Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mali wird das neue Afghanistan
Es ist nicht ganz einfach, sich bei 34 Grad in Weihnachtsstimmung zu bringen. Die Bundeswehrsoldaten in Camp Castor in Gao im westafrikanischen Mali geben ihr Bestes. Vor drei Wochen erst steuerten Selbstmordattentäter zwei mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge auf das Flughafengelände, das nur 900 Meter vom Haupttor entfernt liegt. Zwei Flughafenbedienstete wurden dabei leicht verletzt. „Da spürt man, dass man im Einsatz angekommen ist“, sagt ein Zugführer. Bis Oktober sind 70 Blauhelmsoldaten und andere UN-Kräfte bei Anschlägen und Angriffen von Aufständischen in Mali getötet worden.
Am Mittwoch trifft Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit einer zivilen Chartermaschine für Krisengebiete am Ort des Anschlags ein. Dass von der Leyen kurz vor Weihnachten die Soldaten in Gao besucht, hat großen Symbolwert. In den vergangenen Jahren war Afghanistan oft das einzige Reiseziel der Ministerin in der Adventszeit – weil es lange Zeit der härteste und wichtigste Einsatz der Bundeswehr war. Das hat sich inzwischen geändert. Spätestens 2017 wird Mali der Einsatz Nummer eins sein.
Am 11. Januar wird nämlich das Kabinett eine Ausweitung des MaliMandats beschließen, die Zustimmung des Bundestags gilt als sicher. Dann können statt wie bisher maximal 650 bis zu 1000 Soldaten an der UN-Mission zur Umsetzung des Friedensabkommens für Mali teilnehmen. Hinzu kommen bis zu 300 Soldaten, die im Süden des Landes die malische Armee ausbilden. Damit werden in Mali wahrscheinlich bald so viele Soldaten stationiert sein, wie in keinem anderen Land der Welt. In Afghanistan liegt die Obergrenze bei 980 Soldaten.
Die Bekämpfung von Fluchtursachen hat in der deutschen Sicherheitspolitik zudem eine sehr hohe Priorität. Durch Mali und das Nachbarland Niger laufen die wichtigsten Flüchtlingsrouten zur libyschen Mittelmeerküste. Deswegen war in diesem Jahr auch schon Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Region. Sie hat zudem Afrika zu einem Schwerpunktthema der laufenden deutschen G20-Präsidentschaft erklärt. Der Kontinent ist Chefsache.
Die USA überlassen es den Europäern, für Sicherheit und Stabilität vor ihrer Haustür zu sorgen. Als der Norden Malis 2012 in die Hände von Rebellen fiel, intervenierte Frankreich. Um die Ausbildung der malischen Armee kümmert sich jetzt die EU. Und an der UN-Friedensmission sind zwar überwiegend Afrikaner beteiligt. Aber hochwertiges Gerät wie Drohnen und Hubschrauber samt Personal stellen Länder wie Deutschland und die Niederlande. Beim Nato-Einsatz in Afghanistan haben dagegen ganz klar die USA den Hut auf. (dpa)