Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Migranten halten Anpassung für wichtig
Studie der Adenauer-Stiftung: Verbundenheit mit Deutschland steigt mit der Dauer des Aufenthalts
- 83 Prozent der Deutschen mit Migrationshintergrund finden, dass Zuwanderer ihr Verhalten der deutschen Kultur anpassen sollten und 98 Prozent meinen, dass sie die deutsche Sprache beherrschen sollten. Das ergab eine neue Studie der Adenauer-Stiftung, die 3000 Menschen bundesweit zu Integration und Wahlverhalten befragte.
Drei Viertel aller befragten Zuwanderer halten ihre Möglichkeiten, in Deutschland ihre Fähigkeiten und Begabungen zu entwickeln, für gut. Und 74 Prozent aller in Deutschland lebenden Muslime können sich vorstellen, eine christlich geprägte Partei zu wählen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU, Foto: dpa) sagte bei der Vorstellung der Studie in Berlin, dass sie zeige, dass Integration möglich sei und in erstaunlichem Maße gelinge. Und er erzählte gleich ein Beispiel aus eigener Erfahrung in Berlin: Bei der Europameisterschaft 2009 hätten beim Spiel Deutschland-Türkei viele junge türkischstämmige Jugendliche die Türkei angefeuert, um später, als Deutschland weiter kam, genauso selbstverständlich zur deutschen Mannschaft zu halten. Wichtig ist laut Altmaier, dass die Zuwanderer die Spielregeln in Deutschland anerkennen, ohne ihre Herkunft an der Garderobe abzugeben. „Die meisten Zuwanderer wollen, dass ihre Kinder als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft aufwachsen“, so Altmaier.
Die Verbundenheit mit Deutschland steigt mit der Dauer des Aufenthalts. So sagten 88 Prozent der Deutschen mit Migrationshintergrund und 90 Prozent der Ausländer in Deutschland, dass sie mit der Demokratie in Deutschland sehr oder einigermaßen zufrieden seien. Gleichzeitig stimmen aber 53 Prozent der Deutschen mit Migrationshintergrund (so wie 49 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund) der Aussage zu: „Die da oben machen doch nur, was sie wollen.“Diese Form von Elitenkritik ist in Deutschland sehr verbreitet, und Peter Altmaier meint, auch hier hätten sich die Zuwanderer an die Deutschen angepasst. Denn nur jeder dritte Zuwanderer, der neu nach Deutschland kommt, stimmt dieser Elitenkritik zu, aber 60 Prozent jener, die mehr als 20 Jahre in Deutschland leben. Die deutsche Gesellschaft verändert nach und nach die Sichtweisen derer, die länger hier blieben.
Anfälliger für Verschwörungstheorien
Große Unterschiede gibt es bei Fragen nach der Homosexualität. So gaben 35 Prozent der Ausländer an, sie wollten keine homosexuellen Freunde. Bei den Deutschen sind es nur sechs Prozent. Altmaier meint, dass diese Sichtweise vor 20 Jahren auch in Deutschland auch noch sehr viel verbreiteter war als heute und denkt, dass sich die Einstellung auch bei Zuwanderern ändern wird.
Beunruhigend ist, dass Zuwanderer und Ausländer anfälliger für Verschwörungstheorien zu sein scheinen. Als Beispiel hatten sich die Autoren der Studie die Frage nach den Terroranschlägen vom 11. September gestellt. Während nur zwölf Prozent der Deutschen hinter den Anschlägen in Wirklichkeit die USA vermuten, geben dies 32 Prozent der Migranten und 28 Prozent der Ausländer in Deutschland an. Hier zeige sich noch der Bedarf an Bildung und politischer Präventionsarbeit, heißt es in der Studie. Auch der Aussage: „In jeder demokratischen Gesellschaft gibt es Konflikte, die mit Gewalt ausgetragen werden müssen“, stimmten 14 Prozent der Zuwanderer zu, aber nur vier Prozent der Deutschen.
Befragt wurden für die Studie 3000 Menschen über 18 Jahren, davon jeweils 1000 Deutsche mit und ohne Migrationshintergrund sowie 1000 in Deutschland lebende Ausländer.