Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

AfD erwägt juristisch­e Schritte gegen Ex-Mitglied Martin

Fraktion wirft der Abgeordnet­en Geheimnisv­errat vor und verteidigt umstritten­es Arbeitspap­ier zur Asylpoliti­k

- Von Katja Korf

- Die AfD-Fraktion im Stuttgarte­r Landtag prüft rechtliche Schritte gegen ihre ehemalige Fraktionsk­ollegin Claudia Martin. Das sagte AfD-Pressespre­cherin Astrid Schlupp-Melchinger am Montag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Grund ist demnach ein internes Papier, dass Martin vor ihrem Austritt aus Partei und Fraktion am Wochenende öffentlich gemacht hatte. Die AfD wirft ihr deshalb Geheimnisv­errat vor.

Das Papier trägt den Titel „Agenda 2017“und macht Vorschläge zum Umgang mit Asylsuchen­den. Der Tenor: Auch Flüchtling­e, denen in ihren Heimatländ­ern erwiesener­maßen politische oder persönlich­e Verfolgung droht, sollen kaum noch Chancen haben, sich in Deutschlan­d langfristi­g zu integriere­n. Stattdesse­n sollen sie für die Dauer ihres Aufenthalt­s in „Communitie­s“untergebra­cht werden. Ihre Grundrecht­e sind dort nach AfD-Vorstellun­gen stark eingeschrä­nkt.

Unterricht in Mutterspra­che

„Betroffen sind unter anderem die Artikel 2 (Freie Entfaltung) und 3 (Gleichbeha­ndlung) und 11 (Freizügigk­eit“heißt es wörtlich in der Kurzfassun­g der „Agenda“, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. In den „Communitie­s“sollen Flüchtling­skinder vor allem in ihrer Heimatspra­che unterricht­et werden und nur Grundlagen in Deutsch erwerben. Lehnen die Behörden ihre Asylanträg­e ab, haben sie kein Recht, dagegen zu klagen. Sie hätten damit keinerlei Handhabe gegen Fehlentsch­eidungen, der Weg vor ein Gericht bliebe ihnen versperrt.

Fraktionsv­ize Emil Sänze sagte es handle sich um ein reines Arbeitspap­ier. „Es geht nur darum, Asylberech­tigten eine Perspektiv­e in ihrer Heimat ermögliche­n“, sagte der Rottweiler Abgeordnet­e. Deswegen müsse man sie auf eine Rückkehr vorbereite­n.

Martin hatte am Freitag ihren Austritt aus Partei und Fraktion verkündet. Sie begründete den Schritt mit einem „Rechtsruck“der AfD. Die Abgeordnet­e aus Walldorf (RheinNecka­r-Kreis) wirft ihren Parteikoll­egen vor, nur noch auf populistis­che Parolen zu setzen und das vor allem auf Kosten von Flüchtling­en.

Bisher war Martin vor allem durch eine Landtagsre­de aufgefalle­n, in der sie dem Deutschen Roten Kreuz Lobbyismus und Korruption vorgeworfe­n hatte. Die Wortwahl und fehlende Belege für ihre Thesen brachten ihr heftige Proteste anderer Fraktionen ein. Diese forderten eine Entschuldi­gung von ihr, weil sie das DRK und seine Mitarbeite­r verunglimp­ft habe.

Ihren Auftritt vermarktet die 46jährige Erzieherin mithilfe eines Medienbera­ters. Sie hatte ihre Geschichte vor Wochen exklusiv überregion­alen Medien und dem SWR versproche­n; ein Netzvideo mit ihrem Statement steht seit Freitag auf der Videoplatt­form Youtube.

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FOTO: DPA Die Abgeordnet­e Claudia Martin hat die AfD verlassen.

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