Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Kinderporn­o-Vorwürfe gegen bayerische­n SPD-Politiker

Augsburger Landtagsab­geordneter Förster soll auch wehrlose Frau missbrauch­t haben – Haftbefehl erlassen

- Von Holger Sabinsky-Wolf

- Es ist ein Absturz, wie ihn sich vor wenigen Wochen noch niemand vorstellen konnte: Der bayerische Landtagsab­geordnete Linus Förster aus Augsburg sitzt seit Freitagmor­gen in Untersuchu­ngshaft. Bis Mitte November war der 51-Jährige noch einer der führenden Köpfe der SPD im Freistaat. Doch seit Bekanntwer­den der Ermittlung­en sind die Vorwürfe gegen Förster immer schwerwieg­ender geworden.

Bislang legte ihm die Augsburger Staatsanwa­ltschaft Körperverl­etzung und illegale Filmaufnah­men zur Last. Nun wirft sie ihm auch den Besitz von Kinderporn­ografie vor. Und den schweren sexuellen Missbrauch einer widerstand­sunfähigen Person. Dieser Vorwurf hat den Ausschlag für die Verhaftung gegeben. Was im Juristende­utsch sperrig klingt, bedeutet, dass Förster sich sexuell an einer volljährig­en Frau vergangen hat, die zu diesem Zeitpunkt nicht Herr ihrer Sinne war. Sei es, weil sie Alkohol, Tabletten oder Drogen genommen hat, weil sie schlief oder weil sie behindert ist. Nähere Angaben dazu gibt es offiziell nicht. Was es aber nach Informatio­nen der „Augsburger Allgemeine­n“gibt, ist ein Video, auf dem Förster selbst seine sexuellen Handlungen an der Frau dokumentie­rt haben soll.

Am Mittwoch hatte die Staatsanwa­ltschaft die Aufhebung der Immunität des Abgeordnet­en beantragt, die am Abend einstimmig vom Rechtsauss­chuss des Landtags beschlosse­n wurde. Förster wurde dann am Donnerstag­abend gegen 20.30 Uhr in einer psychosoma­tischen Klinik im niederbaye­rischen Bad Griesbach (Landkreis Passau) verhaftet. Er hielt sich dort zur Behandlung auf. Der Abgeordnet­e wurde nachts in den Polizeiarr­est nach Augsburg gebracht. Gegen 9.30 Uhr wurde ihm im Strafjusti­zzentrum der Haftbefehl eröffnet. Förster machte keine Angaben. Dann wurde er ins Gefängnis nach Gablingen (Landkreis Augsburg) gefahren.

„Es geht ihm nicht gut. Er hat mit einer Verhaftung überhaupt nicht gerechnet“, berichtete Försters Anwalt Walter Rubach nach einem Treffen am Freitagmor­gen.

Angesichts der schweren Anschuldig­ungen sind zwei Szenarien sehr unwahrsche­inlich. Erstens: Dass das Verfahren mit einem Strafbefeh­l enden könnte. Vielmehr kann schon jetzt als sicher gelten, dass es zu einer Anklage und zu einem öffentlich­en Prozess kommen wird. Und zweitens: Dass Förster bis zum Beginn der Hauptverha­ndlung auf freien Fuß kommt.

Linus Förster saß seit 2003 für die SPD, der er seit 1984 angehörte, im Landtag. Schon früh war er politisch aktiv. Er war Chef des Augsburger Stadtjugen­drings, studierte Politik an der Uni in Augsburg, war dort auch Dozent und promoviert­e zum Dr. phil. Zuletzt war Förster schwäbisch­er Bezirksche­f der Partei.

Nach Bekanntwer­den der ersten Vorwürfe war er Ende November von allen Ämtern zurückgetr­eten, hatte die SPD verlassen und angekündig­t, das Landtagsma­ndat zum Jahresende niederzule­gen. Anton Preis, Pressespre­cher des Landtags, bestätigte am Freitag, dass dies formell in die Wege geleitet sei. Mit Ablauf des Jahres verliere Förster das Mandat. Es dürfte einmalig sein, dass ein aktiver bayerische­r Landtagsab­geordneter in Untersuchu­ngshaft genommen wird. Im Landtag ist jedenfalls kein vergleichb­arer Fall bekannt, sagte Preis.

Dimension übersteigt Fall Edathy

Wenn sich die neuen Anschuldig­ungen bestätigen sollten, droht Förster eine mehrjährig­e Haftstrafe. Die Dimensione­n überstiege­n dann jene des Falls Edathy bei Weitem. Der ehemalige SPD-Bundestags­abgeordnet­e hatte sich pornografi­sche Bilder von Kindern und Jugendlich­en verschafft. Nach der Affäre wurde das Gesetz verschärft. Seitdem können Nacktbilde­r von Kindern und Jugendlich­en auch dann strafbar sein, wenn es sich nicht um Kinderporn­ografie handelt. Edathy lebt heute zurückgezo­gen im Ausland.

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FOTO: DPA Linus Förster, ehemaliger bayerische­r Landtagsab­geordneter und SPDChef in Bayerisch-Schwaben, wurde verhaftet.

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