Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zustimmung trotz Skepsis
IHK-Handelsexperte Josef Röll zur geplanten Fachmarktzentrum auf dem Stadthallenplatz
Handelsexperte Röll spricht sich für ein Fachmarktzentrum aus.
- Der Handelsexperte der IHK Ulm, Josef Röll, spricht sich für eine Ansiedlung eines Fachmarktzentrums mit dem Drogeristen Müller auf dem Stadthallenareal aus – ist aber nicht euphorisch deswegen. Eigentlich ist der Standort an der Stadthalle für ihn etwas zu weit von der Innenstadt entfernt. Dennoch steht er den Plänen positiv gegenüber – auch mangels Alternativen: „Es ist besser, als nichts zu machen“, sagt Röll.
Riedlingen hat eine schöne Altstadt. Damit kann sie auch punkten, darauf seien die Menschen in der Region auch zurecht stolz. Doch er sieht auch, dass es um den Stock zwar insgesamt rund 40 Geschäfte gibt, doch nur noch ganz wenige mit Artikeln des täglichen Bedarfs. Die Folge: Die Frequenz bröckelt, seit dem Rückzug von Müller.
Von daher sieht er eine Ansiedlung von Müller mit weiteren attraktiven Geschäften an der Stadthalle als Chance, von der die Innenstadt profitieren könnte. Auch wenn ihm eine Innenstadt nähere Lage lieber gewesen wäre. Den Steinbruch hätte er favorisiert. Aber wenn es dort nicht zu realisieren ist – dann eben die nächste Variante. „In der Altstadt findet man kein Ladenlokal mit großen Quadratmeterflächen“, sagt er. Doch auf die Filialisten zu verzichten hält er „für gefährlich“. Aber wenn schon Fachmarkt auf dem Stadthallenareal, dann müsse dieser offen und luftig gestaltet werden – und nicht ein in sich geschlossener Bau mit schmalen Zufahrten. Wenn die Innenstadt schon etwas entfernt sei, müsste sie zumindest gefühlt nahe sein, mit Blickkontakt.
Es sei schon gut, wenn neben Müller noch weitere attraktive Geschäfte nach Riedlingen kommen, etwa Textil-Filialisten oder Sportartikler. Doch gesetzt ist für Röll Drogeriemarkt Müller im Gegensatz zum Konkurrenten Roßmann – einfach des unterschiedlichen Sortiments wegen. „Müller ist ein Kaufhaus ohne Textilien“, sagt Röll. Müller hat auch Schreibwaren und Spielwaren, Bereiche die in Riedlingen nur ausgedünnt angeboten werden. Roßmann dagegen ist vornehmlich auf Drogerieartikel spezialisiert. Allerdings sieht Röll auch nicht die „Notwendigkeit“, dass die Stadt als Bittsteller auftritt. Denn Riedlingen hat ein relativ großes Einzugsgebiet. Wenn Müller hier nicht präsent ist, lässt er Millionen Euro an Umsatz liegen.
Skeptisch sieht Röll hingegen die Aussagen von Investoren, die viele Versprechungen zu künftigen Mietern machen. Angesichts der niedrigen Zinsen, die ein Investment in Immobilien lohnenswert machen, ist derzeit dort viel Geld im Umlauf. „Ein Investor will bauen, er hat Eigeninteressen“, sagt Röll. Wenn er heute verspricht, dass er diesen oder jenen Mieter mitbringt, kann er ein paar Wochen später behaupten, es habe sich leider zerschlagen – und dann andere Mieter bringen.
Kritisch beurteilt Röll auch die weitere Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts in Riedlingen. Mit den vorhandenen Märkten ist aus seiner Sicht der Markt bereits abgeschöpft. Er geht von einem Jahresumsatz von 50 Millionen Euro in Riedlingen im Lebensmittelsegment aus. Ein zusätzlicher Anbieter würde ein Teil des Kuchens auf Kosten anderer Märkte abknabbern. Da etwa auch noch in Ertingen über einen Vollsortimenter nachgedacht wird, wird die Luft ohnehin dünner. Eine Verlagerung innerhalb Riedlingens fände er sinnvoller. Vom Standort würde sich dafür Norma anbieten. Aber auch hier ist der Handelsexperte skeptisch: Müller und Norma sprechen andere Zielgruppen an.
Grundsätzlich sieht Röll den Standort Riedlingen auch positiv. Durch die relativ weiten Entfernungen zu den umliegenden Städten hat die Stadt eine hohe Zentralfunktion für das Umland. „Riedlingen hat mit 178,6 die höchste Zentralitätsziffer im ganzen IHK-Gebiet. Das ist ein Spitzenwert“, so Röll. Zum Vergleich: Ulm hat 142, 5 und Biberach 145,2. Allerdings ist die Basis die Kaufkraft am Ort selbst, und diese ist in Riedlingen relativ gering. Die IHK geht davon aus, dass im gesamten Riedlinger Einzelhandel 100 Millionen Euro umgesetzt werden.
Er sieht auch die Probleme der Riedlinger Innenstadt. Von daher steht Röll den Ideen der Riedlinger Gemeinschaftswerbung (RGW) positiv gegnüber. Die hatten vorgeschlagen, zumindest während der Bauzeit für die neue Kanalbrücke, dass auf dem Weibermarkt und dem Marktplatz teilweise geparkt werden darf. „Wenn das gelockert wird, gehen die Leute eher mal in die Innenstadt. Denn die Menschen wollen nicht mehr laufen.“
Grundsätzlich ist Röll dem Standort Riedlingen zugetan. „Ihr habt viele Leute mit Potenzial dort“, sagt er. Da gebe es eine gute Streitkultur – und meint dies sehr positiv. Da werde auch was auf die Beine gestellt. Das Programm für den Barockabend wurde in Riedlingen in einer Zeit vorbereitet, „das würden andere gar nicht hinkriegen“. Und dass man erreicht habe, dass HGR und RGW nun an einem Strang ziehen, sei „gigantisch.“Der Fokus müsse auf darauf liegen, dass die Innenstadt lebendig bleibt und, dass die Citymanagerin manche Aktivitäten setze, aber „die macht das gut“, so Röll. „Es geht voran in Riedlingen, aber man darf keine Wunder erwarten.“