Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zäher Kampf um die Wahrheit
Facebook geht gegen Fake News vor – Bundesregierung erhöht den Druck
(AFP/dpa/epd) - Facebook will nach massiver Kritik an seiner Rolle im US-Wahlkampf schärfer gegen die Ausbreitung erfundener Nachrichten ankämpfen. Unter anderem soll es einfacher werden, sogenannte Fake News zu melden, kündigte das weltgrößte Online-Netzwerk an. Außerdem werde man mit externen Fakten-CheckSpezialisten zusammenarbeiten.
Während Facebook sich bereit erklärt, die Fake News zunächst in den USA zu bekämpfen, kündigt die Große Koalition in Deutschland an, sie wolle Facebook und andere soziale Netzwerke gesetzlich zu diesem Kampf zwingen, wie auch zu dem gegen Hassbotschaften. Geplant ist nach Angaben des SPD-Fraktionschefs Thomas Oppermann, „Plattformen wie Facebook gesetzlich zu verpflichten, auf deutschem Boden eine an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden erreichbare Rechtsschutzstelle einzurichten“. Dorthin sollen Betroffene sich wenden können und belegen, dass sie Opfer von Falschnachrichten geworden sind, sagte Oppermann dem „Spiegel“. „Wenn Facebook nach entsprechender Prüfung die betroffene Meldung nicht unverzüglich binnen 24 Stunden löscht, muss Facebook mit empfindlichen Bußgeldern bis zu 500 000 Euro rechnen.“Zudem müsse es auf Wunsch der Betroffenen eine „Richtigstellung mit der gleichen Reichweite geben“. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Natürlich müssen wir am Ende über Bußgelder nachdenken, wenn andere Maßnahmen nicht greifen.“
Rechte für Opfer von Hetze
Soziale Medien müssten „zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung gezwungen werden“, erklärte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Er bezeichnete es zugleich als wichtig, dass die Betroffenen einen Anspruch auf Auskunft gegenüber den Plattformen bekommen – damit sie herausfinden können, von wem die Hetzreden stammen.
Facebook war im US-Wahlkampf in die Kritik geraten, weil über den Internetanbieter immer wieder Falschmeldungen verbreitet wurden. Dazu gehörte zum Beispiel die erfundene Nachricht, dass Papst Franziskus Donald Trump seine Unterstützung ausgesprochen habe. Kritiker warfen dem Unternehmen vor, so den Wahlkampf zugunsten Trumps beeinflusst zu haben. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte zunächst den Einfluss manipulierter Nachrichten auf die Wahl bestritten, dann aber Maßnahmen gegen Falschmeldungen in die Wege geleitet.
Facebook kündigte jetzt unter anderem an, mit internationalen Unternehmen zusammenzuarbeiten, die sich auf die Überprüfung von Fakten spezialisiert hätten. Wenn diese eine Nachricht als falsch identifizierten, werde diese mit einer Art Warndreieck markiert und mit einem Hinweis versehen, dass die Nachricht von unabhängiger Seite infrage gestellt werde. Die Nachricht könne dann zwar weiterhin mit anderen FacebookNutzern „geteilt“werden, der Warnhinweis werde aber jedes Mal gezeigt. Zudem würden mutmaßliche Falschnachrichten auf den entsprechenden Seiten weiter unten angezeigt. Das Magazin der „Süddeutschen Zeitung“berichtete derweil über eine „ungenügende Löschpraxis“bei Facebook. So blieben etwa Mitarbeitern des im Facebook-Auftrag tätigen Löschteams in Berlin oft nur etwa acht Sekunden für die Entscheidung, ob ein Beitrag gegen Regeln verstößt.
Algorithmen werden angepasst
Auch die Algorithmen, die darüber entscheiden, welche Artikel im Newsfeed der Mitglieder auftauchen, sollen angepasst werden. Wenn ein Beitrag von Nutzern nicht geteilt wird, nachdem sie ihn gelesen haben, könne das als Warnsignal in die Gewichtung einfließen, erläuterte Facebook-Manager Adam Mosseri in einem Blogeintrag.
Schließlich wolle Facebook konsequenter die Einnahmequellen der Autoren gefälschter Nachrichten austrocknen. Im US-Wahlkampf sollen einige ein gutes Geschäft damit gemacht haben, aufsehenerregende Nachrichten zu erfinden: Sie wurden von Nutzern angesehen und weiterverbreitet – und die dabei angezeigte Werbung ließ bei den Autoren die Kassen klingeln. Ein Missbrauch von Falschnachrichten zu Werbezwecken solle ebenso nicht mehr möglich sein.
Allerdings sollen umstrittene Posts online bleiben. Facebook-Manager Adam Mosseri hob die Eigenverantwortung der Facebook-Nutzer hervor: „Wir glauben daran, Menschen eine Stimme zu geben und können nicht selbst Schiedsrichter der Wahrheit werden.“