Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Bildung ist unsere einzige Chance“
Pfarrer Emanuel Sawadogo kämpft gegen Unterernährung und für die Ausbildung der Ärmsten in Burkina Faso – Die Riedlinger Kirchengemeinde unterstützt ihn dabei
Pfarrer Sawadogo kämpft für die Ausbildung der Ärmsten in Burkina Faso.
- Deutschland und Burkina Faso trennt vieles. Nicht nur das Meer zwischen Europa und Afrika. Der afrikanische Staat gilt als einer der ärmsten der Welt, Deutschland ist einer der reichsten. Dr. Emanuel Sawadogo kennt beide Länder. Er hat in Deutschland studiert und baut nun in seiner Heimatdiözese das Bildungssystem auf: Zudem hat er inzwischen eine Schneiderschule für junge Mädchen etabliert. „Bildung ist unsere einzige Chance“, ist der Pfarrer überzeugt. Die katholische Pfarrgemeinde in Riedlingen unterstützt ihn in seinen Bemühungen seit Jahren.
Eigentlich gibt es die Schulpflicht in Burkina Faso. Alle Kinder sollten lesen und schreiben können. Eigentlich. Doch die Realität sieht anders aus, wie der Pfarrer erzählt. Burkina Faso ist so arm, dass noch viele Menschen verhungern müssen. Selbst wenn sie zunächst eine Schule besuchen, brechen viele Kinder die Schule ab. „Viele sind sich selbst überlassen oder leben auf der Straße. Sie sind aus wirtschaftlichen Gründen dazu gezwungen auf die Straße zu gehen, um für ihr Überleben und das der Angehörigen Verantwortung zu übernehmen“, schildert der Geistliche die Situation. Daher hat nur ein kleiner Teil Zugang zur Bildung. Die Analphabetenrate ist hoch. Und selbst für die, die gehen ist die Ausstattung schlecht. Es fehlt Geld für die Lehrerausbildung, für Lehrmaterial und für Schulbänke.
Dass diese Situation etwas besser wird, dafür setzt sich Sawadogo seit Jahren in seinem Heimatland ein. In der Diözese Kaya baut er das Schulwerk auf. Derzeit ist für sechs Kindergärten, 16 Grundschulen und sechs weiterführende Schulen zuständig. Rund 3700 Kinder werden in den Schulen unterrichtet.
Sawadogo ist dies ein Herzensanliegen. Denn von einem ist er überzeugt: „Bildung ist der Schlüssel für die Zukunft des Landes“. Seine Doktorarbeit hat er über Entwicklungsarbeit in Burkina Faso geschrieben. Das Land hat keinen Zugang zum Meer, die Ressourcen sind gering, also müsse man auf Bildung setzen. Da der Staat dies nicht ausreichend leistet, kümmert sich auch die Kirche darum. Und Sawadogo versucht zusätzlich Spenden für seine Projekte zu erhalten.
Persönliche Beziehungen sind gewachsen
Die Riedlinger Kirchengemeinde unterstützt ihn seit mehreren Jahren. Der Zufall hat Sawadogo nach Riedlingen geführt. Während seines Studiums von 2003 bis 2010 in Benediktbeuren hat er Kontakt zur Familie Marthaler erhalten. Seither sind die persönlichen Beziehungen zu Menschen in der Stadt gewachsen. Mehrfach hat er nun Riedlingen besucht, inzwischen war er auch zwei Mal als Urlaubsvertretung in Riedlingen. Der Mann spricht nach seinen Studium in Deutschland perfekt deutsch.
„Deutschland ist für mich ein Vorbild“, sagt er. Ruhig und bedächtig spricht er über das Verhältnis von Europa und Afrika. Spricht über Unterschiede im Glauben und der Mentalität. Er weiß beide Kulturen zu schätzen. Neid auf Deutschland und seinen Reichtum? „Diese Gefühle habe ich nicht. Ich bewundere dieses Land“, sagt er.
Sawadogo hat sich für die Arbeit in seinem Heimatland entschieden. Er kämpft mit den Tücken und Schwierigkeiten des Alltags. Dank der Spenden aus Deutschland konnte er manche Probleme lösen: So wurde das Geld dazu verwendet, dass die Schüler zumindest eine Mahlzeit am Tag erhalten oder es wurde in Schulbänke investiert. Mit den Geldern aus der Sternsingeraktion in Riedlingen wurde ein weiterer Bauabschnitt für eine Schule in Kaya in Angriff genommen. Ohne Hilfe von außen wäre dies nicht möglich gewesen. Über 25 000 Euro hat Sawadogo an Spenden bereits aus Riedlingen erhalten.
Inzwischen hat der Priester noch ein weiteres Projekt forciert. Er hat eine Schneiderschule aufgebaut. Mit ausgedienten Nähmaschinen aus Deutschland. Durch die Schule sollen junge Mädchen eine Lebensperspektive erhalten. Mädchen, die sonst kaum eine Chance hätten. Junge Frauen, die dadurch auch Selbstbewusstsein erhalten sollen. 19 junge Frauen haben den Unterricht aufgenommen. 100 Euro müssen sie im Monat zahlen, 300 wären es eigentlich. Die Differenz soll durch Spenden aufgebracht werden.
Nach diesen drei Jahren Ausbildung, so hofft Sawadogo, können die Frauen ihren eigenen beruflichen Weg gehen und sich selbständig durchschlagen. Als zweites Ziel will er an der Schule eine Werkstatt als Manufaktur etablieren, in der Frauen zusammenarbeiten und gemeinsam Produkte anbieten können. „Kaya ist eine Lederstadt“, sagt er. Sein langfristiges Ziel ist es, Produkte nicht nur für den heimischen Markt, sondern auch für Europa zu fertigen.