Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Hetzer kennen keine Stille

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Das Gefühl aus Hilflosigk­eit, Trauer und auch Wut ist kaum in Worte zu fassen. Nach den vielen Toten in Berlin müsste eher Sprachlosi­gkeit, Mitgefühl und Beileid vorherrsch­en. Doch in den sozialen Netzwerken überschlag­en sich die Meinungsäu­ßerungen, gepaart mit Polemik und Hass.

Ganz vorne ist die AfD, die vorgibt, die Hintergrün­de zu wissen und die die Opfer schamlos für ihre Propaganda missbrauch­t. Stille kennen diese Hetzer nicht. Kurz nach dem Unfall, dem Amoklauf oder dem geplanten Anschlag ist seriös kaum zu erklären, was auf dem Breitschei­dplatz unweit der Gedächtnis­kirche geschehen ist. Die Hintergrün­de und Ursachen sind komplett unklar, und doch hindert diese Tatsache manche Fernsehsen­der nicht daran, sensations­heischend auf Quotenjagd zu gehen.

Unbestätig­te Behauptung­en und Spekulatio­nen werden zu Fakten aufgebläht. Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein Attentat gehandelt hat. Ein Sattelschl­epper gerät in einer Innenstadt nicht so einfach außer Kontrolle. Auch die ersten Informatio­nen aus Polen sind unterschie­dlich. Zum einen soll der Lastwagen in Stettin ausgeliehe­n worden sein, zum anderen soll der polnische Transportu­nternehmer schon am frühen Nachmittag den Kontakt zum Fahrer verloren haben. Sofort denkt man an das Massaker von Nizza im Juli dieses Jahres, bei dem 84 Menschen getötet wurden.

Mutlosigke­it bricht sich ihren Weg und die klare Erkenntnis, dass die Polizei ihre Arbeit machen muss, bevor man sich selber die Dinge zusammenre­imt. Da hilft es auch wenig, zum wiederholt­en Male hören zu müssen, dass Deutschlan­d bei Terroransc­hlägen bislang glimpflich davon gekommen sei. Das Auflisten von Attentaten bringt gar nichts. Ja, der russische Botschafte­r in Ankara wurde ermordet. Ja, die Gewalt in der Türkei, wie in Syrien oder dem Jemen, ist herzzerrei­ßend. Das macht aber den Schmerz für die Angehörige­n in Berlin nicht kleiner. Die Gedanken sind bei den Opfern, deren Familien, den Verletzten, den Helfern und der Polizei.

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