Umsatz und Gewinn gesorgt. Das Unternehmen aus Oberkochen (Ostalbkreis) ist bekannt für Mikroskope, Brillengläser und Fotoobjektive, fertigt aber auch anspruchsvolle Geräte für die Augenheilkunde und ist außerdem ein wichtiger Ausrüster für die Chipindustrie.
In diesem Bereich, der intern unter dem Kürzel SMT (Semiconductor Manufacturing Technology) läuft, hatte Zeiss zuletzt mit Problemen zu kämpfen: Gemeinsam mit dem niederländischen Chipausrüster ASML und dem schwäbischen Laserspezialisten Trumpf arbeitet Zeiss an einem ambitionierten Verfahren zur Herstellung von Mikrochips – der sogenannten ExtremeUltra-Violet-Lithografie (EUV). Zeiss-Chef Michael Kaschke am Freitag bei der Präsentation der Konzernergebnisse
Doch diese Zukunftstechnologie erweist sich als äußerst komplex, die Unternehmen liegen Jahre hinter ihrem ursprünglichen Zeitplan zurück. Und weil das so ist, müssen Chiphersteller wie Samsung und Intel auf herkömmliche Technologien setzen, die Zeiss ebenfalls anbietet und die für das gute Abschneiden der Sparte verantwortlich waren.
„Diese Entwicklung war noch zum Halbjahr nicht abzusehen“, zeigte sich Michael Kaschke bei der Präsentation der Konzernergebnisse am Freitag in Stuttgart sichtlich erstaunt. Im Semesterergebnis Ende April stach die Halbleitersparte mit einem Umsatzrückgang von 13 Prozent noch als einzige negativ heraus. Nun, am Ende des Geschäftsjahres, das bei Zeiss am 30. September ausläuft, stand ein Plus von neun Prozent in den Büchern.
„Diese Entwicklung war noch zum Halbjahr nicht abzusehen“
Auch Medizintechnik läuft gut
Als Begründung führte Zeiss-Chef Kaschke die anziehenden Preise für Chips ins Feld, die auch immer die Nachfrage nach Produktionsanlagen beflügele. Mit der EUV-Technologie will Zeiss diese Erfolge fortschreiben – 2018 soll das System endlich serienreif sein.
Auch in den anderen Unternehmensbereichen – Industrielle Messtechnik und Mikroskopie, Medizintechnik, deren Umsätze im Wesentlichen von der Beteiligung an der Carl Zeiss Meditec AG stammen, sowie beim Konsumentenbereich – lief das Geschäft mit Zuwächsen zwischen sieben und acht Prozent rund. Addiert kommt das Stiftungsunternehmen so auf einen Umsatz von 4,9 Milliarden Euro und auf ein Konzernergebnis von 404 Millionen Euro – fast doppelt so viel wie noch im vorangegangenen Geschäftsjahr.
Kaschke macht den Gewinnsprung am Effizienzprogramm Agenda 2016 fest – ein vor fünf Jahren aufgelegtes Programm zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, „das nun eindrucksvoll seine Wirkung zeigt“.
Im Zuge dessen hatte sich Zeiss mehrere Sparrunden auferlegt, in weniger rentablen Sparten wurden Stellen gestrichen oder Abteilungen zusammengelegt.
Heute wähnt Kaschke seinen Konzern deutlich moderner, globaler und dynamischer als noch vor fünf Jahren. Für das laufende Geschäftsjahr prognostiziert der ZeissChef ein leichtes Umsatzplus und eine Rendite auf dem Niveau des Vorjahres.
Hoher Auftragseingang
Bei einem Auftragseingang von mehr als fünf Milliarden Euro sind diese Erwartungen gut untermauert. Am Ende könnte es deutlich mehr werden, denn Zeiss schaut sich eigenen Angaben zufolge intensiv nach Übernahmezielen um (siehe Nachgefragt).
Das ist an sich nichts Neues. Ähnliches war schon vor Jahresfrist von Kaschke zu hören. Doch mit liquiden Mitteln von 1,8 Milliarden Euro in der Bilanz nimmt der Handlungsdruck offenbar zu. Der letzte große Zukauf datiert auf das Jahr 2010 als Zeiss das zuvor ausgegliederte Brillengeschäft wieder unter die Fittiche des Konzerns genommen hatte.