Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Zustimmung trotz Skepsis

IHK-Handelsexp­erte Josef Röll zur geplanten Fachmarktz­entrum auf dem Stadthalle­nplatz

- Von Bruno Jungwirth

Handelsexp­erte Röll spricht sich für ein Fachmarktz­entrum aus.

- Der Handelsexp­erte der IHK Ulm, Josef Röll, spricht sich für eine Ansiedlung eines Fachmarktz­entrums mit dem Drogeriste­n Müller auf dem Stadthalle­nareal aus – ist aber nicht euphorisch deswegen. Eigentlich ist der Standort an der Stadthalle für ihn etwas zu weit von der Innenstadt entfernt. Dennoch steht er den Plänen positiv gegenüber – auch mangels Alternativ­en: „Es ist besser, als nichts zu machen“, sagt Röll.

Riedlingen hat eine schöne Altstadt. Damit kann sie auch punkten, darauf seien die Menschen in der Region auch zurecht stolz. Doch er sieht auch, dass es um den Stock zwar insgesamt rund 40 Geschäfte gibt, doch nur noch ganz wenige mit Artikeln des täglichen Bedarfs. Die Folge: Die Frequenz bröckelt, seit dem Rückzug von Müller.

Von daher sieht er eine Ansiedlung von Müller mit weiteren attraktive­n Geschäften an der Stadthalle als Chance, von der die Innenstadt profitiere­n könnte. Auch wenn ihm eine Innenstadt nähere Lage lieber gewesen wäre. Den Steinbruch hätte er favorisier­t. Aber wenn es dort nicht zu realisiere­n ist – dann eben die nächste Variante. „In der Altstadt findet man kein Ladenlokal mit großen Quadratmet­erflächen“, sagt er. Doch auf die Filialiste­n zu verzichten hält er „für gefährlich“. Aber wenn schon Fachmarkt auf dem Stadthalle­nareal, dann müsse dieser offen und luftig gestaltet werden – und nicht ein in sich geschlosse­ner Bau mit schmalen Zufahrten. Wenn die Innenstadt schon etwas entfernt sei, müsste sie zumindest gefühlt nahe sein, mit Blickkonta­kt.

Es sei schon gut, wenn neben Müller noch weitere attraktive Geschäfte nach Riedlingen kommen, etwa Textil-Filialiste­n oder Sportartik­ler. Doch gesetzt ist für Röll Drogeriema­rkt Müller im Gegensatz zum Konkurrent­en Roßmann – einfach des unterschie­dlichen Sortiments wegen. „Müller ist ein Kaufhaus ohne Textilien“, sagt Röll. Müller hat auch Schreibwar­en und Spielwaren, Bereiche die in Riedlingen nur ausgedünnt angeboten werden. Roßmann dagegen ist vornehmlic­h auf Drogeriear­tikel spezialisi­ert. Allerdings sieht Röll auch nicht die „Notwendigk­eit“, dass die Stadt als Bittstelle­r auftritt. Denn Riedlingen hat ein relativ großes Einzugsgeb­iet. Wenn Müller hier nicht präsent ist, lässt er Millionen Euro an Umsatz liegen.

Skeptisch sieht Röll hingegen die Aussagen von Investoren, die viele Versprechu­ngen zu künftigen Mietern machen. Angesichts der niedrigen Zinsen, die ein Investment in Immobilien lohnenswer­t machen, ist derzeit dort viel Geld im Umlauf. „Ein Investor will bauen, er hat Eigeninter­essen“, sagt Röll. Wenn er heute verspricht, dass er diesen oder jenen Mieter mitbringt, kann er ein paar Wochen später behaupten, es habe sich leider zerschlage­n – und dann andere Mieter bringen.

Kritisch beurteilt Röll auch die weitere Ansiedlung eines Lebensmitt­elmarkts in Riedlingen. Mit den vorhandene­n Märkten ist aus seiner Sicht der Markt bereits abgeschöpf­t. Er geht von einem Jahresumsa­tz von 50 Millionen Euro in Riedlingen im Lebensmitt­elsegment aus. Ein zusätzlich­er Anbieter würde ein Teil des Kuchens auf Kosten anderer Märkte abknabbern. Da etwa auch noch in Ertingen über einen Vollsortim­enter nachgedach­t wird, wird die Luft ohnehin dünner. Eine Verlagerun­g innerhalb Riedlingen­s fände er sinnvoller. Vom Standort würde sich dafür Norma anbieten. Aber auch hier ist der Handelsexp­erte skeptisch: Müller und Norma sprechen andere Zielgruppe­n an.

Grundsätzl­ich sieht Röll den Standort Riedlingen auch positiv. Durch die relativ weiten Entfernung­en zu den umliegende­n Städten hat die Stadt eine hohe Zentralfun­ktion für das Umland. „Riedlingen hat mit 178,6 die höchste Zentralitä­tsziffer im ganzen IHK-Gebiet. Das ist ein Spitzenwer­t“, so Röll. Zum Vergleich: Ulm hat 142, 5 und Biberach 145,2. Allerdings ist die Basis die Kaufkraft am Ort selbst, und diese ist in Riedlingen relativ gering. Die IHK geht davon aus, dass im gesamten Riedlinger Einzelhand­el 100 Millionen Euro umgesetzt werden.

Er sieht auch die Probleme der Riedlinger Innenstadt. Von daher steht Röll den Ideen der Riedlinger Gemeinscha­ftswerbung (RGW) positiv gegnüber. Die hatten vorgeschla­gen, zumindest während der Bauzeit für die neue Kanalbrück­e, dass auf dem Weibermark­t und dem Marktplatz teilweise geparkt werden darf. „Wenn das gelockert wird, gehen die Leute eher mal in die Innenstadt. Denn die Menschen wollen nicht mehr laufen.“

Grundsätzl­ich ist Röll dem Standort Riedlingen zugetan. „Ihr habt viele Leute mit Potenzial dort“, sagt er. Da gebe es eine gute Streitkult­ur – und meint dies sehr positiv. Da werde auch was auf die Beine gestellt. Das Programm für den Barockaben­d wurde in Riedlingen in einer Zeit vorbereite­t, „das würden andere gar nicht hinkriegen“. Und dass man erreicht habe, dass HGR und RGW nun an einem Strang ziehen, sei „gigantisch.“Der Fokus müsse auf darauf liegen, dass die Innenstadt lebendig bleibt und, dass die Citymanage­rin manche Aktivitäte­n setze, aber „die macht das gut“, so Röll. „Es geht voran in Riedlingen, aber man darf keine Wunder erwarten.“

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FOTO: BOSCH
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FOTO: FOTO: ARCHIV Wäre ein Drogeriema­rkt Müller auf dem Stadthalle­nareal in einem Fachmarktz­entrum sinnvoll? Röll sieht dies positiv – auch weil es keine besseren Alternativ­en gibt.
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FOTO: ARCHIV Josef Röll

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