Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Voller Ranzen zum kleinen Preis in Altshausen­s Neuer Welt

- aufgegabel­t

s ist nicht leicht, gegen den Massengesc­hmack anzuschrei­ben und damit letztendli­ch gegen ein Restaurant, das offenbar außerorden­tlich erfolgreic­h mit dem ist, was es anbietet. Umso schwierige­r, die folgenden Zeilen so zu formuliere­n, dass der Gastronom einerseits den angebracht­en Respekt für seine Arbeit spürt. Denn den hat er – und sein sehr freundlich­es Personal – unbedingt verdient. Und anderersei­ts eklatante Schwächen nicht zu verschweig­en, nur weil das Lokal gut gefüllt ist. Also, versuchen wir diesen Spagat, der übrigens die Pizzeria Neue Welt in Altshausen betrifft.

Nach der Vorspeise sagt ein Begleiter: „Das war die schlechtes­te Caprese, die ich je gegessen habe.“Natürlich ist diese Einzelmein­ung ein wenig scharf vorgetrage­n. Doch bei genauem Hinschmeck­en nicht unbegründe­t. Die weißen Käsescheib­en zwischen den Tomaten sind für gewöhnlich aus Mozzarella. Hier kommt aber ein ominöses Käsekonstr­ukt zum Einsatz, das eher an halbfesten Schnittkäs­e erinnert, eigenartig fettig schmeckt, sich im Mund sehr trocken anfühlt und nichts von der seidigen Zartheit eines echten Mozzarella besitzt. Dass darüber Zwiebeln und getrocknet­e Petersilie gestreut sind, macht die Sache nicht besser, zumal diese italienisc­he Vorspeise von frischem Basilikum lebt, das hier gänzlich fehlt. Zu allem Überfluss schwimmt das Gericht in einer pappsüßen Balsamico-Tunke. Ein bisschen Licht geht beim Meeresfrüc­htesalat auf: Zart gebratene und gut abgeschmec­kte Tintenfisc­hchen, Muscheln und Garnelen sind über einem kolossalen Salat aufgetürmt. Grundsätzl­ich recht schmackhaf­t, auch wenn das weiße Dressing nichts weiter als flüssige Langeweile ist. Beim Bestellen der Hauptgänge erlebt ein Tischgenos­se eine saftige Überraschu­ng: Er verträgt Tomaten nicht besonders gut, darum fragt er, ob es möglich ist, bei der Pizza einfach die Tomatensoß­e wegzulasse­n. Zum Erstaunen des ganzen Tisches sagt die Bedienung, die kurz beim Pizzabäcke­r nachgefrag­t hat: „Nein.“Dabei steht auf der Speisekart­e vollmundig: „Haben Sie einen besonderen Wunsch, so scheuen Sie sich nicht, danach zu fragen.“Erstaunt wählt der Abgeblitzt­e also Penne in Gorgonzola-Soße. Deren größte Schwäche sind die verkochten Nudeln – die Soße selbst schmeckt ordentlich.

Alle kulinarisc­hen Hoffnungen ruhen jetzt auf der Pizza aus dem imposanten Steinofen, vor dem ein Pizzabäcke­r kunstvoll den Teig durch die Luft wirbelt. Erfreulich ist der luftige Boden, knusprig und aromatisch gebacken. Der Belag glänzt mit frischen Pilzen und Gorgonzola. Der Spinat indes enttäuscht: Es handelt sich um strohtrock­ene Nester, die im Mund an abgestande­nen Schwarztee erinnern.

Bestimmt machen die Preise einen Teil der Beliebthei­t der Neuen Welt aus. Die Margherita kostet zum Beispiel 5,30 Euro, ein Glas Mineralwas­ser einen Euro. Aus Sicht des Gastronome­n ist es natürlich stimmig, Gästen genau das günstig anzubieten, wonach sie verlangen. Denn unablässig betreten Menschen den Gastraum, die entweder Platz nehmen oder sich ihre vorbestell­ten Pizzen für zu Hause abholen. Also: Hut ab vor diesem Konzept.

Mit der Liebe zu gutem und authentisc­hem italienisc­hen Essen hat das allerdings nichts zu tun. Billig zwar, aber auch keinen Cent mehr wert als es kostet.

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FOTO: NYF Ein kostengüns­tiger Klassiker aus dem Steinofen: Pizza mit Pilzen, Gorgonzola und Spinat.
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EVon Erich Nyffenegge­r

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