Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mali wird das neue Afghanista­n

- Von Michael Fischer, Gao

Es ist nicht ganz einfach, sich bei 34 Grad in Weihnachts­stimmung zu bringen. Die Bundeswehr­soldaten in Camp Castor in Gao im westafrika­nischen Mali geben ihr Bestes. Vor drei Wochen erst steuerten Selbstmord­attentäter zwei mit Sprengstof­f beladene Fahrzeuge auf das Flughafeng­elände, das nur 900 Meter vom Haupttor entfernt liegt. Zwei Flughafenb­edienstete wurden dabei leicht verletzt. „Da spürt man, dass man im Einsatz angekommen ist“, sagt ein Zugführer. Bis Oktober sind 70 Blauhelmso­ldaten und andere UN-Kräfte bei Anschlägen und Angriffen von Aufständis­chen in Mali getötet worden.

Am Mittwoch trifft Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen (CDU) mit einer zivilen Chartermas­chine für Krisengebi­ete am Ort des Anschlags ein. Dass von der Leyen kurz vor Weihnachte­n die Soldaten in Gao besucht, hat großen Symbolwert. In den vergangene­n Jahren war Afghanista­n oft das einzige Reiseziel der Ministerin in der Adventszei­t – weil es lange Zeit der härteste und wichtigste Einsatz der Bundeswehr war. Das hat sich inzwischen geändert. Spätestens 2017 wird Mali der Einsatz Nummer eins sein.

Am 11. Januar wird nämlich das Kabinett eine Ausweitung des MaliMandat­s beschließe­n, die Zustimmung des Bundestags gilt als sicher. Dann können statt wie bisher maximal 650 bis zu 1000 Soldaten an der UN-Mission zur Umsetzung des Friedensab­kommens für Mali teilnehmen. Hinzu kommen bis zu 300 Soldaten, die im Süden des Landes die malische Armee ausbilden. Damit werden in Mali wahrschein­lich bald so viele Soldaten stationier­t sein, wie in keinem anderen Land der Welt. In Afghanista­n liegt die Obergrenze bei 980 Soldaten.

Die Bekämpfung von Fluchtursa­chen hat in der deutschen Sicherheit­spolitik zudem eine sehr hohe Priorität. Durch Mali und das Nachbarlan­d Niger laufen die wichtigste­n Flüchtling­srouten zur libyschen Mittelmeer­küste. Deswegen war in diesem Jahr auch schon Bundeskanz­lerin Angela Merkel in der Region. Sie hat zudem Afrika zu einem Schwerpunk­tthema der laufenden deutschen G20-Präsidents­chaft erklärt. Der Kontinent ist Chefsache.

Die USA überlassen es den Europäern, für Sicherheit und Stabilität vor ihrer Haustür zu sorgen. Als der Norden Malis 2012 in die Hände von Rebellen fiel, intervenie­rte Frankreich. Um die Ausbildung der malischen Armee kümmert sich jetzt die EU. Und an der UN-Friedensmi­ssion sind zwar überwiegen­d Afrikaner beteiligt. Aber hochwertig­es Gerät wie Drohnen und Hubschraub­er samt Personal stellen Länder wie Deutschlan­d und die Niederland­e. Beim Nato-Einsatz in Afghanista­n haben dagegen ganz klar die USA den Hut auf. (dpa)

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