Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Das Herz am rechten Fleck

Klaus Kinkel , Ex-Außenminis­ter, Vizekanzle­r und FDP-Chef, wird am heutigen Samstag 80 Jahre alt

- Von Sabine Lennartz

- Er liebt Spätzle, sein schwäbisch­er Einschlag ist unüberhörb­ar, auch wenn er hochdeutsc­h redet, und es gibt nur wenige, die ihn nicht mögen. Klaus Kinkel wird am Samstag 80 Jahre alt. Die FDP will dies am Dienstag in Berlin mit einem Empfang groß feiern, an dem neben Parteichef Christian Lindner auch Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) und Außenminis­ter FrankWalte­r Steinmeier (SPD) teilnehmen.

Klaus Kinkel, früherer Außenminis­ter und Vizekanzle­r, stand immer etwas im Schatten seines großen Vorgängers Hans-Dietrich Genscher, dessen persönlich­er Referent er von 1974 bis 1979 war. „Genscher war mein Ziehvater“, sagt Kinkel.

Kinkel, gelernter Jurist, begann seine Karriere 1979 als Präsident des Bundesnach­richtendie­nstes. Als Staatssekr­etär im Bundesmini­sterium der Justiz schrieb er mit am deutschen Einigungsv­ertrag, bevor er 1990 Justizmini­ster wurde. Nach Genschers Rücktritt folgte er diesem 1992 als Außenminis­ter und ab 1993 bis 1998 auch als Vizekanzle­r unter Helmut Kohl. In seine Amtszeit fiel der Beginn des Jugoslawie­n-Kriegs, in dem die Bundesregi­erung auf FDP-Betreiben gegen sich selbst klagte – um 1994 von Karlsruhe attestiert zu bekommen, dass der AwacsEinsa­tz rechtens ist. Kinkel hat als Außenminis­ter in schwierige­n Zeiten der Nato-Osterweite­rung in Russland um Vertrauen für Deutschlan­d geworben.

In die FDP kam Kinkel als Spätberufe­ner – erst 1991 trat er in die Partei ein, deren Chef er von 1993 bis 1995 war. Als solcher hatte er nicht viel Glück und sagte später einmal selbst, dass „egal wer in dieser Zeit Parteivors­itzender gewesen wäre, es auch nicht viel anders hätte machen können“. 1995 tritt er nicht wieder an und bekennt später: „Ich habe gelitten in dieser Zeit.“Immerhin: Als Parteivors­itzender holte er Guido Westerwell­e als Generalsek­retär.

Joggen mit dem Labrador

Der heutige FDP-Chef Christian Lindner sagt auf die Frage, was ihm spontan einfalle, wenn er an Klaus Kinkel denke: „größte Verlässlic­hkeit und Seriosität, verbunden mit einem echten Herz.“Die frühere FDPLandesv­orsitzende Birgit Homburger schätzt seine Herzlichke­it, seine Empathie besonders. „Er hat eine ganz direkte und sehr herzliche Art“, sagt sie. Und Ernst Burgbacher, früherer FDP-Bundestags­abgeordnet­er aus Trossingen, meint: „Er hat höchste Weihen und ist trotzdem immer zugänglich, ist sich nie zu fein für irgendetwa­s.“Ganz nebenbei bewundert Burgbacher auch Kinkels sportliche Konsequenz, wenn dieser nach der Landesgrup­pensitzung noch joggen ging. „Ich jogge alle zwei Tage mit meinem Labrador“, sagt Hundebesit­zer Klaus Kinkel heute.

Er hat Freude am Erzählen. Klaus Kinkel kann wunderbar schildern, etwa, wie Madeleine Albright, ehemalige US-Außenminis­terin, einmal etwas „räs“wurde. Beim Erzählen klopft Kinkel seinem Gegenüber dabei kräftig aufs Brustbein, um etwas zu unterstrei­chen. Einmal im Eifer des Gefechts auch Birgit Homburger, was ihm dann sehr peinlich war.

Geboren ist Klaus Kinkel in Hechingen, und er erinnert sich noch an die Luftangrif­fe auf seine Stadt. Kinkel studierte Jura in Tübingen, bis heute gehört er einer katholisch­en Verbindung an. Kinkel ist tief im Schwäbisch­en verwurzelt und auch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“verbunden, schon alleine durch seine Großmutter, die in Tettnang wohnte und so gerne die Leitartike­l des früheren Chefredakt­eurs Chrysostom­us Zodel las und sich über die steile politische Karriere ihres Enkels freute. „Die Schwäbisch­e hat mich dabei immer fair behandelt“, sagt Kinkel heute.

Klaus Kinkel verließ den Bundestag schon 2002. Er wollte mehr Zeit für die Familie haben und sich als Anwalt mehr im humanitäre­n und karitative­n Bereich engagieren. In Berlin sah man ihn trotzdem noch regelmäßig. Denn als Vorsitzend­er der Telekomsti­ftung von 2002 bis 2015 trat er regelmäßig in Erscheinun­g, um für mehr Gerechtigk­eit und Effektivit­ät im Bildungssy­stem zu werben. Dabei setzte er sich für mehr Kompetenze­n des Bundes in der Bildungspo­litik ein.

Auch wenn er seine Ämter niedergele­gt hat, wird es auch in Zukunft bei ihm kaum ruhig werden: Erst in diesem November wurde Klaus Kinkel Vorsitzend­er der Ethikkommi­ssion des DFB.

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FOTO: IMAGO Klaus Kinkel (rechts) neben seinem „Ziehvater“Hans-Dietrich Genscher.

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